Dorothea Deppermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete der demokratischen Fraktionen! Ja, die aktuellen Beobachtungen sind besorgniserregend. Diese Zahlen können aber nicht ausschließlich der Landesregierung zugeordnet werden, denn das greift viel zu kurz und lässt die sich gerade ereignenden Entwicklungen in der Gesellschaft und der Welt völlig unberücksichtigt: Russland führt einen Angriffskrieg, es gibt Aktivitäten des Islamismus und den Überfall der Hamas.
Unsere vielfältige demokratische Gesellschaft ist durch menschenverachtende Ideologien, Verschwörungsmythen und Desinformation bedroht. Die größte Gefahr geht weiterhin vom Rechtsextremismus aus.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Versuche, unsere Demokratie auszuhöhlen, werden zunehmend offensichtlicher. Die Enthüllungen der CORRECTIV-Recherche haben gezeigt, wie gezielt neurechte Akteure ihre rassistischen und demokratiefeindlichen Pläne verfolgen. Es wird offen über massenhafte Vertreibungen von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen, und zwar auch von Staatsbürger*innen.
Dies ist eine konkrete Gefahr für die Betroffenen, für den Rechtsstaat und damit für unsere gesamte Gesellschaft. Deshalb ist auch der Einsatz für unsere Demokratie eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, denn der Schutz unserer Demokratie kann nicht allein von den Sicherheitsbehörden gewährleistet werden. Vielmehr bedarf es der Demokratiebildung in Schulen und in der Erwachsenenbildung, der Unterstützung von Betroffenen durch Beratungsstellen, der konsequenten Verfolgung von Straftaten und nicht zuletzt einer klaren Haltung sowohl von politischen Akteuren als auch von der Zivilgesellschaft.
Dass NRW über eine sehr aktive demokratische Zivilgesellschaft verfügt, konnten wir in den letzten Monaten deutlich sehen. Vereine, Verbände, Kirchen, Gewerkschaften, Initiativen und Unternehmen haben ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie gesetzt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die dramatisch gestiegenen Zahlen antisemitischer Straftaten, insbesondere nach dem schrecklichen Terrorangriff der Hamas auf Israel, sind erschütternd. Die Zahl der antisemitischen Straftaten hat mit 547 Fällen einen Höchstwert erreicht und ist im Vergleich zum Vorjahr um 65 % gestiegen. Hierbei zeigt sich, dass der Angriff der Hamas auf Israel auch unmittelbare Auswirkungen in NRW hat, denn die Zahl der Delikte hat sich besonders nach dem 07.10. stark erhöht.
Auch die Zahl der Gewaltdelikte hat sich mit 541 Fällen um fast 37 % erhöht. Gleichzeitig sank leider die Aufklärungsquote von 65 % auf 46 %. Es lohnt sich sicherlich, genauer zu analysieren, welche Ursachen dafür festgestellt werden können.
An dieser Stelle möchte ich die Zahlen ein bisschen einordnen und herunterbrechen. Hinter dieser Statistik stehen viele direkte Opfer von Gewalt und Bedrohung. Hinzu kommt eine Vielzahl von mittelbar betroffenen Menschen, die ebenfalls unter den Auswirkungen dieser Entwicklungen leiden. Straftaten wirken sich nämlich oft auf das Sicherheitsgefühl von vielen weiteren Menschen aus dem Umfeld aus.
Präventionsarbeit und Demokratiebildung sind für den Kampf gegen Rechtsextremismus und den Dschihadismus essenziell. Es ist wichtig, dass insbesondere Kinder und Jugendliche erfahren, wie wertvoll unsere Demokratie ist. Es gab in den letzten Monaten einige Maßnahmen gerade im Bereich der Schule. Wir müssen unsere Kinder schützen und sie befähigen, Fake News zu erkennen und mit ihnen in den sozialen Medien als Informationskanal reflektiert umzugehen.
In Zeiten, in denen die Gefahr terroristischer Anschläge latent hoch ist und keine 100-prozentige Sicherheit gewährleistet werden kann, ist es mehr denn je notwendig, dass wir als Gemeinschaft zusammenstehen und für unsere demokratischen Werte eintreten. Wir dürfen es nicht zulassen, dass der ISPK, die AfD oder auch andere Akteure unsere Gesellschaft spalten und Hass zu uns tragen.
(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])
Wir sind eine vielfältige Gesellschaft, und das wollen wir auch bleiben.
(Beifall von den GRÜNEN)