Dorothea Deppermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Einbindung möglichst vieler verschiedener Perspektiven in die Diskussion ist wesentlich, um sachlich gute und auch ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Digitale Beteiligungsmöglichkeiten können hier eine sinnvolle Ergänzung sein.
Schon jetzt wird mit dem Beteiligungsportal NRW eine zentrale Plattform angeboten, um auf laufende oder geplante Verfahren in den Kommunen aufmerksam zu machen. Allein derzeit sind dort 58 verschiedene Formate aufgeführt, von der Namensfindung für das Jugendzentrum in Bad Oeynhausen über Feedback zum Netzwerktreffen Kinderschutz in Krefeld bis hin zum Wohnraum für Auszubildende in Aachen.
Die Resonanz scheint stark unterschiedlich auszufallen, und es wird deutlich: Verfahren müssen zentral bereitgestellt, aber auch lokal beworben werden; denn sonst haben die Menschen keine Kenntnis von den laufenden Beteiligungsprozessen. Erst eine breite Beteiligung bringt einen wahren Mehrwert im Sinne der Berücksichtigung verschiedener Perspektiven.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Gerade im Rahmen der Nationalparkabstimmungen haben wir erlebt, dass es auch auf die Informationsverbreitung ankommt. Wichtig für eine sachgerechte Entscheidung sind auch sachliche Informationen. Sonst kann es in polarisierten Debatten dazu kommen, dass bewusst Falschinformationen verbreitet werden und Menschen auf dieser Basis Entscheidungen treffen.
Wichtig ist aber auch, dass die digitale Beteiligung nur einen Baustein darstellt. Die Bertelsmann Stiftung betont beispielsweise zum Thema „vielfältige Demokratie“, dass insbesondere durch die Kombination mit Dialogformaten eine Verständigung erfolgt und Entscheidungen konsensual getroffen werden können, was auch einen großen Mehrwert für die Kommunen bringt, da so Klageverfahren vermieden und schlichtweg bessere Entscheidungen getroffen werden können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Auch für Bürgerinnen und Bürger haben dialogische Ansätze Vorteile, weil unterschiedliche Sichtweisen oder zum Beispiel Nachteile zu Lösungsvarianten für einzelne Gruppen vorgetragen werden können. Es entstehen mehr Wissen, mehr Verständnis füreinander, bessere Sachentscheidungen und gesellschaftlicher Austausch, also ein großer Mehrwert für Demokratie, den digitale Abstimmungen alleine nie erreichen können.
Der Gesetzentwurf der FDP hat mich persönlich ein wenig überrascht. Ja, ich habe gesehen, dass die FDP dieses Thema in mehreren Kommunen für sich erkannt und Initiativen gestartet hat. Aber auch in anderen Bundesländern gab es bereits ähnliche Initiativen für gesetzliche Regelungen: 2015 in Schleswig-Holstein von SPD, Grünen und SSW oder 2016 in Bremen fraktionsübergreifend. Diese Vorhaben überträgt die FDP nun auf NRW.
Jedoch hätten nicht nur die Gesetzestexte, sondern auch die Herausforderungen in der Umsetzung mitgedacht werden können oder sogar müssen. In der Zwischenzeit wurde beispielsweise in Schleswig-Holstein deutlich, dass die rechtliche Grundlage nur dann eine wirkliche Veränderung bewirkt, wenn auch die technische Umsetzung durchdacht und realisiert wird. Dies muss meiner Meinung nach Hand in Hand erfolgen, um einen tatsächlichen Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger zu erzielen. Diese Chance verpasst die FDP mit ihrer Initiative.
Eine weitere verpasste Chance ist der überfraktionelle Austausch. Wir hätten uns gerne gemeinsam zusammengesetzt und besprochen, wie wir ein Paket schnüren und formulieren können; denn wir haben noch einige offene Fragen, die wir hätten klären können.
Zum Beispiel wird in dem Entwurf betont, dass die elektronische Zeichnung die analoge Unterschriftensammlung ergänzt und gleichwertig behandelt wird. Es bleibt jedoch unklar, wie die parallele Auswertung beider Arten von Unterschriften technisch und organisatorisch synchronisiert werden soll, um Doppelzählungen auszuschließen. Es wird nicht geregelt, ob und wie die Datenschutzbeauftragte des Landes NRW eingebunden wird. Hier könnte eine stärkere Einbindung sinnvoll sein, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Datenschutzkonformität und somit in das Angebot an sich zu erhöhen.
Man sollte aber auch grundsätzlich darüber sprechen, ob es einer gesetzlichen Grundlage bedarf, anstatt die wesentlichen Punkte der Gestaltung und Ausgestaltung in Form einer Rechtsverordnung zu regeln.
Digitale Beteiligungsmöglichkeiten halten wir grundsätzlich für sehr sinnvoll für unsere Demokratie. Die offenen Punkte werden wir im weiteren Verfahren noch ansprechen müssen. Der Überweisung stimmen wir sehr gerne zu.
Auch ich möchte mich den Vorrednern anschließen und Ihnen eine entspannte Weihnachtspause sowie, sofern Sie dies feiern, besinnliche Weihnachten wünschen. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)