Dorothea Deppermann: „Demokratie ist ein stetiges Bemühen um Gerechtigkeit, um Vielfalt und um die Achtung der Menschenwürde“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zum Demokratiefördergesetz

Portrait Dorothea Deppermann

Dorothea Deppermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordneten der demokratischen Fraktionen! Es ist schon ein wenig amüsant, dass die AfD in verschiedenen Bundesländern immer die gleichen Themen ins Parlament bringt. Nach Hamburg und Hessen kommt nun auch in NRW der Antrag gegen das Demokratiefördergesetz.

(Zuruf von der SPD)

Vielleicht schauen wir einmal in die anderen Bundesländer. Dann wissen wir schon mal, was Sie im Juli-Plenum beantragen werden.

(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die AfD möchte mit ihrem Antrag feststellen, dass wir durch gute und vernünftige Politik die Demokratie fördern sollen. Aber was genau bedeutet das eigentlich für die AfD?

Für uns Grüne – und ich glaube, ich spreche da für alle demokratischen Fraktionen – bedeutet dies: gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an politischen Entscheidungsprozessen, Einsatz für Grund- und Menschenrechte und nicht Diskriminierung, eine starke politische Bildung, die die Grundwerte unseres demokratischen Rechtsstaats vermittelt, die Unterstützung unserer aktiven demokratischen Zivilgesellschaft, die sich einmischt, und Schutz von Betroffenen rassistischer, antisemitischer und anderer menschenverachtender Gewalt.

Dies alles sind Maßnahmen zur Förderung unserer Demokratie. Wir haben in unserer Gesellschaft viele Partnerinnen und Partner, die sich für dieses Ziel einsetzen. Mit dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und seinen Vorgängern werden wichtige Projekte und Strukturen gegen alle verfassungsfeindlichen Ideologien gefördert. Sie setzen sich für die Betroffenen von Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Homo- und Transfeindlichkeit ein und leisten dringend notwendige Präventionsarbeit.

Was bedeutet das konkret? – Wenn jemand von Rechtsextremen angegriffen wird, unterstützen die Opferberatungsstellen dabei, Anzeige zu erstatten, begleiten zu Behörden oder Gerichtsterminen, helfen dabei, Entschädigungsleistungen zu beantragen, und, und, und.

Wenn in der Schule, im Fußballverein, in einem Unternehmen oder sonst wo rechtsextreme Symbole und Äußerungen auftauchen, ist die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus ansprechbar, um den Vorfall aufzuarbeiten und Strategien zum Umgang damit zu finden.

Wenn sich Jugendliche salafistischen Gruppen anschließen wollen, können sich die Angehörigen an die Deradikalisierungsberatung wenden und dafür sorgen, dass der Jugendliche sich wieder von der Szene lösen kann.

Um diese Arbeit langfristig finanziell abzusichern, hat die Ampelkoalition auf Bundesebene beschlossen, ein Demokratiefördergesetz auf den Weg zu bringen.

Ziel des Gesetzes ist es, langfristig dafür Sorge zu tragen, dass Menschen konkret unterstützt und geschützt werden.

Dass sich die AfD immer wieder an den durch das Land geförderten Meldestellen abarbeitet, ist schon sehr bezeichnend. Die Meldestellen hellen das Dunkelfeld antisemitischer, rassistischer und anderer menschenfeindlicher Vorfälle auf – Diskriminierungen, Anfeindungen, Drohungen, die in einem Klima aus Hass und Hetze entstehen, das von der AfD geschaffen und befeuert wird.

Wir stehen an der Seite der Menschen, die von Hass und Hetze betroffen sind. Die AfD versucht, die Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu diskreditieren und stellt sich selbst als Opfer dar. Offenbar fühlen Sie sich in dieser Opferrolle auch richtig wohl. Manchmal erinnert mich Ihre Argumentation an die eines Geisterfahrers auf der Autobahn, der in seinem Auto die Warnmeldung hört. Aber anstatt zu überlegen, ob er selbst etwas falsch gemacht haben könnte, regt er sich über Hunderte Autos auf, die ihm entgegenkommen.

(Heiterkeit von der SPD – Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Nicht die anderen sind die Feinde der Demokratie, Sie sind die Feinde unserer Demokratie. Genau deshalb hat das OVG am Montag geurteilt, dass die gesamte AfD als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf; eben weil – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –

„hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind.“

Dass der Verfassungsschutz Sie als Verdachtsfall einstuft, ist durch ein unabhängiges Gericht bestätigt worden. So funktioniert unser Rechtsstaat. Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie ist ein Projekt, das nie abgeschlossen ist; ein stetiges Bemühen um Gerechtigkeit, um Vielfalt und um die Achtung der Menschenwürde.

Wir brauchen eine demokratische Zivilgesellschaft, die Haltung zeigt. Das ist genau das, was uns hier im Kern zusammenhält. Die Demos Anfang dieses Jahres waren ein Zeichen für unsere Demokratie und gegen die Verfassungsfeinde. Ich bin sehr froh, dass auf diesen Demos nicht nur die demokratischen Parteien aller Farben zu finden waren, sondern auch Vereine, Verbände, Initiativen, Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Lassen Sie uns weiter gemeinsam dafür einstehen, dass unsere Gesellschaft eine ist, in der Vielfalt anerkannt und gefeiert wird – eine Gesellschaft, die sich für Minderheitenrechte einsetzt und Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Homo- und Transphobie und anderen menschenverachtenden Einstellungen klar und unmissverständlich widerspricht. Ihren Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)