Berivan Aymaz: „In Teilen der Bevölkerung werden damit Ängste geschürt, die nicht begründet sind“

Entwurf der "AfD"-Fraktion zum Verfassungschutzgesetz NRW - erste Lesung

Portrait Berivan Aymaz 2021

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Kollege Lürbke, zunächst zu Ihnen: Ich war sehr verdutzt, als Sie sagten, diese schwarz-gelbe Landesregierung habe das Lagebild zur Organisierten Kriminalität installiert, vorher habe es das nicht gegeben. Da habe ich gedacht: Ups, habe ich etwas anderes in Erinnerung? Dann habe ich schnell nachgeschaut und festgestellt: Das gibt es mindestens seit der 13. Wahlperiode, also seit den 2000er-Jahren.
(Marc Lürbke [FDP]: Das würde mich sehr erstaunen!)
–  Gut, dann habe ich es missverstanden. Aber das wollte ich einmal klarstellen.
Der Gesetzentwurf der AfD ist nicht gerade sehr originell. Er nimmt schlicht eine vor wenigen Wochen veröffentlichte Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft auf, der Verfassungsschutz solle auch Organisierte Kriminalität beobachten.
Der Gesetzentwurf ist, um es gleich vorwegzusagen – das haben bereits einige Vorredner gesagt –, auch aus unserer Sicht fachlich falsch. Deshalb werden wir ihn am Ende ablehnen.
Auf unsere Beantragung hin wurde dieses Thema in der vergangenen Innenausschusssitzung diskutiert. Das Fazit des Innenministers war ganz klar: Einen Änderungsbedarf gibt es in der Sache nicht.
Organisierte Kriminalität ist, wie es der Name schon sagt, ein Oberbegriff für ein weites Spektrum an besonderen Kriminalitätsformen, zum Beispiel Rauschgiftschmuggel und -handel, Eigentumskriminalität, Gewaltkriminalität, Menschenhandel und, und, und.
Organisierte Kriminalität ist nicht auf den Wechsel des bestehenden Staatswesens und nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet. Sie gehört damit eindeutig nicht zum Zuständigkeitsbereich des Verfassungsschutzes. Für die Bekämpfung von Kriminalität ist einzig und allein die Polizei zuständig. Die Polizei kann auch heute schon verdeckt ermitteln. Diese Befugnis hat sie bereits. Das blendet die AfD in ihrem Gesetzentwurf aber bewusst aus.
In der Gesetzesbegründung steht, dass die Erweiterung des Aufgabenbereichs des Verfassungsschutzes eine Überwachung der Organisierten Kriminalität erst ermöglicht. Das ist schlicht falsch. Die Polizei ist tagtäglich damit beschäftigt, sie gibt – das hatten wir eben aufgegriffen – jährlich, und zwar nicht erst unter Schwarz-Gelb, ein Lagebild dazu heraus. Im Gesetzentwurf jedoch wird so getan, als gäbe es all das nicht. Auch das ist falsch.
Schließlich sehen wir in dem Gesetzentwurf eine Vermischung von Kriminalitätsbekämpfung und Aufklärung durch geheimdienstliche Stellen weit im Vorfeld der Zuständigkeit der Polizei, das heißt weit im Vorfeld konkreter Straftaten. Damit soll das Trennungsgebot von Polizei und Verfassungsschutz weiter aufgeweicht werden. Das Trennungsgebot ist eine wichtige Lehre aus der Existenz der Gestapo während des NS-Regimes. Es darf in Deutschland keine Geheimpolizei mehr geben. Daran zu erinnern, ist uns Grünen besonders wichtig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Eine kritische Anmerkung zur CDU-Fraktion sei mir an der Stelle erlaubt. Dass Gregor Golland, bezeichnenderweise ja Mitglied der WerteUnion, …
(Gregor Golland [CDU]: Das stimmt nicht! Das ist eine Lüge! Das ist falsch! Das nehmen Sie zurück!)
–  Was ist falsch?
(Zuruf von Gregor Golland [CDU])
–  Lassen Sie mich zu Ende zitieren!
… diese Forderung nach Ausweitung der Zuständigkeit des Verfassungsschutzes unterstützt, verwundert mich nicht. Dass er sich aber in der „Rheinischen Post“ indirekt mit den Worten zitieren lässt, Organisierte Kriminalität infiltriere die Behörden in NRW, ist sehr bedenklich. Denn das ist einfach falsch. Das hat der Innenminister glücklicherweise in der vergangenen Sitzung des Innenausschusses sehr deutlich gesagt.
Solche Behauptungen aufzustellen, finde ich sehr fraglich. In Teilen der Bevölkerung werden damit Ängste geschürt, die nicht begründet sind. Die AfD jedenfalls müsste nach dem klaren Ergebnis in der vergangenen Innenausschusssitzung ihren Gesetzesentwurf eigentlich zurücknehmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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