Berivan Aymaz: „Die kommenden Jahre werden wohl keine einfachen sein“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag auf eine Aktuelle Stunde zur Wahl in den USA

Portrait Berivan Aymaz 2021

Der Antrag „Nach den Wahlen in den USA: Nordrhein-Westfalen bekennt sich zur transatlantischen Partnerschaft und Freundschaft!“

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Eine Wahl, auf die die Welt mit großer Spannung geblickt hat, ist nun seit einer Woche entschieden: Der nächste Präsident der USA ist Donald Trump.

Inzwischen scheint es auch fast sicher, dass Trumps Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses haben werden. Das bedeutet, dass Trump aller Voraussicht nach durchregieren und seine Pläne ohne große Hindernisse in die Tat umsetzen kann.

Wir müssen damit rechnen, dass die zukünftige Administration Trump in zentralen Politikfeldern eine Kehrtwende einleiten wird. Das wird nicht nur massive Folgen für Amerika und seine Menschen haben, sondern auch für die Welt jenseits des Atlantiks. Denn machen wir uns noch einmal bewusst: Trumps Devise ist „America First“.

Er ist ein Verfechter des Protektionismus. Das bedeutet: Er möchte die heimische Wirtschaft schützen, auch auf Kosten anderer Länder. Er will Strafzölle in Höhe von 10 bis 20 % auf Importe auch aus Deutschland und der Europäischen Union verhängen.

Zudem könnte der angekündigte – man muss schon sagen: erneute – Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen nur der Anfang eines grundsätzlichen Kurswechsels in der Klimapolitik sein. Ich finde, dazu passt auch seine Absicht, nach fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas zu bohren, was das Zeug hält – getreu dem Motto: Drill, Baby, drill.

Trump kündigte während seines Wahlkampfes an, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden zu können. Was dies zu bedeuten hat, bleibt ungewiss. Umso größer ist die Sorge, dass Trump die Ukraine an Putin ausliefern könnte.

Trotz oder gerade wegen dieser Umstände ist Deutschland aufgefordert, zum einen die engen Beziehungen zu den USA als wichtigstem Bündnispartner außerhalb der Europäischen Union weiter aufrechtzuerhalten und zum anderen deutlich mehr in die eigene Resilienz und Handlungsfähigkeit, auch die Europas, zu investieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Denn vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen braucht es mehr denn je Akteure, die bereit sind, Verantwortung für Frieden, Sicherheit und Klimagerechtigkeit zu tragen. Deshalb ist es gut, dass unsere Außenministerin, Annalena Baerbock, nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten unmissverständlich klargemacht hat,

(Christian Dahm [SPD]: Untauglicher Versuch!)

dass unsere transatlantische Freundschaft tief verwurzelt ist und dass es diese Partnerschaft weiterzutragen gilt – und zwar selbstbewusst, prinzipienfest, stark und verlässlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Unsere freundschaftlichen Beziehungen zu den USA fußen auf einem gemeinsamen Wertefundament, das gerade auch in schwierigen Zeiten tragen muss. Hier können subnationale Beziehungen eine ganz besondere Rolle spielen, nämlich als Verstärker für Demokratie und die freiheitlichen Werte.

Dafür haben wir in NRW eine feste Grundlage. Mit keiner Region außerhalb Europas unterhält Nordrhein-Westfalen so intensive politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Beziehungen wie zu den USA.

In unserem Bundesland sind über 1.700 US-Unternehmen aktiv. Die USA zählen zu den wichtigsten Außenhandelspartnern und zu den bedeutendsten ausländischen Investoren in Nordrhein-Westfalen. Mit unseren vielfältigen Partnerschaften, wie zum Beispiel mit dem NRW-Partnerstaat Pennsylvania oder den 33 Städtepartnerschaften, den zahlreichen Schul- und Hochschulkooperationen und nicht zuletzt auch mit unserer Parlamentariergruppe USA, pflegen wir einen intensiven Austausch mit Zivilgesellschaft, Kunst und Kultur, Wissenschaft sowie Politik. Das NRW-USA-Jahr, das im Juni letzten Jahres gestartet wurde, hat noch einmal sehr deutlich sichtbar gemacht, wie lebendig unsere Beziehungen mit den USA sind.

Ich finde, das ist mehr als nur ein Hoffnungsschimmer. Diese guten und lang gewachsenen zivilgesellschaftlichen Beziehungen gilt es für die Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit wie auch der Menschenrechte weiterzuentwickeln. Denn das transatlantische Band ist stark. Es hat in den letzten Jahren Erschütterungen überstanden und muss nun auch die neuen Herausforderungen überstehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ja, die kommenden Jahre werden wohl keine einfachen sein, aber umso wichtiger ist es, die freundschaftlichen und vielschichtigen Beziehungen aufrechtzuerhalten und die richtigen Impulse für die Zukunft zu setzen. Vergessen wir nicht: In vier Jahren werden die Karten in den USA auch wieder neu gemischt.

Ich möchte zum Schluss doch auch noch auf die besorgniserregende Eigenart des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA eingehen. Dieser Wahlkampf war geprägt von systematischer Desinformation, von Diffamierung des politischen Gegners, von Verschwörungstheorien und Stimmungsmache gegen Minderheiten wie zum Beispiel gegen Migrant*innen und queere Menschen.

Was musste sich die Welt für krude Geschichten anhören – von Migranten, die angeblich Haustiere essen, oder über Zwangsgeschlechtsumwandlungen in Schulen. Wir wollen hoffen, dass nun nach dem Wahlkampf diese absurde und gefährliche Stimmungsmache ein Ende findet. Doch die ersten Meldungen über Personalien der neuen Regierungsmannschaft lassen leider nicht Gutes erahnen: Man bekommt einen ersten Eindruck davon, welcher Geist zukünftig durch das Weiße Haus wehen soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in einer Zeit, in der Demokratien unter Druck stehen, in der Autokraten weltweit um Macht und Einfluss ringen, müssen wir Demokratinnen und Demokraten noch enger zusammenstehen und eine starke, geeinte Stimme gegen autoritäre und nationalistische Kräfte zum Ausdruck bringen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)