Berivan Aymaz: „Deshalb muss das Land NRW jetzt sicherstellen, dass diese Menschen für ihre Haltung nicht bestraft werden“

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN zu Hilfsfonds für Bürg*innen

Portrait Berivan Aymaz 2021

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Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sie alle können sich sicherlich noch erinnern: In den Jahren 2013 und 2014 stieg die Zahl der Geflüchteten aufgrund des Krieges in Syrien massiv an. 7,6 Millionen Syrer waren Binnenvertriebene, und knapp vier Millionen Syrer suchten Schutz in den Nachbarländern.
Zur Milderung dieser humanitären Krise in Syrien, aber auch in der gesamten Region entschied der Bundesminister des Inneren im März 2013 gemeinsam mit seinen Länderkollegen, syrische Flüchtlinge vorübergehend in Deutschland aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist auch das Land NRW seiner humanitären Verpflichtung nachgekommen und hat in dieser Zeit ein Landesaufnahmeprogramm aufgelegt, das syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen eine sichere Einreise nach Deutschland ermöglicht hat. So konnte übrigens auch gewährleistet werden, dass Menschen nicht kriminellen Schlepperbanden oder der lebensbedrohlichen Fluchtroute über das Mittelmeer überlassen waren.
(Beifall von den GRÜNEN)
In dieser Not haben Menschen damals ihren Verwandten geholfen und sich bereit erklärt, im Rahmen einer Verpflichtungserklärung mit ihrem Einkommen und Vermögen für sie zu bürgen, um sie vor Krieg und Vertreibung zu retten.
Nach Auskunft des Integrationsministers konnten dann tatsächlich rund 2.600 Personen auf dieser Grundlage nach NRW einreisen.
Die Verpflichtungsgeber haben in einer schwierigen Zeit Solidarität bewiesen. Sie haben die immense gesellschaftliche Herausforderung angenommen und mit dafür gesorgt, dass die Folgen einer humanitären Katastrophe gemildert werden konnten. Sie sind nicht nur finanziell eingesprungen. In vielen Fällen haben sie auch den Alltag der Geflüchteten begleitet, sie an unsere Gesellschaft herangeführt und ihnen den Weg in Sprachkurse oder Ausbildung und Arbeit erleichtert.
Diejenigen, die für ihre Angehörigen eine Verpflichtungserklärung abgegeben haben, gingen dabei – wie übrigens auch das damalige Innenministerium – immer davon aus, dass ihre Haftung als Verpflichtungsgeber durch eine Anerkennung der Flüchtlinge im Rahmen eines Asyl-verfahrens enden würde.
Die Jobcenter treten aber nun mit zum Teil hohen Rückforderungen an die Verpflichtungsgeber heran und berufen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Januar 2017, wonach diese auch dann weiterhin der Verantwortung stehen, wenn Asyl bewilligt wurde.
Wie Sie sicherlich alle schon mitbekommen haben, haben in zwei Fällen auch Bürgen aus NRW gegen diese Erstattungsforderung geklagt, allerdings ohne Erfolg vor dem OVG Münster. Somit sind Bürginnen und Bürgen in NRW von Rückzahlungsforderungen der Sozialleistungsträger betroffen und von finanziellen Härten bedroht.
Für uns Grüne, meine Damen und Herren, ist es ein besonders Anliegen, dass diejenigen, die in schwierigen Zeiten aus humanitärer Überzeugung anderen Menschen zur Seite gestanden haben, mit dieser Verantwortung nun nicht alleine gelassen werden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Was wäre es für ein Zeichen, wenn gerade diese Menschen auf hohen Kosten, die gravierende Einschnitte in die eigene wirtschaftliche Existenz bedeuten können, sitzen gelassen würden? Ich finde, das wäre eine Bankrotterklärung an unsere Gesellschaft, die von Menschlichkeit und Solidarität zusammengehalten wird.
Deshalb muss das Land NRW jetzt sicherstellen, dass diese Menschen für ihre Haltung nicht bestraft werden.
Ich begrüße es, dass Sie, Herr Minister Stamp, diese Problematik sehr schnell erkannt haben und sich an die ehemalige Bundesarbeitsministerin Nahles mit einem Brief gewandt haben. Das ist schon einmal ein guter Ansatz. Auch heute werden Sie ja zu dieser Problematik zitiert.
Es reicht allerdings nicht aus, die Verantwortung nur auf die Bundesebene zu schieben. Dort ist, wie Sie sicherlich auch wissen, derzeit aufgrund der politischen Lage nicht mit schnellen Entscheidungen zu rechnen. Es bleibt ungewiss, wann und ob sich eine neue Bundesregierung bildet.
Jetzt darf es aber nicht dabei bleiben, die Problematik nur zu erkennen. Der Erkenntnis müssen auch schnelle Taten hier in NRW folgen.
Wir fordern daher die Einrichtung eines Hilfsfonds für Verpflichtungsgeberinnen und -geber in Höhe von 5 Millionen €, bis eine tragfähige bundesweite Lösung gefunden wird.
Den Helferinnen und Helfern in schwierigen Zeiten muss zügig und unbürokratisch geholfen werden, meine Damen und Herren. Das können wir in NRW. Wir dürfen diese Menschen nicht im Regen stehen lassen.
In diesem Sinne hoffe ich und freue ich mich auf eine konstruktive Beratung in den entsprechenden Ausschüssen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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