Benjamin Rauer: „Es ist im Sinne unserer Wirtschaft, wenn wir den Menschen eine Perspektive zur sinnvollen Einbringung in die Gesellschaft bieten“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zur Intergration auf dem Arbeitsmarkt

Portrait Benjamin Rauer

Der Antrag „Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse beschleunigen – Potenziale nutzen, Engstellen beseitigen, Karrieren ermöglichen“

Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Mit diesem Antrag der schwarz-grünen Zukunftskoalition setzt die Landesregierung konsequent weitere Maßnahmen um, um dem Fachkräftemangel in Nordrhein-Westfalen entschieden zu begegnen. Der wichtigste Baustein hierzu ist die schnellere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

Um diese zu beschleunigen, bedarf es eines weiteren Ausbaus der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung, aber auch einer schnelleren Digitalisierung, um beispielsweise den Prozess der Anerkennung der Abschlüsse für die Zielgruppen zu verbessern. Auch die Bereitstellung von Informationen zum Antragsverfahren in mehreren Sprachen kann digital viel effizienter umgesetzt werden.

Die IHK veröffentlichte beispielsweise in ihrem Fachkräftereport 2019, dass im Jahr 2019 bereits 447.000 Fachkräfte in Nordrhein-Westfalen fehlten. Laut den aktuellen Zahlen aus dem Fachkräftemonitor mit der Schätzung aus 2022 wird diese Zahl bis 2030 möglicherweise auf über 800.000 steigen.

Demzufolge kann schon 2030 fast jede zweite Stelle für beruflich fortgebildete Mechatroniker und Automatisierungstechniker sowie in der Forschung und Entwicklung nicht mit qualifizierten Fachkräften besetzt werden. Der größte Bedarf wird voraussichtlich in den MINT-Berufsgruppen bestehen, obwohl sich die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen immer weiter in Richtung Dienstleistungssektor verschiebt.

Als arbeitsmarktpolitischer und fluchtpolitischer Sprecher ist es mir ein besonderes Anliegen, dass die Menschen, die schon bei uns sind, schnell und effizient in ein ihren Qualifikationen und Stärken entsprechendes Erwerbsarbeitsverhältnis vermittelt werden können.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das beginnt bereits damit, dass wir die Menschen in den Landesunterbringungen abholen, die Anerkennungsverfahren und Vermittlungsprozesse bereits dort in Gang setzen und ihre Potenziale analysieren. Es ist im Sinne unserer Wirtschaft, wenn wir die Wartezeiten sinnvoll nutzen und den Menschen eine Perspektive zur sinnvollen Einbringung in die Gesellschaft bieten.

Selbstverständlich gehört dazu ein schnellerer Zugang zu Sprachkursen und die frühzeitige Erteilung von Arbeitserlaubnissen. In der Anhörung zum Antrag „Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beschleunigen“ waren die geladenen Sachverständigen von Arbeitergeber*innenseite bis hin zu Flüchtlingsorganisationen dem Antrag gegenüber positiv gestimmt. Die von mir genannten Potenziale wurden breit getragen und bestärkt. Die Fokussierung auf die Bedarfe der Zielgruppe durch digital bereitgestellte mehrsprachige Angebote – das ist unser gemeinsames Ziel.

(Beifall von den GRÜNEN, Wilhelm Korth [CDU] und Jörg Blöming [CDU])

Besonders die Integration von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt möchte ich hier hervorheben.

(Beifall von Gönül Eğlence [GRÜNE])

Der Zugang zur verlässlichen Kinderbetreuung und Erfahrungen der Diskriminierung spielen insbesondere für muslimische Frauen eine große Rolle. Studien zeigen, dass Mütter mit Fluchthintergrund deutlich besser integriert sind, wenn ihre Kinder im Vorschulalter in einer Kita betreut werden. Die Chancen der hohen Erwerbsmotivation in dieser Gruppe müssen wir dringend nutzen. Wir wollen deshalb den Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt für Frauen mit Zuwanderungs- und Fluchtgeschichte erleichtern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die schwarz-grüne Regierung stärkt die Zusammenarbeit mit Jobcentern, Arbeitsagenturen und kommunalen Integrationsstrukturen vor Ort. Außerdem setzt sich unsere Koalition dafür ein, dass die Prozesse da, wo sie aktuell noch kompliziert sind, zukünftig erleichtert werden. Dafür brauchen wir einen engen Austausch mit den Berufskammern, den Berufsverbänden und der Wirtschaft.

Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen, lassen Sie uns die Chancen, die vor uns liegen, nutzen, um unseren Arbeitsmarkt in NRW zu stärken und da Lücken zu schließen, wo es aus gesetzgeberischer Sicht möglich ist. Deswegen appelliere ich an Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Den Entschließungsantrag brauchen wir dafür nicht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)