Benjamin Rauer: „Abschiebehaft bedeutet, Menschen unter strafhaftähnlichen Bedingungen einzusperren“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur zweiten Abschiebehaftanstalt

Portrait Benjamin Rauer

Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ich weiß gar nicht, was mich an diesem Antrag mehr stört: dass die antragstellende Fraktion mal wieder so tut, als ob durch mehr Plätze in Abschiebehaft mehr Menschen abgeschoben werden könnten,

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Die Zahlen geben das schon her!)

oder dass sie anscheinend nicht die aktuellen Pressemitteilungen aus dem Fachministerium liest.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass Abschiebungshaft nach § 62 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes nur als äußerstes Mittel angewandt werden darf

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

und das Bundesverfassungsgericht erst Ende Oktober klargestellt hat, dass die Freiheitsentziehung grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraussetzt. Das gilt auch für Menschen, deren Asylverfahren keinen Schutzstatus ergeben hat.

Wir wissen doch, dass die Neuregelungen des Bundes dazu geführt haben, dass die Ausländerbehörden der Einrichtung in Büren derzeit mehr Menschen zuführen. Damit ist die Kapazitätsgrenze dort fast erreicht. Es muss jedoch immer geprüft werden, dass nur Ausreisepflichtige, deren Ausreise tatsächlich vollzogen werden kann, in Büren untergebracht werden.

Abschiebehaft bedeutet, Menschen unter strafhaftähnlichen Bedingungen einzusperren, und zwar nicht, weil sie eine Straftat begangen haben, sondern einzig und allein, weil sie keinen gültigen Aufenthaltstitel besitzen – und das, obwohl manche von ihnen seit Jahren einer Arbeit nachgehen und Deutsch gelernt haben.

Mich wundert es schon sehr, dass Sie diesen Antrag nicht zurückgezogen haben. Denn bereits am Dienstag der vergangenen Woche hat Ministerin Paul in einer Pressemitteilung des Ministeriums dargelegt, dass die Landesregierung effektiv gehandelt hat und eine Einigung mit dem Bund erzielt wurde. Eine Parallelnutzung des Geländes wird möglich sein. Das Moratorium ist aufgehoben. Die Planungen für eine zweite Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige am Standort Mönchengladbach sind in vollem Gange. Ihr Antrag ist daher vollkommen überflüssig. Wir lehnen ihn ab.

(Beifall von den GRÜNEN und Jochen Klenner [CDU])

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