Zu der Ankündigung der Landesregierung, 1.800 Personen aus Afghanistan aufnehmen zu wollen, erklärt Berivan Aymaz, integrations- und flüchtlingsspolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW:
„Es ist gut und richtig, die Kapazitäten, die das Land NRW für die Aufnahme von Geflüchteten hat, für Menschen aus Afghanistan umgehend zur Verfügung zu stellen. Bitter ist aber, dass Ministerpräsident Laschet genauso wie Bundesinnenminister Seehofer noch bis vor einer Woche an Abschiebungen nach Afghanistan festgehalten hat. Alle Appelle – von zahlreichen NGOs, Experten und uns Grünen –, die auf die dramatische Lage hingewiesen haben und einen sofortigen Abschiebestopp gefordert haben, wurden ganz bewusst ignoriert. Derzeit lässt sich noch nicht abschätzen, wie viele Menschen tatsächlich noch evakuiert werden können. Für viele Helfer vor Ort, Menschenrechtsaktivisten und Frauenrechtler, die sich für ein demokratisches und freies Afghanistan eingesetzt haben, kommt vermutlich jede Hilfe zu spät. Diese niederschmetternde Erkenntnis ist dem politischen Versagen der Bundesregierung geschuldet, die die Augen vor der Realität viel zu lange verschlossen hat. Diese Politik der Realitätsverweigerung hat auch Ministerpräsident Laschet mit zu verantworten. Damit muss endlich Schluss sein. Höchste Priorität muss es jetzt sein, so viele Menschenleben wie möglich zu retten. Deutschland steht in der Pflicht, alles zu tun, unbürokratisch und umgehend möglichst viele Menschen vor der Gewalt der Taliban in Sicherheit zu bringen.
In NRW leben derzeit mehr als 45.000 afghanische Staatsangehörige, die um das Leben ihrer Angehörigen bangen. Über den Familiennachzug hinaus muss die Landesregierung jetzt alles in ihrer Macht stehende tun, damit diese Menschen schnell ihre Angehörigen zu sich holen können. Mehr als 4.000 Afghanen hier in NRW verfügen lediglich über eine Duldung und haben damit auch heute noch kein sicheres Bleiberecht. Das muss die Landesregierung umgehend ändern. Aufgrund der tatsächlichen Gründe, die eine Ausreise dieser Personengruppe der Geduldeten nach Afghanistan auch in absehbarer Zeit unmöglich machen, muss Flüchtlingsminister Stamp die Ausländerbehörden anweisen, ihnen eine gesicherte Aufenthaltserlaubnis (gemäß §25 (5) AufenthG) zu erteilen.
Dass Armin Laschet nun angekündigt hat, er würde als Bundeskanzler eine Garantie abgeben, dass jeder, der sich auf diesen Namenslisten befindet, der sich für Deutschland engagiert hat, in Deutschland Aufnahme findet, kann leider nur als Wahlkampfmanöver bezeichnet werden. Aufgrund der aktuellen Lage kann ja noch nicht einmal mit Sicherheit gesagt werden, ob bis Ende der Woche überhaupt noch Menschen aus Afghanistan herausgeholt werden können. Wir brauchen statt vollmundiger Wahlkampfversprechen einen tatsächlichen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik, die humanitäre Verantwortung endlich in den Mittelpunkte stellt und nicht vor der Hetze rechter Stimmungsmacher einknickt.“