Wie stellt die Landesregierung einen umweltverträglichen Umgang mit dem Grubenwasser am ehemaligen Bergbaustandort Ibbenbüren sicher?

Kleine Anfrage von Norwich Rüße und Wibke Brems

Portrait Norwich Rüße
Portrait Wibke Brems 5-23

Der Bergbau am Standort Ibbenbüren endete am 17.08.2018. Mit besonderem Interesse verfolgen seitdem Bürgerinnen und Bürger, Naturschützerinnen und Naturschützer sowie die Politik den geplanten Umgang mit dem anfallenden Grubenwasser als Ewigkeitsaufgabe. Das Grubenwasser ist eine Herausforderung, mit der sich auch nachfolgende Generationen noch beschäftigen müssen, auch wenn unter Tage schon längst niemand mehr arbeitet. In erster Linie liegt die Aufgabe jedoch bei der RAG.

Der Kreistag des Kreises Steinfurt fasste daher am 22.06.2020 einstimmig folgenden Beschluss: „In Anerkennung der besonderen Bedeutung der Grubenwasserproblematik für die Region Ibbenbüren und der hierzu vielfach vorgetragenen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, wird die RAG AG aufgefordert, gem. § 7 Abs. 3 UVPG freiwillig bei der zuständigen Bergbehörde die Durchführung einer UVP auch für den Fall zu beantragen, dass diese gesetzlich nicht erforderlich ist.“ (https://sessionnet.krz.de/kreis_steinfurt/bi/vo0050.asp? kvonr=8850 (Stand 28.01.21))

Diese Forderung nach einer freiwilligen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird auch von den Naturschutzverbänden im Kreis Steinfurt unterstützt (Ibbenbürener Volkszeitung, 11.12.2020).

Seitens des Unternehmens RAG und seitens der Landesregierung bzw. der Bergbehörde NRW lassen sich jedoch keine Bestrebungen erkennen, den politischen Willen des Kreises Steinfurt umzusetzen. Dies erscheint bedenklich vor dem Hintergrund, dass auch von dem stillgelegten Bergwerk Ibbenbüren weiterhin und langfristig erhebliche Umweltauswirkungen ausgehen werden. Vorliegende Gutachten gehen davon aus, dass Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) nicht eingehalten werden können und diese Gesetzesverstöße durch Ausnahmeregelungen legalisiert werden müssten (https://www.rag-anthrazit-ibbenbueren.de/grubenwasserhaltung/wie-laeuft-das-genehmigungsverfahren-ab/wasserrecht/ (Stand 28.01.21) https://www.rag-anthrazit-ibbenbueren.de/grubenwasserhaltung/wie-laeuft-das-genehmigungsverfahren-ab/abschlussbetriebsplan/ (Stand 28.01.21)) Dabei geht es um die fortdauernden Grenzwertüberschreitungen im Grubenwasser durch Chlorid, Sulfat und Ammoniumstickstoff.

Ungeklärt ist zudem die Problematik der PCB-Belastungen. Ein entsprechendes Pilot-Projekt zur PCB-Reduzierung auf Haus Aden und am Standort Ibbenbüren brachte bislang nicht den erhofften Erfolg und muss weiterentwickelt werden (https://www.rag.de/news/t2_news/pcb-pilotanlage-zeigt-stabiler-betrieb-an-beiden-rag-standorten-aber-neues-analytikverfahren-m uss/). Für das besonders toxische PCB wurden vom LANUV (2015/2016) im sog. Ibbenbürener Ostfeld Konzentrationen bis zu 72 μg/kg für PCB 28 gemessen – also Konzentrationen deutlich oberhalb der Umweltqualitätsnorm (UQN) von 20 μg/kg. Dies verdeutlicht den Handlungsbedarf.

Die bisherigen Verfahrensabläufe lassen erkennen, dass einerseits die RAG und das Land NRW einen großen gutachterlichen Aufwand betreiben, dass aber andererseits die Entscheidungen, Erlaubnisse und Genehmigungen behördeninternen Verfahren überlassen bleiben. Die Möglichkeiten, die eine UVP als Teil eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens bietet (wie z. B. im Saarland), bleiben ungenutzt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung könnte klären, ob der beabsichtigte Umgang mit dem Grubenwasser zulässig ist und welche Wege es gibt, bessere Ergebnisse zu erzielen. Der Öffentlichkeit wird ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung die Möglichkeit entzogen, sich direkt an Erörterungsterminen zu beteiligen und an Lösungen für die komplexen Fragestellungen mitzuwirken. Im Falle des Grubenwassers müssten in einem Planfeststellungsverfahren mit UVP die diversen technischen Möglichkeiten zur Reinigung dargestellt und gegeneinander abgewogen werden. All das geschieht nun lediglich Behörden-und RAG-intern, ohne angemessene Transparenz und Partizipation der Öffentlichkeit.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Haltung der RAG, keine UVP durchzuführen?
  2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, darauf hinzuwirken, dass dennoch für den Standort Ibbenbüren eine UVP durchgeführt wird, damit der einmütige politische Wille des Kreistages Steinfurt umgesetzt werden kann? (Antwort bitte begründen)
  3. Wie ist der Stand bei der Weiterentwicklung der Pilotanlagen zur PCB-Elimination aus dem gehobenen Grubenwasser?
  4. Wo werden die zukünftig in der Anlage zur Grubenwasseraufbereitung Gravenhorst aus dem Grubenwasser entfernten stofflichen Frachten, einschließlich der PCB-haltigen, auf Dauer verbleiben?
  5. Für den Oberflächenwasserkörper „DE_NRW_3448_1494 Hörsteler Aa“ (s. WRRL) ist bei Umsetzung des Vorhabens anzunehmen, dass aufgrund der verbleibenden Zielwertüberschreitungen der Parameter Sulfat, Chlorid und Ammonium-Stickstoff, die Zielerreichung des guten ökologischen Potenzials gefährdet ist. Inwiefern plädiert die Landesregierung vor diesem Hintergrund dafür, dass für dieses oberirdische Gewässer weniger strenge Bewirtschaftungsziele festgelegt werden? (Antwort bitte begründen).