Warum verlagert die Landesregierung die abnehmende Wertschöpfung aus der Förderung und Verstromung von Braun- und Steinkohle in NRW durch die dann notwendigen Ersatzimporte in andere Regionen?

Kleine Anfrage von Wibke Brems und Johannes Remmel

Portrait Wibke Brems 5-23

Die Regierung von Ministerpräsident Laschet bekennt sich zwar wortreich zu den in Paris beschlossenen Klimazielen. Gleichzeitig wird der für die Erreichung dieser Ziele unabdingbare Ausbau der Erneuerbaren Energien in NRW mit immer neuen Hürden belegt.

Während der Windenergiezubau zwischen 2010 und 2017 auf etwa 800 MW gesteigert wurde, ist er seitdem dramatisch eingebrochen. Mit den aktuellen Zubauzahlen wird die Landesregierung ihr eigenes Ziel von 10,5 GW bis 2030 nicht erreichen. Seit der Regierungsübernahme vor vier Jahren lähmt die Debatte um größere Abstände der Windenergieanlagen zu Wohnbebauung den Ausbau und verhindert Investitionen in Milliardenhöhe. 1.500 Meter Abstandsvorgabe lautete das Ziel der Regierung Laschet seit 2017, nun wurde ein 1.000 Meter-Mindestabstand selbst zu Splittersiedlungen eingeführt. Auf geeigneten forstwirtschaftlich genutzten Flächen wurde die Windenergienutzung deutlich erschwert, selbst auf Kalamitätsflächen, die der Borkenkäfer vernichtet hat. Entgegen wiederholter Beteuerungen gibt es bislang auch keine substanziellen Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Photovoltaik in NRW. Es werden keine Randstreifen an Autobahnen genutzt, keine Solarpflicht für Gewerbeimmobilien eingeführt, es gibt kaum Freiflächen-PV, ebenso kein Agri-PV oder Floating-PV.

Gleichzeitig geht die gesamte Wertschöpfung in NRW aus der Förderung der Steinkohle, in wenigen Jahren auch aus der Förderung der Braunkohle und aus dem Betrieb von Stein- und Braunkohlekraftwerken, schrittweise Jahr für Jahr zurück. Durch die Neufassung des Klimaschutzgesetzes des Bundes wird der Kohleausstieg noch einmal beschleunigt. Da bei weitem nicht ausreichend erneuerbare Erzeugungskapazitäten aufgebaut werden, ist es offensichtliche Strategie der Regierung Laschet, die fehlenden Kapazitäten durch Importe von Wasserstoff und Strom zu kompensieren und damit die Wertschöpfung der erneuerbaren Stromerzeugung und deren Veredlung in anderen Bundesländern als Wirtschaftsförderung anzustoßen. Diese Strategie führt dazu, dass Investitionen in die Wasserstoffherstellung im Norden Deutschlands stattfinden – dort, wo auch die Erneuerbaren Energien willkommen sind. Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Hamburg machen zwar weniger wohlfeile Klimaschutzversprechen, aber diese Länder verstehen Klimaschutz als Industriestrategie, während die Regierung Laschet offensichtlich auf Deindustrialisierung setzt.

Die großen Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff werden in Hamburg und Rostock gebaut werden, während NRW noch um Erdkabel und Pipelines für Importe kämpft. Die ablehnende Haltung der Regierung Laschet zu den Erneuerbaren Energien wird zunehmend zum Standortnachteil für Nordrhein-Westfalen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie hoch war die jährliche Wertschöpfung in NRW in der fossilen Energiewirtschaft? (Bitte die jährliche Wertschöpfung der letzten zehn Jahre aus der Förderung von Braun-und Steinkohle sowie der Nutzung von Braun-, Steinkohle und Erdgas angeben.)
  2. Mit welchem jährlichen Wertschöpfungsverlust bis 2031 rechnet die Landesregierung unter Bezugnahme auf die zu geringen Zubauraten bei Erneuerbaren Energien, dem absehbaren beschleunigten Kohleausstieg unter Berücksichtigung der Beschlusslagen zum neuen Klimaschutzgesetz des Bundes?
  3. Wie hoch müsste nach Einschätzung der Landesregierung der jährliche Zubau an Erneuerbaren Energien-Anlagen sein, um die wegfallende Wertschöpfung aus der fossilen Energiewirtschaft insbesondere durch einen beschleunigten Kohleausstieg ausgleichen zu können?
  4. Welche volkswirtschaftlichen Vorteile sieht die Landesregierung in der Strategie, auf einen maximalen Anteil heimischer Energieversorgung zugunsten eines höheren Importanteils zu verzichten?
  5. Aus welchen Ländern soll in welcher Größenordnung in den Jahren 2030, 2035 und 2040 Wasserstoff bzw. Strom importiert werden?