Verfassungsgrundsätze verteidigen – das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ muss im Vermittlungsausschuss grundlegend überarbeitet werden

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Berivan Aymaz 2021

Am Freitag, den 7. Juni 2019, passierte das heftig umstrittene Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, in einer namentlichen Abstimmung mit den Stimmen der CDU, SPD und AfD den Bundestag (https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=607). Die Inhalte des Gesetzentwurfs und der Gesetzgebungsprozess wurden im Vorfeld von vielen Seiten massiv kritisiert.
Mit einem auf wenige Tage verkürzten Vorlauf für die Sachverständigen fanden am 3. Juni 2019 allein fünf Anhörungen im Bundestag zu sechs Gesetzentwürfen statt, darunter auch zum „Geordneten-Rückkehr-Gesetz“. Unmittelbar nach den Anhörungen wurden von den Koalitionsfraktionen umfangreiche Änderungsanträge zu den Gesetzentwürfen gestellt und am Juni 2019 fand bereits die Beschlussfassung in den Bundestagsausschüssen statt, ohne dass Protokolle der Anhörungen vorlagen. Am Freitag, den 7. Juni 2019, folgte dann die endgültige Beratung und Abstimmung im Bundestag. Ein geordnetes Gesetzgebungsverfahren mit einer sorgfältigen Auswertung der Anhörungen wurde so verhindert. Es bestand keine begründete Notwendigkeit, die anstehenden umfangreichen grundrechtsrelevanten Gesetzesänderungen mit ihren zahlreichen Wechselwirkungen zu anderen noch laufenden Gesetzgebungsverfahren beschleunigt durchzuführen, so als befände sich Deutschland im Notstandsmodus.

Massive Kritik an Grundrechtseingriffen

Über 20 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter unter anderem Kirchen, Wohlfahrtsverbände und die Neue Richtervereinigung, positionierten sich gemeinsam in einem offenen Brief und appellierten an die Bundestagsabgeordneten, dem Gesetzentwurf nicht zustimmen (https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Offener-Brief-Geordnete-R%C3%BCckkehr-Gesetz.pdf).
Die Kritik bezieht sich unter anderem auf die beabsichtigten Leistungskürzungen unterhalb des Existenzminimums, der Ausweitung der Abschiebehaft, der Entrechtung durch die Einführung einer „Duldung-light“, die neuen Hürden für eine Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung oder auf die verlängerten Aufenthalte in den AnkER-Zentren. Damit missachtet die Große Koalition mehrfach rechtsstaatliche Grundsätze und behindert die Integration von Geflüchteten.
Ein besonders gewichtiger Kritikpunkt an dem Gesetz stellt das Vorhaben dar, das sogenannte Trennungsgebot zwischen Abschiebungshaft und Strafvollzug für einen Zeitraum von drei Jahren aufzuheben. So sieht das vom Bundestag beschlossene Gesetz in Artikel 1 Nummer 22 die Aufhebung des in § 62a Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes geregelten Gebots vor, Abschiebungshaft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen. Erst zum 1. Juli 2022 soll dieses grundsätzliche Gebot durch Artikel 6 des Gesetzes wieder in Kraft gesetzt werden.
So sieht auch NRW-Justizminister Peter Biesenbach „erhebliche rechtliche und tatsächliche Bedenken“, die bezüglich einer Aufweichung des Trennungsgebots bestünden3, wie er in einem Schreiben an Bundesinnenminister Seehofer und gegenüber dem Rechtsausschuss des Landtages NRW deutlich gemacht hat.
Auch NRW-Integrationsminister Stamp bezeichnete das Gesetz als „humanitär unverantwortlich und volkswirtschaftlich dämlich“, da es „praxisfern“ sei und den Herausforderungen der Länder nicht gerecht werde (Neue Ruhr Zeitung 08.06.2019).
Zudem steht insbesondere durch die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zur Debatte, ob das Gesetz aufgrund der höheren finanziellen Belastung der Länder durch den Bundesrat zustimmungspflichtig ist.
Auf Antrag mehrerer Bundesländer, darunter Brandenburg, Hamburg, Berlin und Thüringen, beschloss der Rechtsausschuss des Bundesrates am 12. Juni 2019 mit Zustimmung von 10 Ländern, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Aufgrund der von den Ministern Stamp und Biesenbach klar formulierten Kritik am „Geordneten-Rückkehr-Gesetz“ wäre es folgerichtig, den Vorstoß auch in der Bundesratssitzung am 28.Juni 2019 zu unterstützen

Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf,

·        in der Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2019 dem Votum des Rechtsausschusses zur Überweisung des „Geordneten-Rückkehr-Gesetzes“ in den Vermittlungsausschusses zu folgen.