Urananreicherung in NRW beenden, illegale Urantransporte stoppen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Wibke Brems 5-23

I.        Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage widerspricht dem Atomgesetz
Spätestens Ende 2022 endet in Deutschland die Stromproduktion in Atomkraftwerken, doch noch immer ist eine vollständige Beendigung der gewerblichen Kernenergienutzung nicht in Sicht. Dabei liegen seit nunmehr drei Jahren Rechtsgutachten des Bundesumweltministeriums vor, die eine rechtssichere Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen für möglich erachten. Der Betrieb dieser Anlagen über die Betriebsdauer der Atomkraftwerke hinaus widerspricht dem im Atomgesetz festgelegten Ziel Deutschlands, die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Strom zu beenden.
Die GRÜNE Landtagsfraktion hat wiederholt und zuletzt mit dem Antrag „Atomausstieg konsequent umsetzen! Schnellstmögliche Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau“ (Drucksache 17/1432) auf eine Schließung der Urananreicherung in NRW gedrungen. Mit einem Gesetzentwurf hat die GRÜNE Bundestagsfraktion (Drucksache 19/964) bereits im Februar 2018 einen Vorschlag zur konkreten Umsetzung im Atomgesetz gemacht.
Als Schritt in die richtige Richtung hat der Bundesrat auf Initiative auch von NRW im Februar 2019 die Bundesregierung aufgefordert, zumindest eine europarechtskonforme Lösung zum Exportstopp an grenznahe Alt-AKW vorzulegen. Dies ist bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD festgelegt. Bundesumweltministerin Schulze kam dieser Forderung mit einem Gesetzesentwurf Ende 2019 nach. Doch steht eine Einigung innerhalb der Bundesregierung bis heute aus. Einen Vorstoß zur vollständigen Schließung der Anlagen, die eigentlich notwendig ist, hat es bisher auch vom Bundesumweltministerium nicht gegeben.
In der Konsequenz wurden kürzlich erneut Exportgenehmigungen von Brennelementen aus Lingen, die mit in Gronau angereichertem Uran hergestellt wurden, durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erteilt. Während Bundesminister Altmeier eine Einigung innerhalb der Bundesregierung verschleppt, wird also weiterhin der Betrieb von grenznahen Hochrisikoreaktoren durch Produkte auch aus NRW ermöglicht. Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass endlich eine gesetzliche Grundlage für ein Exportverbot an diese AKW geschaffen wird. Unabhängig davon muss sie sich für eine schnellstmögliche Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau einsetzen.
II.       Landesregierung muss sich für Stopp rechtswidriger Uranexporte einsetzen
Der Export von Brennelementen an grenznahe, marode AKW oder von angereichertem Uran in die ganze Welt ist nicht das einzige Problem, für das die Betreiberfirma der Anlage in Gronau (mit-)verantwortlich ist. Die Endlagerung des abgereicherten Urans in Form von Uranhexafluorid, das als Abfall bei der Urananreicherung entsteht, ist in Deutschland weiterhin ungelöst. Im Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle „Schacht Konrad“ ist die Einlagerung nicht möglich. Stattdessen soll möglichst am Standort für das Endlager für hochradioaktiven Abfall ein zusätzliches Endlager für die Abfälle aus der Urananreicherung und diejenigen aus dem havarierten Endlager Asse gebaut werden (https://www.bundestag.de/endlager-archiv/blob/434430/bb37b21b8e1e7e049ace5db6b2f949b2/drs_268-data.pdf). Ob ein Standort für ein solches Doppellager gefunden werden kann, ist jedoch unklar, da von diesem Umstand die Standortentscheidung für das Endlager für hochradioaktive Abfälle nicht abhängig gemacht werden soll, die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle hat absolute Priorität. Es könnte also dazu kommen, dass am Standort für das Endlager für hochradioaktive Abfälle kein Platz für ein zweites Endlager ist, eine Alternative zu der Idee des Doppelendlagers ist jedoch nicht in Sicht.
Bis 2009 exportierte die Firma Urenco, Betreiberin der Urananreicherungsanlage in Gronau, abgereichertes Uranhexafluorid nach Russland. Nachdem diese Praxis auf öffentlichen Druck hin für ca. 10 Jahre ausgesetzt war, wurden die Exporte im Mai 2019 wieder aufgenommen. Seitdem rollen in unregelmäßigen Abständen Züge mit mehreren Einhunderttonnen hochgiftigem Uranhexafluorid durch NRW. Uranhexafluorid ist nicht nur aufgrund seiner radioaktiven Strahlung gefährlich, sondern auch hochgiftig. Bei einer Freisetzung reicht schon der Wassergehalt der Luft für eine chemische Reaktion, bei der sich hochätzende Flusssäure bildet. Die Konsequenzen eines Unfalls während des Transports könnten verheerend sein. Daher müssen Transporte soweit es geht vermieden werden. Es rollen jedoch immer wieder Transporte durch NRW, ohne dass die betroffenen Kommunen auch nur informiert werden.
Der Export von nuklearen Abfällen ist nach Atomgesetz eigentlich verboten, doch deklariert Urenco das Uranhexafluorid als Wertstoff und behauptet, in Russland würde eine weitere kommerzielle Nutzung erfolgen. Durch diese Deklaration als Wertstoff wäre ein Export nach dem Atomgesetz nach Ansicht des Unternehmens und der Aufsichtsbehörden grundsätzlich möglich. Der tatsächliche Verbleib des abgereicherten Uranhexafluorids in Russland ist jedoch unklar, eine wirtschaftliche Nutzung kaum möglich. Fakt ist, dass bisher nur verschwindend geringe Anteile an angereichertem Uran aus Russland nach Gronau zurückgeliefert wurden. Ein aktuelles Rechtsgutachten (https://kotting-uhl.de/site/wp-content/uploads/2020/10/Gutachten-Endfassung-final.pdf) kommt zu dem Schluss, dass der Export nach Russland nicht im Einklang mit den Sanktionen gegen Russland aufgrund der Annexion der Krim gemäß der EU-Verordnung 833/2014 steht. Eine militärische Nutzung könne durch die deutschen Behörden nicht ausgeschlossen werden, weshalb die Ausfuhr verboten werden müsse, unabhängig von rechtlichen Schlupflöchern im Atomgesetz.
Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass umgehend die notwendigen Konsequenzen aus dem Gutachten gezogen werden und die illegalen Atommüll-Exporte durch die Bundesregierung unverzüglich untersagt werden. Gleichzeitig muss die Landesregierung auf eine eingehende Überprüfung des Verbleibs der bisherigen Exporte nach Russland durch die Bundesregierung drängen oder eigene Inspektionen vor Ort durchführen. Es muss sichergestellt werden, dass eine militärische Nutzung des Atommüll aus Gronau ausgeschlossen werden kann. Um einen Export auch in andere Staaten zukünftig zu verhindern, muss sich die Landesregierung zudem dafür einsetzen, dass abgereichertes Uranhexafluorid als Abfall nach dem Atomgesetz angesehen und damit ein Export dieses Stoffes in Zukunft verboten wird und stattdessen die Endlagerung in Deutschland sichergestellt wird.
III. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1.         sich für eine schnellstmögliche Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau einzusetzen.
2.         bei der Bundesregierung eine unverzügliche Untersagung des Exportes von Uranhexafluorid von Gronau nach Russland zu erwirken.
3.         sicherzustellen, dass eine vor Ort -Überprüfung des Verbleibs des gesamten bisher nach Russland exportierten Uranhexafluorids vorgenommen wird.
4.         sich dafür einzusetzen, dass abgereichertes Uranhexafluorid aus der Urananreicherung nicht mehr als Wertstoff deklariert werden kann und damit ein Export dieses Stoffes verboten wird.