Trotz zuvor unterzeichneter Resolution: Warum schiebt NRW Tamilen nach Sri Lanka ab?

Kleine Anfrage von Berivan Aymaz

Portrait Berivan Aymaz 2021

Am 30. März startete vom Düsseldorfer Flughafen eine Sammelabschiebung nach Sri Lanka. An Bord befanden sich ebenfalls Tamilinnen und Tamilen. Kurz zuvor hatte Deutschland einer Resolution der UN-Menschenrechtskommission zugestimmt, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und Völkermorde in dem Land untersucht1. Mit der Unterzeichnung der Resolution erkennt Deutschland die gravierende Menschenrechtslage in Sri Lanka an. Im Visier der sri-lankischen Regierung stehen insbesondere tamilische Aktivistinnen und Aktivisten.

Schon im Vorhinein wurden von verschiedensten Seiten Proteste gegen die Abschiebung laut. Denn die Abschiebung von Tamilen und Tamilinnen nach Sri Lanka vom Düsseldorfer Flughafen steht im absoluten politischen Widerspruch von der Unterzeichnung der UN-Resolution ein paar Tage zuvor. Es drängt sich die Frage auf, wer die Verantwortung für die Rückführung und damit auch für die politische Untergrabung der UN-Resolution innehatte.

Wer die Federführung für die Organisation und Durchführung der Maßnahme innehatte, konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden. Das „Migazin“ vermutet in einem Artikel, die Abschiebung sei Resultat einer mangelnden Kommunikation zwischen Außenminister Heiko Maas und Innenminister Horst Seehofer2. Auf eine schriftliche Frage der Bundestagsabgeordneten Filiz Polat (Arbeitsnummer 3/637) antwortete das BMI, „dass die Anwendung des Aufenthaltsrechts, zum der Vollzug von Abschiebungen gehört, in die Zuständigkeit der Länder fällt, so dass es den dortigen Ausländerbehörden obliegt, die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten. Dabei ist auch zu prüfen, ob etwaige Abschiebungshindernisse einer Abschiebung entgegenstehen“.

Flüchtlingsminister Dr. Stamp äußerte sich gegenüber der Presse nicht zu der Abschiebung3. In der Sitzung des Integrationsausschusses in NRW am 21.04.2021 erklärte das zuständige Flüchtlingsministerium, dass der Bund im engen Austausch mit Sri Lanka zu Rückkehrmodalitäten stehe. Das Bundesinnenministerium habe die Länder darum gebeten, sich an einer Pilotmaßnahme zu beteiligen, die ein digitales Identifizierungssystem beinhaltet. Diese Eingangstür solle jetzt nicht verschlossen werden, wenn die Länder ausreisepflichtige Personen aus Sri Lanka hätten. In dem Zusammenhang erklärte Minister Dr. Stamp, dass er über die Sammelabschiebung informiert worden sei und auch dazu stehe.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Personen wurden per Sammelcharter am 30.03.2021 tatsächlich nach Sri Lanka abgeschoben (bitte aufschlüsseln nach Bundesland, aus dem die Personen zugeführt wurden, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe (insbes. Tamilen), Familienstand, Berufstätigkeit, ggf. Straffälligkeit)?
  2. Inwieweit lagen die Verantwortung und Federführung bei der Organisation und Durchführung der Abschiebung bei der Landesregierung NRW?
  3. Welche Kosten sind dem Land NRW im Zusammenhang mit der genannten Abschiebung entstanden (bitte aufschlüsseln nach Art/Grund der Kosten)?
  4. Inwieweit sind in nächster Zeit weitere Abschiebungen von Tamilinnen und Tamilen aus NRW nach Sri Lanka geplant?
  5. Welche rechtlichen Verpflichtungen ergeben sich nach Ansicht der Landesregierung für das Land NRW aus dem von der Bundesregierung unterzeichneten UN-Abkommen hinsichtlich der Abschiebung von Tamilinnen und Tamilen?^

1 https://undocs.org/A/HRC/46/L.1/Rev.1

2 https://www.migazin.de/2021/03/31/heuchlerisches-deutschland-sammelabschiebungen-tamil-sri/

3 https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/abschiebung-von-tamilen-aus-bueren-100.html