I. Ausgangslage
Die Drohnenökonomie entwickelt sich international wie auch in Deutschland seit einigen Jahren zu einem vielversprechenden Wachstumsmarkt. Dabei scheint zurzeit noch die private Nutzung von Drohnen zu überwiegen. Der kommerzielle Einsatz wächst jedoch rasch an. Seit Jahren werden Drohnen beispielsweise im Bereich der Logistik vermehrt getestet und eingesetzt. Im Bereich des Lagermanagements gehören entsprechende Technologien bereits seit einigen Jahren zum normalen Betrieb.
Weltweit genehmigen immer mehr Aufsichtsbehörden in einem begrenzten Maße kommerzielle Drohneneinsätze. Am 11. Dezember 2024 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr unter dem Titel „Advanced-Air-Mobility-Strategie des BMDV – Aufbruch in eine neue Ära der Luftfahrt“ seine Konzeption für den Einsatz elektrisch betriebener und vertikal starten-der/landender Luftfahrzeuge vorgestellt. Der Advanced Air Mobility (AAM) wird darin u.a. das Potenzial zuerkannt, den Transport von Gütern nachhaltig zu verändern. Es ist daher an der Zeit, in Deutschland die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die weitere Entwicklung und Erprobung dieser Technologien und Anwendungen zu ermöglichen.
Voraussetzung für den kommerziellen Einsatz von Drohnen ist die Ausweisung von U-Spaces. U-Spaces sind abgegrenzte Bereiche im unteren Luftraum, in denen Flüge von Drohnen mit den übrigen Luftverkehrsteilnehmern koordiniert werden. Ziel ist es, Sicherheit für den Luftverkehr zu schaffen, insbesondere durch die Vermeidung von Kollisionen, durch einfache Regelungen für den Flug sowie eine transparente Koordination im gleichen Luftraum auf Grundlage einer kontinuierlichen elektronischen Erkennbarkeit. Ermöglicht wird das, indem ein U-Space zentral und einheitlich durch einen U-Space-Serviceprovider (USSP) gemanagt wird. Dieser koordiniert den unbemannten Flugverkehr im U-Space und sorgt für einen sicheren Flugverkehr. Die USSP erhalten ihre Informationen von dem Anbieter gemeinsamer Informationsdienste (Single Common Information Service Provider, SCISP). Er beliefert die USSP mit allen relevanten Luftraum- und Verkehrsdaten für die Erbringung der U-Space-Dienste.
Die EU hat mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/664 über einen Rechtsrahmen für den U-Space bereits einen rechtlichen Rahmen für die Ausweisung von U-Spaces vorgelegt. Die Verordnung ist am 26. Januar 2023 in Kraft getreten. Die Umsetzung der Durchführungsverordnung in nationales Recht sowie die konkrete Ausgestaltung der Prozesse, Akteurinnen und Akteure als auch Verantwortlichkeiten obliegt den einzelnen Mitgliedsstaaten. Eine erste Erprobung dieser Technologie hatte zwischen Mai und November 2021 in Hamburg stattgefunden. In Nordrhein-Westfalen wird die U-Space-Technologie bereits im Rheinischen Revier erprobt. Im November 2022 hat das BMDV ein Konzept zur Einrichtung von U-Spaces in Deutschland vorgelegt.
Abschließend umgesetzt ist die Durchführungsverordnung der EU gleichwohl noch nicht. Bei der Umsetzung sollten nationale Sonderwege möglichst vermieden werden. Zudem ist die rechtliche Grundlage für die Einrichtung von U-Spaces von der technischen Einrichtung und Erprobung zu trennen.
Eine Möglichkeit, um die U-Space-Infrastruktur weiter zu erproben, ist die Ausweisung von Experimentierräumen. So kann die Technologie in einem begrenzten Raum unter realen Bedingungen erprobt werden. Diese sollten gleichwohl so ausgestaltet sein, dass sie vom Experiment in den Dauerbetrieb übergehen können. Auch hierzu gibt es gute Ansätze in Nordrhein-Westfalen.
Eingeschränkt wird der Drohnenverkehr in Deutschland durch eine hohe Zahl an UAS-Gebieten, in denen Drohnen nur mit Einschränkungen fliegen dürfen. Der Gültigkeitsbereich für diese geographischen UAS-Gebiete sollte daher für die Nutzer von U-Space Diensten, basierend auf den Vorschlägen des Drohnenbeirats, überprüft werden. Ebenso wichtig für die Schaffung einer U-Space-Infrastruktur ist eine ausreichende Ressourcen- und Kompetenzausstattung für die betreffenden Behörden.
Langfristig braucht es faire Wettbewerbsbedingungen, um eine flächendeckende U-Space-Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen. Dazu gehören unkomplizierte Genehmigungsprozesse sowie eine angemessene Gebührenordnung für USSP. Ebenso sollte sich die steigende Bedeutung der Drohnenwirtschaft auch in der Organisationsstruktur der zuständigen Ministerien und nachgeordneten Behörden widerspiegeln. Darüber hinaus sollte es klare Zuständigkeiten für die Zertifizierung von USSP und SCISP geben. Auch Beratungsangebote auf Landesebene können bei der Zertifizierung und Zulassung unterstützen. Estland beispielsweise zeigt, wie U-Spaces im öffentlichen Raum unkompliziert umgesetzt werden können.
Nordrhein-Westfalen ist einer der führenden Standorte für Drohnenunternehmen in Deutschland. Eine Erprobung der U-Space Infrastruktur würde hier daher auf bestehendes Know-How in der Praxis treffen. In vielfältiger Weise trägt das Land bereits dazu bei, Innovationen im Luftverkehr voranzubringen. Mit den Forschungs- und Entwicklungsstandorten in Aldenhoven, Würselen-Aachen und Mönchengladbach verfügt Nordrhein-Westfalen über beste Rahmenbedingungen im Bereich Forschung- und Entwicklung.
In Aldenhoven wird konkret mit großer Unterstützung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen an der Errichtung des Center for Vertical Mobility (CVM) gearbeitet. Damit soll dauerhaft ein bundesweit einmaliges Kompetenz- und Testzentrum rund um das Thema Vertikale Mobilität etabliert werden. Unter Reallabor-Bedingungen wird über konkrete anwendungsorientierte Projekte die sichere Koexistenz konventioneller bemannter Luftfahrt und neuer Luftfahrttechnologien, wie personentragende und unbemannte Luftfahrzeuge von der medizinischen Drohne bis zum Lufttaxi, im U-Space erprobt. Die Konzeptionierung sieht auch die Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen großer Verkehrsflugplätze vor, die virtuell in das Flugtestfeld in Aldenhoven verlagert werden.
Voraussetzung für die Nutzung innovativer Technologien im öffentlichen Raum ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Es bleibt daher Aufgabe von Unternehmen und Politik, für Akzeptanz zu werben. Auch die Konzeptionierung des Center for Vertical Mobility sieht vor, mit Unterstützung der beteiligten Kommune bzw. des Kreises den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen die Vorteile der neuen Luftfahrttechnologien nahezubringen. Der Einsatz von Drohnen leistet beispielswiese einen Beitrag zu Nachhaltigkeitszielen sowie zur Entlastung der Verkehrsinfrastruktur. Ein weiterer gesellschaftlicher Vorteil der Nutzung innovativer Luftfahrttechnologien wird auch darin gesehen, die regionale Mobilität für Menschen und die Versorgung in ländlichen Räumen und somit die soziale Integration und die Lebensqualität zu verbessern.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Die Drohnenwirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist ein aufstrebender Wirtschaftszweig mit großem Wachstumspotenzial. Sie leistet dabei sowohl einen Beitrag zu Nachhaltigkeits-zielen als auch zur Entlastung und Ergänzung der Verkehrsinfrastruktur.
- Das Land Nordrhein-Westfalen setzt sich bereits aktiv für die Forschung und Entwicklung von Innovationen im Luftverkehr ein.
- Die EU hat eine Verordnung für die Nutzung der U-Space-Infrastruktur vorgelegt. Für eine flächendeckende Nutzung braucht es in Deutschland weitere rechtliche sowie organisatorische Rahmenbedingungen.
- Laufende Projekte zur Pilotierung der U-Space-Infrastruktur sind ein erster Schritt für die verbreitete Einführung dieser Technologie.
- Mit der Ausweisung weiterer Reallabore kann die Technologie weiter erprobt werden und mittelfristig in den Regelbetrieb überführt werden.
- Die Branche benötigt faire Wettbewerbsbedingungen, um sich zu entwickeln. Der Landtag beauftragt die Landesregierung im Rahmen vorhandener Mittel,
- die strategischen Überlegungen zur Stärkung der unbemannten Luftfahrt weiter voranzutreiben,
- sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die U-Space-Verordnung der europäischen Union zeitnah in deutsches Recht überführt wird, bürokratiearm ausgestaltet wird und örtliche Belange berücksichtigt werden,
- sich beim Bund dafür einzusetzen, dass weitere Experimentierräume für die Erprobung der U-Space-Infrastruktur, beispielsweise in Form von Reallaboren, in Nordrhein-Westfalen in Abstimmung mit den Akteuren der ansässigen Drohnenwirtschaft angesiedelt werden,
- Anträge auf die Einrichtung eines U-Spaces in Abstimmung mit den zuständigen Stellen positiv zu begleiten und dabei insbesondere die Chancen dieser Technologie im Blick zu haben,
- zu prüfen, ob der Gültigkeitsbereich von geographischen UAS-Gebieten für die Nutzer von U-Space-Diensten eingeschränkt werden kann,
- über die bestehenden Fördermöglichkeiten aus der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Flugsicherheit, des Umweltschutzes und der Infrastruktur im Luftverkehr sowie zur Erforschung und Entwicklung innovativer Luftfahrttechnologien unter Einbeziehung der Drohnenwirtschaft verstärkt aufzuklären.