Lücken im Radwegenetz schließen. Den Radverkehr in Nordrhein-Westfalen durch schnell umsetzbare Maßnahmen stärken

Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag

Portrait Martin Metz

I. Ausgangslage

Der Fahrradverkehr ist fester und elementarer Bestandteil der Alltagsmobilität in Nordrhein-Westfalen und gewinnt zunehmend an Bedeutung. So zeigt eine Studie des Fraunhofer-Insti­tuts auf, dass der Anteil des Radverkehrs dreimal so hoch ausfallen könnte wie bisher, wenn die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Diese Entwicklung hin zu einer kli­mafreundlichen, gesunden und individuellen Mobilität wird von der Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN aktiv unterstützt. Grundlage dafür ist eine belastbare Infrastruktur. Mit dem Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW (FaNaG NRW) ist für den Ausbau einer sicheren und komfortabel zu nutzenden flächendeckenden Radverkehrsinfrastruktur bereits in der vorheri­gen Legislaturperiode die gesetzliche Grundlage geschaffen worden. Das Land NRW setzt die Vorgaben des Gesetzes unter anderem durch die Aufstellung eines neuen Bedarfsplans für Radschnellverbindungen und die Definition des Radvorrangroutennetzes aktiv um. Die Lan­desregierung mit ihrem Verkehrsminister und die regierungstragenden Fraktionen stärken den Radverkehr.

Jenseits der durch das FaNaG vorgegebenen großen Linien gibt es zahlreiche kleinere Maß­nahmen, die zu einer Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr beitragen können. Das MUNV hat in diesem Bereich bereits zahlreiche Initiativen gestartet, zum Beispiel durch die Erlasse für die Markierung von Schutzstreifen außerorts, den Erlass des Verkehrsministe­riums zur Anlage von Piktogrammketten oder den Abbau von gefährlichen oder unnötigen Sperreinrichtungen auf Radrouten. Die Zukunftskoalition begrüßt diese Maßnahmen und un­terstützt die Landesregierung, in diesem Sinne weiterhin den Radverkehr in Nordrhein-West­falen zu stärken.

Vielerorts bestehen Lücken oder enden Radrouten im Nichts, weil die entsprechenden An­schlüsse fehlen oder in der Vergangenheit bei der Neuanlage von Straßen der Radverkehr nicht mitgeplant wurde. Diese Lücken im Radwegenetz halten einige Menschen davon ab, das Fahrrad zu nutzen, weil sie sich nicht sicher fühlen. Die Umsetzung bestehender Radverkehrs­konzepte scheitert leider oft an fehlenden finanziellen und personellen Kapazitäten, insbeson­dere in den Kommunen. Auch stehen häufig nicht die Flächen für eine optimale Lösung zur Verfügung, weshalb viele Projekte nicht oder nur mit großer zeitlicher Verzögerung realisiert werden. Es gilt deshalb, zusätzlich zum mittel- und langfristigen größeren Ausbau, stärker auch kurzfristige Verbesserungen in den Vordergrund zu rücken und durch schnell wirksame,

vorläufige Maßnahmen bestehende Lücken im Radverkehrsnetz zu schließen, vorhandene Straßeninfrastruktur sicherer zu machen und die Ermessensspielräume innerhalb der beste­henden Straßenverkehrsordnung zu nutzen.

Die rechtlichen Klarstellungen des MUNV liefern Grundlagen für rechtssichere verkehrsbe­hördliche Anordnungen, die den kommunalen Verwaltungen helfen, die Möglichkeiten des Straßenverkehrsrechts aktiv zur weiteren Steigerung der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteil-nehmergruppen anzuwenden.

Die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. (AGFS NRW) hat im Mai 2024 einen Leitfaden für Sofortmaßnahmen für den Fuß- und Radverkehr veröffentlicht. Darin sind zahlreiche Beispiele aufgeführt, wie mit einfa­chen Maßnahmen ohne größere bauliche Veränderungen und innerhalb der rechtlichen Rah­menbedingungen die Infrastruktur kurzfristig sicherer für den Rad- und Fußverkehr gemacht werden kann. Der Leitfaden ist als Loseblattsammlung angelegt und wird stetig erweitert. Ziel ist es, die Kommunen dabei zu unterstützen, auch in Zeiten knapper Kassen die Verkehrssi­cherheit und den Fahrkomfort für Radfahrende auf Radrouten kurzfristig zu verbessern und Lücken im Radwegenetz zu schließen. Dabei ersetzen diese Optimierungen für Radfahrende durch Markierungen und kleinere bauliche Maßnahmen nicht den notwendigen Ausbau einer hochwertigen Radverkehrsinfrastruktur.

Ziel des Infrastrukturausbaus ist es, qualitativ hochwertige direkte Radwegeverbindungen zu schaffen. Dieses Ziel wird, je nach Belastungsstärke der Routen in den Regionen Nordrhein-Westfalens, über unterschiedliche Ausbaustandards erreicht. Hierbei erweisen sich die Vor­gaben zu Mindeststandards bei Radschnellwegen von 4 Meter Fahrbahn plus 2,50 m Fußweg an einigen Stellen als Rahmenbedingungen, die je nach Örtlichkeit zu erheblichem planeri­schem und baulichem Aufwand führen können. Dies entspringt einerseits dem richtigen An­spruch an die Radschnellwege als “Premium-Produkt” der Radverkehrsinfrastruktur. Anderer­seits kann dies die Planungs- und Bauzeiten auf einzelnen Abschnitten verlängern, weshalb bestimmte Lücken auf der RSW-Verbindung länger zu bestehen drohen. Daher erscheint es sinnvoll, ausnahmsweise auch kurzfristige Verbesserungen als erste Ausbaustufe in den Blick zu nehmen, wo dies sinnvoll ist.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Der Radverkehr in NRW hat großes Potenzial. Um dieses zu heben, wird eine Stra­ßeninfrastruktur benötigt, die für Radfahrende sicher, komfortabel und durchgängig zu nutzen ist.
  • Die Landesregierung trägt durch die Umsetzung des FaNaG NRW, durch die finanzielle Förderung des Radverkehrs in Kommunen und durch Erlasse aktiv dazu bei, die Rad­verkehrsinfrastruktur in NRW nachhaltig zu verbessern.
  • Notwendig ist der Ausbau von Radwegen und die Umgestaltung bestehender Straßen für mehr Sicherheit und Komfort von Radfahrenden als dauerhafte Zielsetzung.
  • Durch Nutzung von Ermessensspielräumen im Straßenverkehrsrecht und durch kleinere und schnell wirksame, vorläufige Maßnahmen kann kurzfristig die Sicherheit und der Komfort für den Radverkehr erhöht werden.
  • Kleinere Sofortmaßnahmen schaffen keinen vollwertigen dauerhaften Ersatz für notwen­dige eigenständige Radwege und größere Umbaumaßnahmen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen der verfügbaren Mittel

  • auf Straßen in der Zuständigkeit des Landes Interimslösungen gemäß AGFS-Leitfaden wie beispielsweise Schutzstreifen außerorts, Piktogrammketten, Neuaufteilung beste­henden Verkehrsraums, Überleitungen von Radverkehr auf die Fahrbahn und sichere Gestaltung von Ortseingängen in Abstimmung mit den Straßenverkehrsbehörden zu prüfen und als Unterhaltungsmaßnahmen umzusetzen und dabei sicherzustellen, dass die überörtliche Verbindungsfunktion für PKW erhalten bleibt,
  • bei dieser Umsetzung Maßnahmen innerhalb des NRW-Radroutennetzes sowie des in Erstellung befindlichen Radvorrangnetzes besonders in den Fokus zu nehmen,
  • den Städten, Gemeinden und Kreisen sowohl in ihrer Funktion als Straßenbaulastträger wie auch als Straßenverkehrsbehörden die Anwendung der AGFS-Leitfäden proaktiv zu empfehlen,
  • die Förderrichtlinie Nahmobilität bei der nächsten Anpassung dahingehend zu überprü­fen, dass Sofortmaßnahmen gemäß AGFS-Leitfaden förderfähig sind, mit einer kurzen Zweckbindungsdauer. Dabei sollte für kleine Maßnahmen ein Antragsverfahren vermie­den und stattdessen die fortdauernde Fördermöglichkeit im Rahmen von Pauschalierun-gen genutzt werden,
  • Straßenverkehrsbehörden und Straßenbaubehörden durch Beratungsangebote zu un­terstützen, wie im Rahmen des geltenden Straßenverkehrsrechts durch straßenver­kehrsrechtliche Anordnungen die Sicherheit entscheidend erhöht werden kann, wo Stre­ckenführungen oder Kreuzungen für den Fuß- oder Radverkehr unsicher sind, weil ei­gene Verkehrsanlagen noch fehlen,
  • die Sicherheit für Radfahrende zu erhöhen, indem als Standard auf Landes- und Bun­desstraßen durch flächige Rotmarkierungen von Radverkehrsführungen an Kreuzungen und Einmündungen als straßenbauliche Maßnahme auf querenden Radverkehr auch entlang von Landesstraßen hingewiesen wird. Die Umsetzung kann sukzessive im Rah­men der üblichen Sanierungen und Neumarkierung an Straßen als Unterhaltungsmaß­nahme erfolgen,
  • zu prüfen, ob in Ausnahmefällen für Teilabschnitte von Radschnellwegen bei erhebli­chem planerischem und baulichem Aufwand zur Herstellung des langfristigen Standards auch die Option einer kurzfristig realisierbaren “ersten Ausbaustufe” möglich ist und wie dies planerisch und bei der Finanzierung berücksichtigt werden kann. Die Landesregie­rung soll sich beim Bund dafür einsetzen, die bestehende Verwaltungsvereinbarung „Radschnellwege 2017 – 2030“ dahingehend anzuwenden.
  • im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen die Einführung eines digitalen Informationsportals zu prüfen, welches Maßnahmen und In­formationen für attraktive Nahmobilität in Nordrhein-Westfalen bündelt und übersichtlich präsentiert.