Ingewahrsamnahme von Theologen und eines Begleiters bei „Datteln IV“

Kleine Anfrage von Verena Schäffer, Josefine Paul und Wibke Brems

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Portrait Josefine Paul
Portrait Wibke Brems 5-23

Medien berichteten darüber, dass in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 2020 in der Nähe des Kraftwerks „Datteln IV“ drei Personen in polizeilichen Gewahrsam genommen wurden, von denen zwei Personen Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter des Instituts für Theologie und Politik (ITP) in Münster sind. Das Institut betreibt seit über 25 Jahren Forschungs- und Bildungsarbeit an der Schnittstelle von Kirche und sozialen Bewegungen.
Den Angaben der Sprecherin der Polizei Recklinghausen zufolge, musste die Polizei „davon ausgehen, dass sie [Anm.: die in Gewahrsam Genommenen] Straftaten begehen […]“ (MünsterscheZeitung.de, Münsteraner in Datteln festgenommen, 05.02.2020 – https://www.muensterschezeitung.de/Lokales/Staedte/Muenster/4121578-Kraftwerks-Besetzung- Muensteraner-in-Datteln-festgenommen (11.02.2020).). Laut Polizei sollen sich die Personen auffällig verhalten haben. Sie sollen Kenntnisse darüber gehabt haben, wie man auf das Gelände des Kraftwerks gelange, weil sie schon an entsprechenden Aktionen beteiligt gewesen sein sollen. Die drei Personen sollen ferner „entsprechende Gegenstände“ bei sich gehabt haben. Nach wenigen Stunden sollen die Personen entlassen worden sein.
Aus Sicht der betroffenen Personen stellt sich die Situation anders dar (Institut für Theologie und Politik (Münster), Pressemitteilung vom 06.02.2020 – https://www.itpol.de/theologinnen-ueber-nacht-eingesperrt/ (11.02.2020). Sie werfen der Polizei vor, das Geschehen unzutreffend darzustellen, um eine grundlose Ingewahrsamnahme im Nachhinein zu rechtfertigen.
Nach einer Kontrolle der Fahrzeugpapiere und der Personalien sollen die Theologin, der Theologe und ihr Begleiter samt Fahrzeug auf gefährliche Gegenstände durchsucht worden sein. Obwohl die Polizei keine auffälligen Gegenstände gefunden haben soll, sollen alle drei Personen in einem Gefangenentransporter in das Polizeipräsidium gebracht worden sein. Dort sollen sie aufgefordert worden sein, sich bei halboffenen Türen vollständig zu entkleiden. Sie sollen in Einzelzellen gesperrt worden sein, wo sie die Nacht in Unterwäsche verbracht haben sollen.
Als Begründung der Maßnahme soll die Einschätzung der Polizei mitgeteilt worden sein, man nehme an, dass sich die drei Personen eventuell an Protestaktivitäten beteiligen wollten. Straftaten sollen ihnen zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen worden sein.
Erst um 10 Uhr am nächsten Morgen sollen alle drei Personen freigelassen worden sein. Ihnen soll ein dreimonatiges Betretungsverbot für eine mehrere Quadratkilometer umfassende Zone rund um das Kraftwerk erteilt worden sein.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.         Wie bewertet Innenminister Reul die oben beschriebene polizeiliche Maßnahme gegen die drei genannten Personen? (Wir bitten um eine ausführliche Erläuterung und Bewertung der Maßnahme.)
2.         Aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme welcher Gefahr wurden die betroffenen Personen in polizeilichen Gewahrsam genommen?
3.         Warum mussten sie sich im Gewahrsam bei halb geöffneten Türen entkleiden?
4.         Warum mussten sie im Gewahrsam die Nacht lediglich in Unterwäsche verbringen?
5.         Warum wurde ihnen ein Betretungsverbot für welches Gebiet aufgrund welcher Tatsachen erteilt?