Die Führungsrolle von Nordrhein-Westfalen im Kampf gegen Finanzkriminalität digital und global weiter ausbauen

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag

Portrait Simon Rock

I. Ausgangslage

Nordrhein-Westfalen steht für den Kampf gegen Finanzkriminalität wie kein anderes Bundes­land. Parteiübergreifend haben Landesregierungen in den vergangenen Jahrzehnten Steuer­gerechtigkeit forciert. CDU und Grüne haben dieses Ziel in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen unterstrichen. Die Landesregierung lässt diesem Versprechen Taten folgen: Bereits zum 1. Januar 2024 wurde durch die Gründung des Landesamts zur Bekämp­fung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) ein wichtiger Schritt zur Bün­delung und zum Ausbau der Arbeit der Steuerfahndung gegangen. Während die Herausforde­rungen und die Facetten der Finanzkriminalität immer vielfältiger, digital vernetzter und globa­ler werden, reagiert Nordrhein-Westfalen mit dem neuen LBF NRW und agileren Strukturen auf diesen Wandel. Die neue Behörde ist einerseits dezentral organisiert, regional verankert und in der Fläche präsent.

Andererseits kann die Steuerung von Personal und Fällen zentral und somit flexibel und effi­zient unter dem Dach des Düsseldorfer Standorts erfolgen. Der erste Schritt des Aufbaus des LBF NRW ist zum 1. Januar 2024 abgeschlossen worden, zum 1. Januar 2025 erfolgt der zweite Schritt des Behördenaufbaus durch die Integration aller zehn bestehender Finanzäm­tern für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung.

Finanzkriminalität ist kein örtliches und analoges Phänomen, sondern zunehmend digital und über Ländergrenzen hinweg vernetzt. Daher muss der digitale Raum auch ein Schwerpunkt im Kampf gegen Finanzkriminalität sein. Im LBF NRW wird zu diesem Zweck ein eigenes IT-Kompetenzzentrum aufgebaut. Methoden der digitalen Forensik sollen hier beispielsweise ent­wickelt, bereits vorhandene Methoden weiterentwickelt werden. Ebenso entscheidend ist etwa die enge Zusammenarbeit mit der im Jahr 2021 eingerichteten Europäischen Staatsanwalt­schaft und anderer relevanter Strukturen auf Bundesebene, in Europa und der Welt. Eventuell bestehende Hemmnisse zwischen bundesweiten, europäischen und globalen Akteuren im Kampf gegen Finanzkriminalität müssen erkannt und abgebaut werden. Hierzu bietet der Auf­bau des LBF NRW beste Voraussetzungen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • In der Tradition des nordrhein-westfälischen Kampfes gegen Finanzkriminalität geht die Landesregierung mit der Gründung des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkrimina­lität einen konsequenten nächsten Schritt.
  • Der Wandel der Finanzkriminalität hin zu digitalen und global vernetzten Aktivitäten fordert die bestehenden Strukturen in Nordrhein-Westfalen stark heraus. Die Fokussierung der Landesregierung auf diesen Wandel ist zu begrüßen.
  • Der Landtag unterstützt die Landesregierung im Kampf gegen Finanzkriminalität und be­gleitet den Aufbau des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität konstruktiv.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, aus vorhandenen Mitteln,

  • sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Finanzverwaltung, die Polizei und die Justiz im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz zeitnah alle notwendigen Kompetenzen und rechtlichen Grundlagen erhalten, um die koordinierte Durchsetzung von Sanktionen zu intensivieren.
  • sich gegenüber der Bundesregierung außerdem dafür einzusetzen, im Rahmen eines Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetzes ein praktikables und leicht administrierbares Verfahren zur Vermögensermittlung zu schaffen, das neben den zentralen Stellen im Bund auch den Strafverfolgungsbehörden der Länder zur Verfügung steht.
  • die Arbeit der zuständigen Behörden zur Sanktionsdurchsetzung zu unterstützen, indem sie auf geeignetem Weg proaktiv mit Informationen versorgt werden, die in der Finanzver­waltung, bei der Polizei und bei der Justiz vorliegen.
  • vor dem Hintergrund des Anstiegs der Fallzahlen und ihrer Komplexität sicherzustellen, dass die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen noch stärker auf eine Zusammenarbeit mit der in 2021 eingerichteten Europäischen Staatsanwaltschaft (EUSTA) ausgerichtet wird und hierfür eine Überprüfung der nötigen Sach- und Personalmittel erfolgt.
  • sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die zentrale Stelle zur Ko­ordinierung von Prüfungsmaßnahmen in länder- und staatenübergreifenden Umsatz­steuer-Betrugsfällen (KUSS) beim Bundeszentralamt für Steuern verstärkt ihre Koordinierungs- und Analysefunktion im Zusammenhang mit EuStA-Verfahren übernimmt und hierzu mit notwendigen Personal- und Sachmitteln ausgestattet wird.
  • Hemmnisse in der Zusammenarbeit zwischen Polizei, Zoll, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, BKA und FIU konsequent zu beseitigen und hierzu sicherzustellen, dass in Anwendung der bestehenden Ermächtigung des § 30 Absatz 6 AO seitens der Steuerfahndung klare Zuständigkeiten für die Auskunftserteilung aus sämtlichen Systemen der Finanzverwaltung gegenüber anderen inländischen und ausländischen Ermittlungsbehörden und Behörden für die Koordinierung der Geldwäschebekämpfung bestehen.
  • gemeinsam mit Bund und Ländern zu prüfen, ob die einschlägigen Vorschriften zu den Ausnahmen des Steuergeheimnisses für eine effektive Bekämpfung der Finanzkriminalität einer Anpassung bedürfen.
  • automatisierte Datenabgleiche bei der Steuerfestsetzung, beispielweise durch Vergleiche der KFZ-Steuer (Bundesfinanzverwaltung) mit der Einkommensteuer (Landesfinanzverwaltung), intensiver zu nutzen. Automatisierte Prozesse können zur Feststellung steuer­rechtlicher Auffälligkeiten in den Bereichen Geldwäsche, Sanktionsdurchsetzung, Transparenzregisterverstöße und Steuerhinterziehung genutzt werden und ermöglichen somit eine Vorselektion auffälliger Fälle für Prüferinnen und Prüfer und eine effizientere Arbeit der Finanzverwaltung.
  • gegenüber dem Bund einen geeigneten automatisierten Datenaustausch mit Blick auf Be­trugsmodelle einzufordern. Es ist sicherzustellen, dass der Finanzverwaltung in NRW sämtliche Erkenntnisquellen etwa im Bereich der Steuerhinterziehung weder verschlossen noch ungenutzt bleiben.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Planungen zum Einsatz von kooperativ entwickel­ten KI-Tools frühzeitig einzubinden und zu schulen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Expertinnen und Experten in der Frage, welche Aufgaben durch KI übernommen werden können. Eine frühzeitige Schulung ermöglicht darüber hinaus einen zeitnahen und effizien­ten Einsatz bereitzustellender KI-Tools.
  • im Kontext von Umsatzsteuerbetrug internetbasierte Erkenntniswege auszuweiten und da­bei insbesondere die umsatzsteuerpflichtigen Geschäfte der E-Commerce-Branche sowie die Umsätze sogenannter Influencer in den Blick zu nehmen.
  • auf Bundesebene einzufordern, dass die notwendigen rechtlichen und technischen Vo­raussetzungen geschaffen werden, um Zahlungsdienstleister auch durch das neu gegrün­dete Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF) als Informationsquellen zu nutzen. Ziel sollten außerdem entsprechende Strukturen innerhalb des LBF sein, um Mel­dungen aus dem zentralen elektronischen Zahlungsinformationssystem (CESOP) der EU konsequent nachzugehen und diese automationsgestützt zu nutzen.