Ausnahmen von der LKW-Maut gerecht und nachvollziehbar gestalten

Portrait Martin Metz

Entschließungsantrag zum Antrag der FDP-Fraktion „Keine Mautpflicht für Garten- und Landschaftsgärtner“ (sic!) – Drucksache 18/9469

I. Ausgangslage

Die Einführung der erweiterten Mautpflicht für Fahrzeuge ab einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ab dem 1. Juli 2024 gemäß dem Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) hat insbesondere wegen der Systematik und Folgeabschätzung der beschlossenen Ausnahmere­gelungen zu erheblichen Diskussionen geführt. Ob ein Fahrzeug aus dem Anwendungsbe­reich einer Mautpflicht ausgenommen wird, hängt aktuell (Stand: Anfang Juni 2024) davon ab, ob das Gewerbe in der Liste der handwerklichen Tätigkeiten des Bundesamtes für Logistik und Mobilität (BALM) enthalten ist, welche im März 2024 veröffentlicht wurde. Diese Liste be­ruht auf der Handwerkerordnung (HwO) und enthält 163 handwerkliche und handwerksähnli­che Berufe, die von der Mautpflicht ausgenommen sind. Sowohl das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) als auch das BALM verstehen diese Liste nach bisherigem Wortlaut als abschließend.

Vertreterinnen und Vertreter aus dem Garten- und Landschaftsbau, sowie weitere Verbände handwerksnahen/-ähnlichen Gewerbes haben auf diesen Sachverhalt und eine damit verbun­dene Ungleichbehandlung vergleichbarer Tatbestände frühzeitig aufmerksam gemacht. Die angestrebte Regelung führe dazu, dass eine erhebliche Anzahl ähnlicher dienstleistungsori­entierter Betriebe außerhalb des Handwerks nicht von der Mautpflicht befreit sind.

Von der Maut sind durch diese sogenannte „Handwerkerausnahme“ auf der Grundlage der Liste des BALM Garten- und Landschaftsbauer oder beispielsweise Veranstaltungstechniker nicht befreit. Auch wenn diese Gewerbe nicht als Handwerk im klassischen Sinn beurteilt wer­den, sind Verfahren, Dienste, sowie An- und Abfahrt zum Arbeitsort substanziell vergleichbar mit Handwerksberufen, inklusive der Notwendigkeit des Transportes von Werkzeug und Ma­terial.

In Anbetracht der Angemessenheit, Dringlichkeit und sozioökonomischen Relevanz einer ge­botenen Gleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte in Bezug auf die Mautpflicht auf Bun­desfernstraßen und Bundesautobahnen ist es daher angezeigt, die Regelungen im Hinblick auf ihre praktischen Konsequenzen zu prüfen, sachgemäß zu hinterfragen und richtigzustellen.

Das Gesetz sieht in der neuen Fassung des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 10 BFStrMG eine Befreiung der mit dem Handwerk vergleichbaren Tätigkeiten von der Maut bereits explizit vor. Schon aufgrund der bewusst offenen Formulierung im Gesetz, die die mit dem Handwerk vergleich­baren Berufe und Tätigkeiten in die Ausnahme von der Maut aufnimmt, ist die Veröffentlichung einer als abschließend anzusehenden Liste nicht nachvollziehbar.

Hier ist auch zu beachten, dass die Absicht des EU-Gesetzgebers – wie anhand des Wortlauts der zugrunde liegenden EU-Richtlinie klar erkennbar – von vornherein eine weitgefasste Aus­nahmeregelung war, bei der „Beruf“ nicht im Sinne spezifischer Berufsbilder oder Ausbildungs­gänge zu verstehen war, sondern allgemeiner als professionelle, gewerbliche Dienstleistungs­tätigkeit jenseits eines reinen Transportvorgangs.

Das BALM ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Verkehr und Digitales. Es liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, Glei­ches gleich zu behandeln und Ungleichbehandlungen auszuschließen.

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft vertritt hingegen die Position, dass der Garten- und Landschaftsbau von der LKW-Maut auszunehmen ist.

Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich bereits im April in einem Schreiben mit konkreten Lösungsvorschlägen an den Bundesver­kehrsminister gewandt; es gibt leider bisher keine Hinweise oder Anzeichen, dass der Bun­desverkehrsminister Dr. Volker Wissing in dieser Frage eine Korrektur der formalistischen Hal­tung des BALM veranlasst hätte.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Die aktuelle Regelung im Bundesfernstraßenmautgesetz zu Ausnahmen von der LKW-Maut stellt eine unbegründete und absehbar nicht zu begründende Ungleichbehand­lung dar.
  • Es existieren dienstleistungsorientierte Berufsgruppen, insbesondere Garten- und Land­schaftsbauer, die ihre Aufgaben unter vergleichbaren Bedingungen ausüben wie von der Mautpflicht ausgenommene Handwerker, die jedoch nicht in der Liste für handwerkliche Tätigkeiten aufgeführt werden.
  • Es ist nicht nachvollziehbar, kontraproduktiv und nicht zu vermitteln, dass diese Berufs­gruppen bei der Befreiung von der Mautpflicht bisher nicht berücksichtigt wurden und so­mit benachteiligt sind mit der Absehbarkeit wirtschaftlicher und sozialer Verwerfung.
  • Die Zuständigkeit für diese Regelung und für die Missverhältnisse, die sie zum jetzigen Zeitpunkt bedingen, liegt allein beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • sich weiterhin dafür einzusetzen, dass das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit dem ihm unterstellten Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) eine Überarbeitung der „Liste der handwerklichen Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 BFStrMG“ vornimmt und insgesamt eine plausible und bürokratiearme Regelung findet, die keine un­verhältnismäßige Benachteiligung enthält und im Alltag für alle Beteiligten praktikabel ist. Entscheidend sein muss, ob es sich im Kern um Güterkraftverkehr handelt oder ob der eigentliche Sinn der LKW-Nutzung in übergreifenden Dienstleistungen besteht.