Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten verbessern, dem Arbeits- und Fach­kräftemangel entgegenwirken – qualifizierten Geduldeten eine dauerhafte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis ermöglichen

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Benjamin Rauer

I. Ausgangslage

Unabhängig von der aktuellen Krise bleibt der Engpass an Arbeits- und Fachkräften eine der größten strukturellen Herausforderungen der Wirtschaft und Gesellschaft in Nordrhein-West­falen. Dieser hat vielfältige und breit diskutierte Ursachen, wie etwa der demographische Wan­del oder der Trend zur Akademisierung, die nicht immer den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes entspricht. Der Rückgang von neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen verschärft diese Lage weiter. Zudem scheiden jedes Jahr erheblich mehr Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt aus als neue eintreten.

Um diese Herausforderungen zu meistern, braucht es ein modernes Einwanderungsrecht. Nordrhein-Westfalen ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Davon profitiert unser Land in vielerlei Hinsicht. Im Bundesvergleich ist Nordrhein-Westfalen Vorreiter im Bereich der In-tegrations- und Teilhabepolitik und das einzige Bundesland mit einer entsprechenden gesetz­lichen Regelung.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN will die Herausforderungen und Realitäten be­wältigen, die Wirtschaft stärken und die Teilhabeprozesse fördern. Dies gilt hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, die für alle Branchen stärker als bisher vo­rangetrieben werden muss. Zudem gilt dies für die Erweiterung von legalen Zuzugsoptionen für Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland. Dies gilt in gleicher Weise für Menschen, die in unserem Land leben, sich gut integriert haben, die Werte des Grundgesetzes leben, ihren Lebensunterhalt selbstständig bestreiten, die deutsche Sprache sprechen und eine Bereiche­rung für unseren Arbeitsmarkt sein können.

Wir möchten es Betroffenen und Betrieben erleichtern, einen Ausbildungsvertrag abzuschlie­ßen und anknüpfende Beschäftigungsperspektiven zu eröffnen. Hierbei stellt die sogenannte 3+2-Regelung des Aufenthaltsgesetzes ein wichtiges Instrument dar. Sie ermöglicht einer ge­duldeten Person, einen gesicherten Aufenthaltsstatus für die Zeit einer Ausbildung (meist drei Jahre) und dann für zunächst weitere zwei Jahre zu erhalten, um im gelernten Beruf tätig zu sein.

Um Verbesserungen für die Betroffenen und die Wirtschaft zu ermöglichen, ist der bundesge­setzliche Rahmen zu überarbeiten.

Landesseitig können die bestehenden Regelungen übergangsweise wohlwollend ausgelegt werden, die Geduldeten und Betrieben die Sicherheit geben, dass die geduldete Person wei­terhin im Betrieb arbeiten und in Nordrhein-Westfalen leben kann.

Die Landesregierung veröffentlichte im Mai 2021 Anwendungshinweise für die 3+2-Regelung, um die im Aufenthaltsgesetz vorhandenen Spielräume konsequent zu nutzen und Rechtssi­cherheit zu schaffen. Für den Erfolg dieses Instruments ist es wichtig, dass den Betroffenen wie den kleinen und mittelständischen Unternehmen diese Informationen in Kooperation mit Industrie-, Handels- und Handwerkskammern sowie den vielfach vor Ort etablierten Netzwer­ken niedrigschwellig zur Verfügung gestellt werden.

Ergänzt wird dieser aufenthaltsrechtliche Rahmen durch Qualifizierungsmaßnahmen. Pro­gramme sowie Sprachkursangebote, die für alle Geflüchteten offenstehen, leisten einen wich­tigen Beitrag dafür, dass auch Geduldete wichtige Kompetenzen erlernen, die es ihnen ermög­lichen, sich ein selbstständiges Leben aufzubauen und am gesellschaftlichen Leben teilzuha­ben.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN wird die Vorreiterrolle von Nordrhein-Westfalen im Bereich der Einwanderungs- und Integrationspolitik mit Blick auf die Bedürfnisse der Be­troffenen ausbauen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Die sogenannte 3+2 Regel und die hierzu veröffentlichen Erlassregelungen des Landes dienen als Rahmen, um die bundesgesetzliche Regelung auszuschöpfen. Sie helfen, benötigte Arbeits- und Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen und fördern so die Teilhabe in unserer Gesellschaft.
  • Viele Betriebe möchten die gut ausgebildeten und gut integrierten Arbeits- und Fach­kräfte dauerhaft beschäftigen. Geduldete Personen, sowie Ausbildungsbetriebe und Un­ternehmen, die auf der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften sind, leiden jedoch an der mangelnden aufenthaltsrechtlichen Sicherheit, diese einzustellen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • weiterhin die bestehenden Rahmenbedingungen auszuschöpfen, damit Menschen in Nordrhein-Westfalen der Zugang zum Arbeitsmarkt und damit zur gesellschaftlichen Teilhabe erleichtert wird.
  • zu prüfen, inwieweit weitere rechtliche Erleichterungen und Maßnahmen auf Landes­ebene möglich sind, um insbesondere junge Geduldete bei dem Erlernen der deutschen Sprache vor und während einer Ausbildung sowie bei der Ausbildungssuche zu unter­stützen;
  • sich mit der Wirtschaft, insbesondere den Berufskammern und Berufsverbänden, aus­zutauschen, um weitere Informationsbedarfe und Verbesserungspotenzial der geltenden rechtlichen Regelungen insbesondere der 3+2-Regelung zu identifizieren und Informati­onsangebote auszubauen;
  • sich im Rahmen der angekündigten Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene für ge­eignete Lösungen und Erleichterungen zur Arbeitsaufnahme einzusetzen.