Die Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen, den genannten Gesetzentwurf wie folgt zu ändern:
- Die Präambel wird wie folgt geändert:
a. In Ziffer 1 wird nach dem Wort „gedeihliches,“ das Wort „chancengerechtes,“ eingefügt.
b. Ziffer 2 wird wie folgt gefasst:
„jeglichen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, Abstammung, Herkunft, Religion, sexueller und geschlechtlicher Identität oder Behinderung wie zum Beispiel Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus und antimuslimischem Rassismus entschieden entgegenzutreten ist und Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen Diskriminierung zu stärken sind,“ - § 2 wird wie folgt geändert:
a. In Absatz 4 wird nach den Wörtern „antimuslimischen Rassismus,“ das Wort „Sexismus,“ eingefügt.
b. Absatz 5 werden folgende Sätze angefügt:
„Die Integrationspolitik des Landes unterstützt Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Unabhängig von Einwanderungs- oder Aufenthaltsstatus unterstützt sie Menschen, die von rassistischer oder anderer Diskriminierung betroffen sind.“
- In § 3 Absatz 6 wird Satz 2 wie folgt gefasst:
„Auf die verbindliche Berücksichtigung von interkultureller Kompetenz und Rassismus-sensibilität ist im Rahmen von Aus-, Fort- und beruflicher Weiterbildung der Beschäftigten hinzuwirken.“
- § 7 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a. In Satz 1 werden nach dem Wort „entgegenzuwirken“ die Wörter „und das Empowerment von Betroffenen zu unterstützen“ eingefügt.
b. Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:
„Das Land räumt präventiven Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung und Mehrfachdiskriminierung Vorrang ein.“
- In § 8 Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:
„Das Integrationskonzept soll die Zusammenarbeit und Abstimmung mit freien Trägern vorsehen.“
- § 10 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht und gilt entsprechend für die Kinder Asylsuchender in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes. Nordrhein-Westfalen kommt dem Recht auf Bildung der Kinder Asylsuchender für die Dauer des Aufenthalts in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) durch ein schulnahes Bildungsangebot nach. Das Land gewährleistet nach den Bestimmungen des Schulgesetzes NRW in der jeweils geltenden Fassung den schnellstmöglichen Zugang zu einer Regelschule.“
- In § 12 Absatz 3 werden in den Sätzen 2 und 3 die Wörter „muslimischer und alevitischer“
jeweils durch die Wörter „muslimischer, alevitischer und anderer“ ersetzt.
Begründung:
Am 1. Oktober 2021 hat der Integrationsausschuss eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein „Gesetz zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen (Teilhabe- und Integrationsgesetz – TIntG)“ durchgeführt. Aus dieser Anhörung sowie den weiteren Beratungen der Fraktionen hat sich Änderungs- und Anpassungsbedarf zum Entwurf ergeben. Diesem soll mit den aufgeführten Änderungen entsprochen werden.
Zu Nummer 1.
a. Zu einem gedeihlichen, respekt- und friedvollen Zusammenleben zählt auch der Aspekt der Chancengerechtigkeit. Diese Ergänzung zielt nicht auf eine absolute Gleichberechtigung ab, da bspw. einzelne Rechte auf deutsche Staatsangehörige begrenzt sind. Vielmehr soll ausgedrückt werden, dass sich alle Menschen ohne Benachteiligungen auf Augenhöhe begegnen sollen.
b. Einerseits handelt es sich um eine redaktionelle Änderung mit der die allgemeinen Aspekte von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung der Nennung konkreter Formen vorangestellt werden sollen. Andererseits soll der Auftrag betont werden, dass Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gezielt zu stärken sind.
Zu Nummer 2.
a. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bis hin zur Frauenfeindlichkeit bedroht Frauen mit und ohne Einwanderungsgeschichte. Deshalb ist bei den konkreten Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit die explizite Aufnahme des Sexismus angezeigt, so werden bspw. auch Homo- und Transfeindlichkeit im Gesetzestext aufgeführt.
b. Auch Menschen mit internationaler Familiengeschichte über mehrere Generationen, die nach Definition dieses Gesetzes keine Einwanderungsgeschichte haben, sind häufig Diskriminierungen und Anfeindungen aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens, ihrer Religion oder anderer gesellschaftlicher Zuschreibungen anhand äußerer Merkmale ausgesetzt. Mit der Ergänzung soll ausgedrückt werden, dass auch diese Menschen als Zielgruppe der Integrationspolitik vom Gesetz erfasst werden.
Zu Nummer 3.
In Maßnahmen und Veranstaltungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Landesbeschäf-tigten sollen neben interkulturellen Kompetenzen weitere Inhalte behandelt werden, um insbesondere die Kompetenz gegenüber Rassismus zu erweitern. Mit dem Begriff „hinzuwirken“ anstelle des Begriffs „anzustreben“ soll eine stärkere Verbindlichkeit hinsichtlich der Berücksichtigung dieser Inhalte ausgedrückt werden, soweit dies bei Fort- und Weiterbildungen durch Angebote Dritter umsetzbar ist.
Zu Nummer 4.
a. Über die Beratung und Unterstützung in Diskriminierungsfällen hinaus sollen von Diskriminierung Betroffene gezielt durch geeignete Maßnahmen gestärkt werden.
b. Neben den eher reaktiven Maßnahmen zur Unterstützung von Betroffenen sollen Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, Diskriminierung vorzubeugen, wie bspw. zum Verständnis kultureller Vielfalt und zum Abbau von Vorurteilen langfristig stärker betont werden.
Zu Nummer 5.
Freie Träger sind ein wichtiger Bestandteil in der kommunalen Integrationsstruktur. Die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Integrationsprozesse hat lange Tradition in Nordrhein-Westfalen und ist in den Förderungsrichtlinien auch vorgesehen. Die Zusammenarbeit von Kreisen und kreisfreien Städten mit freien Trägern soll deshalb auch als Bestandteil des Integrationskonzepts im Gesetz aufgenommen werden.
Zu Nummer 6.
Für Kinder und Jugendliche von Asylsuchenden, die einen Asylantrag gestellt haben, beginnt die Schulpflicht in Nordrhein-Westfalen und damit der Zugang zu Regelschulen nach den Bestimmungen des Schulgesetzes NRW, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind. Mit der Einrichtung eines schulnahen Bildungsangebots in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes erhalten auch die Kinder und Jugendlichen von Asylsuchenden in Nordrhein-Westfalen, die in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen untergebracht sind, unabhängig von ihrer Bleibeperspektive unmittelbar nach Ankunft in Deutschland einen auf deren besondere Bedürfnisse angepassten Zugang zum Bildungssystem. Damit kommt das Land dem Recht auf Bildung dieser Kinder und somit Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention für den begrenzten Zeitraum des Aufenthalts in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen nach. Die Zuweisung von Familien mit schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen in die Gemeinden erfolgt in der Regel nach sechs Monaten. Diese Zusammenhänge und Erwägungen sollen durch die Änderung des Absatzes verdeutlicht werden.
Zu Nummer 7.
Die Förderung des gesellschaftlichen Engagements von Muslimen und Aleviten mit der zu diesem Zweck eingerichteten Koordinierungsstelle und die Neuausrichtung des Dialogs mit den islamischen Verbänden sollen gesellschaftlicher Diskriminierung und antimuslimischem Rassismus entgegenwirken sowie zur besseren Partizipation von Muslimen und Aleviten beitragen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Eine besondere Förderung dieser Personengruppen und deren Verankerung im Gesetz ist aus diesen Erwägungen gerechtfertigt. Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Landes wird dabei gewahrt, da es sich nicht um Religionsausübung bzw. religionsbezogene Inhalte handelt und dieser Bereich des gesellschaftlichen Engagements bislang nicht wie bei christlichen oder jüdischen Verbänden wohl-fahrtlich organisiert ist und daher nicht unmittelbar über Absatz 1 gefördert werden kann. Die Vielfalt religiöser Herkünfte ist aber auch durch die Einwanderung seit 2015 gestiegen. Um diese Entwicklung zu berücksichtigen, vergleichbare Formen gesellschaftlichen Engagements von Vereinen, Verbänden und Initiativen mit religiöser Prägung bzw. Werteorientierung einzubeziehen und eine Einengung nur auf Muslime und Aleviten zu vermeiden, soll eine offenere Formulierung gewählt werden.