Vom nahenden Atomausstieg ist in NRW kaum etwas zu sehen. Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage macht deutlich, viele Fragen zum Umgang mit den strahlenden Hinterlassenschaften sind noch immer ungeklärt.
Ende 2022 werden die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen und damit die Ära der kommerziellen Stromerzeugung durch Kernenergie in Deutschland enden. Über die wirtschaftliche Bedeutung und die Aktivitäten der Atomwirtschaft gibt es bisher keine detaillierten öffentlichen Informationen. Dazu haben wir in unserer Großen Anfrage 200 Fragen an die Regierung Laschet gestellt.
In NRW ist schon seit über 20 Jahren kein Atomkraftwerk mehr in Betrieb. Und doch verdienen Unternehmen heute und auch nach dem Atomausstieg 2022 in NRW mit der kommerziellen Atomkraft viel Geld. Allein im Jahr 2019 wurden ca. 350 Millionen Euro in privaten Unternehmen erwirtschaftet, während das atomare Erbe den Haushalt schwer belastet.
In NRW stehen mit dem AVR-Versuchsreaktor in Jülich und dem THTR-Reaktor in Hamm zwei Mahnmale für die großen Atomträumereien der Vergangenheit. Fast zwei Milliarden Euro wird uns als Gesellschaft der Rückbau nach aktuellen Schätzungen kosten. Den Landeshaushalt werden alleine diese zwei Projekte mit hunderten Millionen Euro belasten.
Unklar ist weiterhin die künftige Lagerung der abgebrannten Brennelemente des AVR-Versuchsreaktors in Jülich. Eine Lösung für die Atomkugeln ist noch immer nicht in Sicht. Wir sind weiterhin der Meinung, dass der Neubau eines Zwischenlagers in Jülich die verantwortungsvollste Option wäre, sofern die Anforderungen an den Erdbebenschutz vollumfänglich sichergestellt werden können.
An mehreren Orten wird nuklearer Abfall in NRW behandelt und gelagert. Die eingelagerte Menge Atommüll hat sich im Jahr 2020 erneut erhöht. An den Standorten Jülich, Gronau, Ahaus und Krefeld stieg sie um zusammen 583 Tonnen. Die Zahl der Atomtransporte ist im Jahr 2020 um 47 Prozent zurückgegangen. Allerdings nahm die transportiere Masse nur neun Prozent gegenüber 2019 ab.
In Würgassen soll ein weiterer Standort der Atomwirtschaft mit dem Bau eines Bereitstellungslagers/Logistikzentrums für schwach- und mittelradioaktiven Abfall entstehen. Die Mehrzahl der Standorte der Atomwirtschaft sind notwendig für den verantwortungsvollen Umgang mit den Hinterlassenschaften der kommerziellen Atomenergienutzung. Ganz anders verhält es sich mit Urananreicherungsanlage in Gronau. Wie in den Vorjahren sticht sie bei den Urantransporten hervor. Sie ist für etwa die Hälfte der transportierten Atommasse in NRW im vergangenen Jahr verantwortlich und für fast 85 Prozent der Exporte. Dahinter verbergen sich zum Großteil die unverantwortlichen Exporte von als Wertstoff deklariertem Atommüll nach Russland. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass Urenco die von Putin abgeriegelten Atomstädte nicht länger als billiges Endlager nutzt. Die Urananreicherungsanlage in Gronau muss schnellstmöglich geschlossen werden, sonst bleibt der Atomausstieg Stückwerk.