Rechtsgrundlage zur Hebesatzdifferenzierung bei der Grundsteuer

Portrait Simon Rock

Ein aktuelles Rundschreiben des Städtetags NRW beschreibt Zweifel an der Rechtsgrundlage zur Hebesatzdifferenzierung bei der Grundsteuer in NRW. In dieser Kommunalinfo wollen wir Euch über den Sachverhalt informieren und stellen Euch ein Antwortschreiben des Finanzministeriums an den Städtetag bereit.

Gemäß Art. 72 Abs. 3 des Grundgesetzes haben die Länder das Recht, durch ein eigenes Landesgesetz vom Bundesgesetzgeber abweichende Regelungen zur Grundsteuer zu treffen. Von dieser Länderöffnungsklausel hat NRW Gebrauch gemacht. Im Juli hat der Landtag Nordrhein-Westfalens das Grundsteuerhebesatzgesetz (NWGrStHsG) beschlossen. Einer aktuellen Blitzumfrage des Städte- und Gemeindebundes zufolge haben sich bereits über 50 Kommunen für die Einführung differenzierter Hebesätze entschieden – in vielen Kommunen laufen die Beratungen noch.

Ein aktuelles Rundschreiben des Städtetags NRW stellt die Frage in den Raum, ob Änderungen am Grundsteuer-Bundesmodell im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024), beschlossen durch den Bundesrat am 22. November 2024, Einschränkungen an der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Folge haben. Konkret geht es um die sogenannte „Ping-Pong-Gesetzgebung“, nach der gemäß Art. 72 Absatz 3 Satz 3 GG im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils später beschlossene Gesetz vorgeht.

Das nordrhein-westfälische Finanzministerium hat in einem Antwortschreiben an den Städtetag und den Städte- und Gemeindebund folgende Rechtsauffassung beschrieben:

  1. Im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht geht das jeweils später beschlossene Gesetz (gemäß Art. 72 Abs. 3 3 GG) vor. Dies bedeutet, dass bei einer Änderung des Bewertungs- oder Grundsteuergesetzes durch den Bundesgesetzgeber, das Landesgesetz in NRW keine Anwendung mehr findet (sog. Ping-Pong Gesetzgebung).
  2. Diese Regelung greift allerdings nach der Auffassung des Ministeriums der Finanzen NRW nur, wenn die im Landesgesetz abweichend geregelte Vorschrift durch den Bundesgesetzgeber explizit geändert wird. Eine beliebige Anpassung an irgendeiner anderen Stelle im Bundesgesetz reiche nicht aus, um das gesamte (nur in Teilen) abweichende Landesgesetz zu überschreiben.
  3. Die optionale Einführung differenzierter Hebesätze wurde in §1 NWGrStHsG (Landesgesetz) eingeführt. Diese Regelung ändert die Regelung einheitlicher Hebesätze aus 25 GrStG (Bundesgesetz). Im JStG 2024 des Bundes sind keine abweichende Regelungen beschrieben, die die von den Kommunen festzulegenden Hebesätze betreffen.
  4. Die im JStG 2024 geänderten Regelungen der § 36 und § 19 GrStG stehen in keiner Konkurrenz zu der im Landesgesetz, abweichend vom § 25 GrStG, getroffenen Regelung der Hebesatzdifferenzierung. Folglich kann es nicht zu einer Rechtsunsicherheit für den Rechtsanwender kommen. Die Vorschrift des § 1 des NWGrStHsG behält somit trotz der bundesgesetzlichen Änderungen im GrStG ihre Gültigkeit und bleibt weiterhin anwendbar.

Abschließend weist das Finanzministerium darauf hin, dass die Mehrheit der Bundesländer schon länger eine abweichende Gesetzgebung (etwa bei der Festlegung der Grundsteuermesszahlen oder in Form gänzlich anderer Grundsteuermodelle) beschlossen und diese auch nicht regelmäßig im Ping-Pong-Verfahren wieder angepasst haben. Der Argumentation des Städtetags NRW folgend, wären dann also die Grundsteuermodelle von unter anderem Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Berlin und Sachsen erst recht und schon seit mehreren Jahren rechtlich angreifbar, was unseres Wissens bislang allerdings zu keinem Zeitpunkt Thema war.