Aus dem Sozialausschuss: Koalitionsgespräche – Inklusionscheck – Fachkräfte-Offensive

Portrait Meral Thoms
Portrait Jule Wenzel (c) M Laghanke
Portrait Dennis Sonne
Portrait Benjamin Rauer
Mehrdad Mostofizadeh

Themen

Koalitionsgespräche im Bund

Nach den ersten Koalitionsgesprächen zwischen CDU/CSU und SPD ist nun ein erstes Verhandlungspapier öffentlich geworden – und viele der darin enthaltenen Vorschläge sind aus unserer Sicht höchst besorgniserregend. Anstatt soziale Gerechtigkeit und Teilhabe zu stärken, drohen Rückschritte, die wir nicht unwidersprochen hinnehmen können. In dieser Einschätzung wollen wir euch einen Überblick über den aktuellen Stand geben und unsere kritische Einordnung teilen:

  1. Soziales
  • Koalitionspapier: Verschärfung der Sanktionen beim Bürgergeld, bis hin zum vollständigen Leistungsentzug bei wiederholter Arbeitsverweigerung.
    Wir lehnen solche Verschärfungen ab, da sie den Grundsatz der Existenzsicherung unterlaufen. Aus grüner Sicht darf der Sozialstaat nicht auf Repression setzen, sondern auf Befähigung und Teilhabe. Sanktionen dieser Härte gefährden insbesondere vulnerable Gruppen und sind mit einem menschenwürdigen Umgang nicht zu vereinbaren.
  • Koalitionspapier: Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen; Kopplung des Schonvermögens an „Lebensleistung“.
    Auch diese Regelung empfinden wir als sozial selektiv. Die Definition von „Lebensleistung“ kann strukturelle Benachteiligungen – etwa von Frauen oder Menschen mit Behinderungen – verschärfen. Abgesehen davon war die Karenzzeit ein wichtiges Schutzinstrument, um Abstiegsängste abzubauen.
  • Koalitionspapier: Digitalisierung und Zusammenlegung von Sozialleistungen („One-Stop-Prinzip“), Einrichtung einer Sozialstaatsreformkommission.
    Wir unterstützen ausdrücklich das Ziel, soziale Leistungen einfacher und bürgernäher zugänglich zu machen. Digitale Verfahren und gebündelte Zuständigkeiten können soziale Teilhabe fördern, sofern Datenschutz und Zugänglichkeit gewährleistet bleiben.
  1. Inklusion
  • Koalitionspapier: Ziel einer barrierefreien Infrastruktur bis 2035, Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes, Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Leichte Sprache.
    Wir befürworten diese Zielsetzungen grundsätzlich, aber zentrale Maßnahmen – etwa für private Anbieter – dürfen nicht nur als Prüfaufträge formuliert sein. Eine echte inklusive Gesellschaft erfordert verbindliche gesetzliche Verpflichtungen und nicht bloß Absichtserklärungen.
  • Koalitionspapier: Reform der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) bei gleichzeitigem Erhalt, Verbesserung der Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt.
    Wir setzen uns seit Langem für eine Öffnung des allgemeinen Arbeitsmarkts ein und begrüßen daher die Reformabsicht. Der gleichzeitige Erhalt der Werkstätten ohne klar definierte Übergangsquoten ist jedoch unzureichend, um inklusive Beschäftigung konsequent zu fördern. Und ganz wichtig: Wir sind strikt dagegen, die Ausgleichsabgabe zu öffnen, um damit Werkstätten und Wohnheime zu finanzieren.
  • Koalitionspapier: Verbesserung des Werkstattentgelts und des Budgets für Arbeit.
    Wir unterstützen finanzielle Verbesserungen für Werkstattbeschäftigte ausdrücklich. Ziel ist es, Selbstbestimmung und soziale Absicherung auch für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.
  • Koalitionspapier: Förderung barrierefreier digitaler Infrastruktur und Schutz vor Gewalt in Einrichtungen.
    Auch dies sehen wir als wichtige Schritte zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Besonders der Ausbau digitaler Barrierefreiheit ist im Kontext gesellschaftlicher Digitalisierung unabdingbar für die gleichberechtigte Teilhabe.
  1. Arbeitsmarkt
  • Koalitionspapier: Einführung einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit, steuerfreie Zuschläge für Mehrarbeit.
    Wir lehnen eine solche Flexibilisierung ab, da sie den präventiven Charakter des Arbeitsschutzes gefährdet. Längere Arbeitszeiten können sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirken, besonders bei Beschäftigten in belastenden Arbeitsfeldern. Aus unserer Sicht braucht es stattdessen mehr Arbeitszeitsouveränität und Vereinbarkeit mit Familie und Freizeit.
  • Koalitionspapier: Einführung eines Bundestariftreuegesetzes, Förderung der Tarifbindung, Ausweitung digitaler Gewerkschaftsrechte.
    Wir begrüßen die Stärkung der Tarifbindung und Mitbestimmung ausdrücklich, fordern jedoch weitergehende Schritte wie die konsequente Einschränkung prekärer Beschäftigung beispielsweise durch eine Einschränkung von Werkverträgen und eine stärkere Regulierung von Tarifflucht durch Arbeitgeberverbände.

Ansprechpartnerin: Jule Wenzel

 

  1. Gesundheit
  • Koalitionspapier: Gesetze zur Notfall- und Rettungsdienstreform auf Grundlage der bisherigen Entwürfe

Wir begrüßen dieses Vorhaben. Auch in NRW steht die Reform des Rettungsgesetzes an. Beide Reformen müssen ineinandergreifen.

  • Koalitionspapier: Entwicklung einer qualitativen, bedarfsgerechten und praxistauglichen Krankenhauslandschaft aufbauend auf der Krankenhausreform der letzten Legislaturperiode. Die Zuweisung der Leistungsgruppen erfolgt auf Basis der NRW-Leistungsgruppen zuzüglich der speziellen Traumatologie.

Auch hier ist uns ein Ineinandergreifen der Bundes- und NRW-Reformen wichtig. Wir vermissen jedoch genauere Aussagen zur Ausgestaltung des Transformationsfonds – so wäre jetzt die Chance, bei der Umgestaltung der Krankenhauslandschaft auch dringend notwendige Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, so wie wir es in NRW vorleben.

  • Koalitionspapier: Der Pakt für den ÖGD wird in gemeinsamer Kraftanstrengung mit Bund, Ländern und Kommunen fortgesetzt.

Wir brauchen einen starken Öffentlichen Gesundheitsdienst – insbesondere, wenn wir die gesundheitliche Chancengleichheit verbessern wollen. Deshalb dringen auch die Kommunen auf die Fortführung des Pakts für den ÖGD. Hier ist die genaue Ausgestaltung und schnelle Umsetzung entscheidend, damit die Fachkräfte im ÖGD gehalten werden können.

Ansprechpartnerin: Meral Thoms

 

  1. Pflege
  • Koalitionspapier: Eine Pflegereform wird zügig erarbeitet, die das System einfacher flexibler und bezahlbarer macht. Pflegebedingte Eigenanteile werden begrenzt, pflegende Angehörige gestärkt, bestehende Leistungen gebündelt, Versorgungsangebote für pflegerische Akutsituationen aufgebaut und die sektorenübergreifende pflegerische Versorgung gestärkt.

Die Ziele sind richtig. Da es aber keine echte Reform der Pflegeversicherung geben wird, ist völlig unklar, wie die Pflegereform finanziert werden soll.

  • Koalitionspapier: Die Soziale Pflegeversicherung ist eine Erfolgsgeschichte und entlastet Millionen von Menschen. Eine langfristige Stabilisierung ihrer finanziellen Lage ist aber nur möglich, indem der Bund versicherungsfremde Leistungen wie die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige und die Ausbildungsumlage übernimmt.

Versicherungsfremde Leistungen nicht mehr aus der Pflegeversicherung zu finanzieren, kann nur ein erster Schritt sein. Eine Reform für eine verlässliche Finanzierung ist überfällig.

Ansprechpartner: Mehrdad Mostofizadeh

 

Mehrdad Mostofizadeh lud zum Pflegefachgespräch in den Landtag ein

Mehrdad Mostofizadeh, Sprecher für Pflege und Alter der GRÜNEN Landtagsfraktion, lud zu einem Fachgespräch in den Landtag. Dieser Einladung war ein großer und fachlich sehr versierter Teilnehmer*innenkreis gefolgt, so dass der gebuchte Raum vollständig ausgelastet wurde.

Auf dem Podium haben Herr Dr. Martin Dichter (DBfK), Frau Leah Dörr (Pflegekammer) und Herr Ulrich Christofczik (Evangelische Dienste Duisburg) diskutiert.

Themenschwerpunkt war der Bereich der professionellen / beruflichen Pflege und hierbei im Besonderen die Fachkräftesicherung in der Pflege. Neben einem einleitenden Poetry Slam Video gab es einen Kurzvortrag von Herrn Dr. Dichter zum Modell des Pflegeberufegratifikationsscheins des DBfK. Dieses Konzept sieht für professionell Pflegende nach einer bestimmten Zeit im Beruf Anerkennung wie zum Beispiel zusätzliche Urlaubstage vor. Im Anschluss gab es durch sehr viele Beiträge und Fragen der Gäste einen intensiven und spannenden Austausch.

Ich danke allen Gästen für Ihre Teilnahme und den offenen und ehrlichen Austausch.

Das Thema Pflege ist und bleibt ein wichtiges Anliegen, welches aus allen Blickwinkeln und mit teils neuen Ideen angegangen werden muss.

Weitere Eindrücke und Infos von der Veranstaltung findet ihr hier im Insta-Video: https://www.instagram.com/p/DHipNxNtbyU/

 

Inklusionsscheck NRW 2025 – Gemeinsam Inklusion vor Ort stärken

Auch im Jahr 2025 wird der Inklusionsscheck NRW fortgeführt – ein starkes Signal für gelebte Inklusion in unserem Land. Als regierungstragende Fraktion setzen wir uns dafür ein, dass Teilhabe für alle Menschen möglich wird. Mit dem Inklusionsscheck stehen erneut 500.000 Euro zur Verfügung, um inklusive Projekte mit jeweils 2.000 Euro zu fördern.

Vereine, Initiativen und Organisationen können ab sofort online Unterstützung beantragen – etwa für inklusive Veranstaltungen, barrierefreie Kommunikation oder die Anschaffung technischer Hilfsmittel. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen stattfinden, noch in diesem Jahr umgesetzt werden und möglichst vielen Menschen zugutekommen.

Wir laden alle Engagierten ein, ihre Ideen einzureichen und gemeinsam mit uns Inklusion vor Ort weiter voranzubringen.
Hier informieren und beantragen: www.inklusionsscheck.nrw.de

Ansprechpartner: Dennis Sonne

 

Fachkräfteoffensive stärken: Kein Jugendlicher darf ohne Perspektive bleiben

Mit der jetzt auf den Weg gebrachten Änderung des Schülerinnen- und Schülerdatenübermittlungsgesetzes NRW setzten wir ein wichtiges Zeichen: Junge Menschen ohne berufliche Anschlussperspektive sollen gezielter und individueller unterstützt werden. Als Grüne begrüßen wir dieses Vorhaben ausdrücklich – denn Bildung und Teilhabe dürfen nicht an der Schwelle zwischen Schule und Beruf enden.

Künftig sollen die Kontaktdaten von Schülerinnen und Schülern, die beim Schulabgang keine berufliche Perspektive haben, nicht nur wie bisher an die Agenturen für Arbeit, sondern bei Bedarf auch an kommunale Stellen weitergeleitet werden können. Damit entsteht ein zusätzlicher Zugang zu passgenauen Angeboten der Berufsberatung und beruflichen Orientierung – gerade auch für junge Menschen, die bisher nicht erreicht wurden.

Diese Gesetzesänderung erweitert die im Oktober 2023 eingeführte Datenübermittlung entscheidend: Erstmals sollen auch Jugendliche berücksichtigt werden, die unterjährig die Schule verlassen, nicht nur jene zum Schuljahresende. Außerdem wird die Kommunikation zwischen Schule, Arbeitsverwaltung und Kommunen gezielt verbessert – ein entscheidender Schritt, um Brüche im Übergangssystem zu vermeiden und Jugendlichen neue Chancen zu eröffnen.

Die Änderung des Gesetzes ist ein wichtiger Baustein unserer Fachkräfteoffensive und ein starkes Signal für mehr soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit in Nordrhein-Westfalen.

Ansprechpartner: Benjamin Rauer

 

Gesundheitsgerechtigkeit im Blick – ÖGD als Zukunftsmotor

Gemeinsam mit Fachleuten aus Wissenschaft, Praxis und Politik haben wir auf Einladung von Meral Thoms, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag NRW, die Zukunft der Gesundheitsämter diskutiert. Klar wurde schnell: Wenn wir Gesundheitsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit ernst meinen, führt kein Weg am Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vorbei!

In Impulsen von Dr. Max Skorning (Gesundheitsamt Düsseldorf), Prof. Dr. Dagmar Starke (Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen) und Dr. Emanuel Wiggerich (Landesverband der Ärzt*innen im ÖGD NRW) wurde deutlich: Der ÖGD muss moderner, digitaler, besser vernetzt und attraktiver als Arbeitgeber werden. Es braucht verlässliche Strukturen für Prävention, konkrete Antworten auf Einsamkeit, Sucht, Klimafolgen – und eine enge Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen.

In der lebendigen Diskussion ging es um zentrale Fragen: Wie machen wir Gesundheitsförderung alltagstauglich? Wie gelingt Digitalisierung, die auch ankommt? Wie stärken wir die Zahngesundheit strukturell?

Die Veranstaltung hat gezeigt: Gesundheitsämter haben das Potenzial, viel mehr als nur eine „hinter den Kulissen“-Behörde zu sein. Sie können sichtbare, wirksame Anlaufstellen im Quartier sein – nah an den Menschen, präventiv wirksam, und unverzichtbar für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft.

Mehr Infos und die Impulse findet Ihr unter: https://meral-thoms.de/doku-fit-fuer-die-zukunft-gesundheitsaemter/

Gut zu wissen

Über aktuelle Tagesordnungen, Anhörungen und Livestream-Übertragungen des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales informiert die Webseite des Landtags.