Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Als ehemaliger Sozialarbeiter in einer kommunalen Unterbringung für geflüchtete Menschen weiß ich aus beruflicher und politischer Erfahrung, vor welchen logistischen, personellen sowie finanziellen Schwierigkeiten die Kommunen in den letzten Jahren standen und immer noch stehen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf übernimmt die Landesregierung Verantwortung den Kommunen gegenüber. Die Gesetzesänderung soll zu deren Entlastung beitragen.
Neben der Verantwortung gegenüber den Kommunen darf man aber nicht die Verantwortung gegenüber den schutzsuchenden Menschen vergessen, welche hier in Nordrhein-Westfalen von einer Wohnverpflichtung von bis zu 24 Monaten betroffen sein werden. Das Ziel darf nicht nur sein, diese Menschen so lange wie möglich in Landesunterkünften unterzubringen, sondern Ziel muss sein, ihnen durch schnelle, effiziente Verfahren Klarheit zu geben – natürlich ohne Einbußen der Rechtsstaatlichkeit der Entscheidung. Dafür braucht es aber endlich schnellere Asylverfahren, welche insbesondere die Rechtssicherheit gewährleisten; denn häufig sind die Klagen gegen die Ablehnung eines Asylverfahrens erfolgreich. Dazu hat NRW seine Möglichkeiten genutzt und die verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach den Asylverfahren durch Spezialisierung der Verwaltungsgerichte gekürzt.
Anders als bei den vorangegangenen Entwürfen der FDP sind in diesem Gesetzentwurf der Landesregierung eine zeitliche Befristung sowie Evaluierungen und Ausnahmen für besonders schutzbedürftige Personen festgelegt, welche nach spätestens sechs Monaten den Kommunen zugewiesen werden. Dies schließt folgende Personengruppen ein: ältere Menschen ab 65, Menschen mit Behinderung, Schwangere, Personen mit schweren physischen Erkrankungen und, wie es richtigerweise schon seit Langem der Fall ist, natürlich Familien mit minderjährigen Kindern, die nicht länger als sechs Monate im Landessystem untergebracht werden dürfen. Hierfür danke ich der Ministerin Josefine Paul; denn diese Ausnahmen bedeuten eine wichtige humanitäre Rücksicht auf vulnerable Gruppen.
Die Aufnahme- und Verfahrensrichtlinien der EU weisen die Mitgliedstaaten an, spezielle Maßnahmen zu ergreifen, um den Bedürfnissen vulnerabler Gruppen gerecht zu werden. Dass die Landesregierung dem nachkommt und die eben aufgezählten Gruppen nach spätestens sechs Monaten den Kommunen zuweist, begrüße ich sehr. Dennoch bedauere ich, dass nicht alle besonders schutzbedürftigen Gruppen, welche in den EU-Richtlinien klar benannt sind, in diesem Gesetzentwurf Beachtung gefunden haben.
Politik ist geprägt von Kompromissen. Dennoch erhoffe ich mir, dass wir zu gegebener Zeit, vielleicht im Rahmen der verpflichtenden Evaluierung, auch diese Gruppen aufnehmen werden. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)
