Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Durch die neun Seiten dieses Antrags habe ich mich durchkämpfen müssen – eines Antrags, der im Kern in einem einzigen Satz zusammengefasst werden könnte:
(Enxhi Seli-Zacharias [AfD]: Toll!)
Die AfD ist menschenverachtend, verbreitet Falschbehauptungen und hat offensichtlich keine Ahnung, wo das internationale Asylrecht seine Wurzeln hat. – Aber ich erinnere Sie gern daran.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD – Lachen von Markus Wagner [AfD] – Zuruf von Andreas Keith [AfD])
Der Hintergrund der Genfer Flüchtlingskonvention waren die Gräueltaten des Ersten, insbesondere aber des Zweiten Weltkrieges, der von den Faschisten in Deutschland verschuldet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu großen Fluchtbewegungen in Europa.
1951 wurde die Genfer Flüchtlingskonvention verabschiedet. In ihr wird definiert, wer als Flüchtling gilt,
(Zuruf von Enxhi Seli-Zacharias [AfD])
und festgelegt, welche Rechte Geflüchtete haben und welcher Schutz ihnen zusteht. Dazu gehören die Aufnahme von Schutzsuchenden sowie die individuelle Prüfung jedes Asylgesuchs.
Bis heute haben 149 Staaten diese Konvention ratifiziert und sich völkerrechtlich zum Schutz geflüchteter Menschen verpflichtet. Und im Einklang mit diesen völkerrechtlichen Bestimmungen hat die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 gehandelt.
Das Mittelmeer ist inzwischen zu einem der größten Massengräber unserer Zeit geworden. Seit 2014 sind dort nach Schätzungen mehr als 30.000 Menschen ums Leben gekommen – Männer, Frauen, Kinder. Kein Mensch setzt sich einer solch lebensgefährlichen Überfahrt aus, wenn die Situation im Herkunftsland nicht noch bedrohlicher wäre als die Flucht über das Meer. Genau deshalb müssen wir humanitäre Verantwortung übernehmen.
Damit komme ich zu den Erfolgen, die wir in den letzten zehn Jahren bereits erreicht haben.
Die Bilanz der Integrationspolitik spricht für sich. Zwei Drittel der Menschen, die 2015 nach Deutschland kamen, sind inzwischen in Arbeit –
(Beifall von Gönül Eğlence [GRÜNE])
und das, obwohl die Hürden für Geflüchtete nach wie vor hoch sind, angefangen bei Beschäftigungsverboten über Sprachbarrieren bis hin zu langwierigen Berufsanerkennungsverfahren. Da dies für uns ein entscheidender Ansatz ist, ist die Landesregierung genau hier tätig geworden.
Nach zehn Jahren ist die Erwerbstätigkeitsquote geflüchteter Männer mit 76 % sogar höher als die durchschnittliche Quote für die männliche Bevölkerung in Deutschland von 72 %. Diese Zahlen eignen sich aber natürlich nicht für die Stimmungsmache der AfD.
Wir brauchen Anstrengungen, um geflüchtete Männer und Frauen schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ohne ihnen den Weg in die Beschäftigung zusätzlich zu erschweren. Außerdem braucht es Qualifizierungsmaßnahmen, um Aufstiegsperspektiven zu ermöglichen.
Die AfD beansprucht Mehrheiten, die sie in Wirklichkeit nicht hat. Ja, die Wahlergebnisse vom Sonntag waren erschreckend. Allerdings haben sich die Wählerinnen und Wähler mit absoluter Mehrheit für demokratische Personen entschieden.
(Beifall von Gönül Eğlence [GRÜNE], Dr. Gregor Kaiser [GRÜNE] und Thorsten Klute [SPD])
Dieses Land hat es schon einmal geschafft, Faschisten zu verdrängen. Und ich sage Ihnen: Unsere Demokratie ist stark genug, um das ein weiteres Mal zu schaffen. Wir schaffen das!
Diesen Antrag lehnen wir selbstverständlich ab. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)
