Reform des Straßenverkehrsrechts / Einladung zum Webinar am 20. August 2024 

Portrait Martin Metz

Die Kommunen bekommen mehr Spielräume, um leichter Radwege, Busspuren oder Zebrastreifen einrichten zu können. Der Bundesrat hat am 5. Juli der neuen Straßenverkehrsordnung (StVO) mit Änderungen zugestimmt.

Zu den Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und den Verfahren bis hierhin hatten wir Euch bereits mit der Kommunalinfo vom 14. Juni informiert.

Die Änderung im StVG ist die Voraussetzung, dass die Straßenverkehrsordnung (StVO) überhaupt neue Regelungen aufnehmen kann, die nicht ausschließlich der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen. Bei der Abstimmung über die StVO hat der Bundesrat nur Änderungen beschlossen, die seitens des Bundesverkehrsministers vorher als unkritisch erachtet wurden. Somit kann die Verordnung im Anschluss an ihre Verkündung in Kraft treten.

Aus unserer Sicht ist die neue StVO noch nicht der große Wurf, aber ein merklicher Schritt in die richtige Richtung. Es sind einige positive Veränderungen beschlossen worden, die den Ländern und Kommunen mehr Entscheidungsspielraum geben. Die StVO und die daraus abgeleiteten Verwaltungsvorschriften sind entscheidend für den weiteren Fortgang der Verkehrswende vor Ort. Gemeinsam haben sich Grüne Verkehrspolitiker*innen in Bund und Ländern erfolgreich dafür eingesetzt. Allen Beteiligten gebührt dafür herzlicher Dank.

Um Euch über die Änderungen im Straßenverkehrsrecht zu informieren, laden wir Euch zu einem Webinar am 20. August 2024 um 19 Uhr ein. Hier könnt Ihr Euch anmelden.

Die konkreten Änderungen in der „56. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“, sowie eine Synopse des Verordnungstextes nach Beschlussfassung (ohne Gewähr), hier im Überblick:

Notbremsassistenzsystem für Fahrzeuge über 3,5t (§23 Absatz Satz 1d) 
Zukünftig sollen alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen ein Notbremsassistenzsystem haben, das sich ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h einschaltet und in Notsituationen automatisch bremst. Es soll zukünftig nicht mehr erlaubt sein, dieses abzuschalten, ein Verstoß kostet 100 Euro. Davon ausgenommen sind nur Fahrzeuge des Straßenbaus, der Müllabfuhr, der Polizei, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes, wenn diese vorne Aufbauten haben, die ein funktionsfähiges Notbremsassistenzsystem nicht ermöglichen.

Verhalten Fußgänger bei Straßenquerung (§25 Absatz 3 Satz 1) 
Fußgänger*innen dürfen statt auf dem „kürzesten Weg“ zukünftig „auf kurzem Weg“ die Straße queren. Dies ist zum Beispiel relevant, wenn Fußgänger*innen abgesenkte Bordsteine nutzen wollen, die nicht unbedingt direkt gegenüber liegen.

Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot (§30) und Sonderrechte (§35) 
Dabei handelt es sich um die Aufnahme von Bundeswehr- und anderer militärischer Fahrzeuge etc. in Befreiungen von Vorschriften im Fall dringender militärischer Erfordernisse. 

Sonderfahrstreifen und Flächen Rad- und Fußverkehr (§45 Absatz 1 Satz 2) 
Diese Änderung erleichtert zukünftig die Einrichtung von Sonderfahrstreifen wie z.B. Busspuren und Vorrangschaltungen sowie Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr sowie für den Fußverkehr. Dabei wird ausdrücklich auf die Formulierung im StVG „zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt, darunter des Klimaschutzes, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung“ Bezug genommen, allerdings mit der Einschränkung „sofern die Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigt ist und die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird.“

Neben den Sonderspuren soll auch die Einrichtung von Flächen für den Rad- und Fußverkehr erleichtert werden, d.h. zukünftig sollte es einfacher sein, eine Fahrspur in einen Radweg umzuwandeln sowie Fahrradparkplätze auf Autoparkplätzen einzurichten. Dies war zwar schon vor Änderung der StVO möglich, aber aufgrund der damit verbundenen Einschränkung für den Autoverkehr auch immer mit rechtlichen Risiken behaftet. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die neuen Ziele im StVG sowie den Hinweis auf Umwelt- und Klimaschutz sollte es jetzt einfacher und häufiger möglich sein, auch wenn die Leichtigkeit des Verkehrs nach wie vor berücksichtigt werden muss. In den Erläuterungen zum Entwurf wird aber klargestellt, dass „die konkret vorliegende Fläche zwischen den einzelnen Verkehrsträgern angemessen aufgeteilt werden muss.“ Näheres sollte über die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur StVO geklärt werden, darüber werden wir Euch noch gesondert informieren, sobald sie veröffentlicht sind.

Wichtig: Für diese Anordnungen gilt durch die Erweiterung von § 45 Abs. 10 Nr. 2 auch nicht mehr der „Gefahren-Vorbehalt“ des § 45 Abs. 9 StVO.

Bewohnerparken (§45 Absatz 1b Satz 1 2a) 
Die Neufassung regelt, dass nicht nur bei bestehendem Parkdruck, sondern auch, wenn ein solcher zukünftig befürchtet wird, Bewohnerparkzonen eingerichtet werden können. Hinzu kommt, dass auch städte- und verkehrsplanerische Konzepte aus umwelt- und städtebaulichen Gründen zur Anordnung von Bewohnerparkzonen führen können. Dies ist sehr zu begrüßen, auch vor dem Hintergrund, dass die Anmeldezahlen von Pkws in den meisten Kommunen in NRW nach wie vor steigen und viele Parkflächen zukünftig sinnvoller genutzt werden könnten.  

Antragsrecht (§45 Absatz 1b Satz 1 2a) 
Mit einer neuen Vorschrift erhalten alle Kommunen ein formelles Antragsrecht zum Erlass von verkehrsrechtlichen Anordnungen, wie z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Schutzstreifen. In der Praxis relevant ist das in NRW bei den kreisangehörigen Gemeinden, denn in diesem Fall sind die Kreise als Straßenverkehrsbehörde für solche Anordnungen zuständig. 

Streckenbezogenes Tempo 30 (§45 Absatz 9) 
Die von vielen Kommunen, auch in NRW, geforderte Entscheidungsfreiheit bei der Einführung von Tempo 30 in ihrem Stadtgebiet ist zwar weiter nicht absehbar, aber immerhin soll es den Verkehrsbehörden nun leichter gemacht werden, Tempo 30 im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Einrichtungen anzuordnen. Es ist keine qualifizierte Gefahrenlage mehr erforderlich, um auch an Fußgängerüberwegen, Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen Tempo 30 anzuordnen. Damit wird der bisherige Katalog (Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) deutlich erweitert. Außerdem sollen Lückenschlüsse zwischen zwei Tempo-30-Abschnitten in einer Länge von 500 Metern möglich sein, d.h. es sind längere Tempo-30-Strecken auch auf Hauptverkehrsstraßen möglich und nicht nur in unmittelbarer Nähe schützenswerter Einrichtungen.

Fußgängerüberwege (§45 Absatz 9) 
Für Fußgängerüberwege soll es zukünftig keinen Nachweis einer qualifizierten Gefahrenlage mehr geben, d.h. im Sinne der neuen Änderungen in Absatz 1 Satz 2 können die Kommunen nun einfacher dort Fußgängerüberwege anlegen, wo sie es für notwendig erachten, um Fußgänger*innen zu schützen. Dennoch dürften die Richtlinien für Fußgängerüberwege weiterhin zu berücksichtigen sein. 

Neues Zeichen Ladebereich (Anlage 2) 
Es wird ein bundeseinheitliches Verkehrszeichen für Ladebereiche kommen. Damit soll dem Bedürfnis nach einer rechtssicheren Ausweisung von gesonderten Parkflächen für Be- und Entladevorgänge (gewerblicher und privater Art) Rechnung getragen werden.

Gemeinsamer Geh- und Radweg (Anlage 2) 
In den Erläuterungen zum Zeichen 240 (gemeinsamer Geh- und Radweg) werden folgende neue Sätze eingefügt: „Dabei ist auf den Fußverkehr Rücksicht zu nehmen. Der Fußverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Erforderlichenfalls ist die Geschwindigkeit an den Fußverkehr anzupassen.” 

Weitere Informationen:  

Falls Ihr Fragen habt, könnt Ihr Euch gerne an mein Büro oder an unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Verkehr, Bettina Tull (bettina.tull@landtag.nrw.de, Tel: 0211-884-2168), wenden.

Mit Grünen Grüßen

Martin Metz

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