Benjamin Rauer: „Eine Zusammenarbeit mit islamistischen Terroristen können wir Demokrat*innen doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen!“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte

Portrait Benjamin Rauer

Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Und täglich grüßt der Rechtspopulismus. Die AfD wirft hier mal wieder alternative Fakten in den Raum, womit sie nur darauf abzielt, Ängste zu schüren und unsere Gesellschaft zu spalten.

Unterschiedliche Themen werden dabei von der AfD mit anscheinend wenig Hintergrundwissen in einen Topf geworfen. Nicht nur betrifft die Mehrzahl der Punkte die Bundespolitik und müsste somit in Berlin debattiert werden,

(Andreas Keith [AfD]: Die Hälfte unserer Anträge muss in Berlin debattiert werden!)

dieses Thema ist allein deswegen aus einem Artikel der Bild-Zeitung übernommen worden, um Verunsicherung in der Bevölkerung zu stiften.

Trotzdem werde ich kurz auf einige von der AfD genannten Punkte eingehen, um ein klares Bild von diesem Antrag zu zeichnen.

Eine pauschale Aussetzung des Aufnahmeprogramms ist eine zutiefst menschenverachtende Forderung. Das Programm betrifft die ehemaligen Ortskräfte, ihre Familien und besonders gefährdete Afghaninnen, die durch die Bundesregierung wegen ihres Einsatzes für ein demokratisches und freies Afghanistan berechtigterweise als schützenswerte Gruppe festgelegt wurden.

Laut dem vorliegenden Antrag soll die Bundesrepublik Deutschland die Menschen, die unseren Bundeswehrangehörigen vor Ort geholfen und sie über viele Jahre unterstützt haben, ihrem Schicksal und damit schutzlos den Taliban überlassen. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern angesichts der Zusagen der Bundesrepublik Deutschland auch unredlich. Außerdem widerspricht es unseren langfristigen außen- und sicherheitspolitischen Interessen.

Die strukturellen Schwierigkeiten wurden bereits adressiert. Es ist natürlich sinnvoll, Verfahren zu überprüfen. Die Existenz des Programms aber infrage zu stellen, geht am eigentlichen Problem vorbei und zielt wieder in eine Richtung. Natürlich höre ich auch die Zwischenrufe von meiner rechten Seite.

Eine erneute Sicherheitsüberprüfung aller eingereisten Ortskräfte wäre nicht nur ein erheblicher Aufwand für die Behörden, sondern darüber hinaus ein massiver Eingriff in die Rechte aller schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan.

Es ist nicht sinnvoll, vor der Überarbeitung der Strukturen die Überprüfung und Behebung von Fehlern bei der Erstellung der Listen zu fordern; dies wäre ohne eine notwendige Überarbeitung der Regelungen zur Weitergabe von Informationen durch den MAD weder effektiv noch rechtssicher.

Am 11. August 2021 hat der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer entschieden, Rückführungen nach Afghanistan auszusetzen. Dies hatte Gründe, welche immer noch bestehen. Das können wir in den Berichten zur aktuellen Lage in Afghanistan und Syrien immer wieder sehen.

Menschenrechtsorganisationen und wir Grüne sehen Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien weiterhin aus guten Gründen grundsätzlich kritisch. Eine Zusammenarbeit und vertragliche Einigungen mit islamistischen Terroristen wie den Taliban in Afghanistan können wir Demokrat*innen doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen!

Das Talibanregime stellt außerdem weiterhin eine große Gefahr für die Menschen dar, die bei uns Schutz gesucht haben. Die Taliban verletzen kontinuierlich die Menschenrechte; unter ihrem Regime leiden in Afghanistan unzählige Menschen – insbesondere Frauen und Kinder – unter Unterdrückung und Gewalt.

Unser Rechtsstaat muss seinen Strafanspruch innerhalb Deutschlands durchsetzen und Straftäter*innen ihre gesetzlich angemessene Strafe zukommen lassen.

Die AfD versucht erneut, komplexe Themen auf einfache, populistische Lösungen zu reduzieren. Wir lehnen diesen Antrag entschieden ab. Unsere demokratischen Werte stehen für eine Politik, die auf Menschenrechten, Vernunft und Zusammenhalt basiert. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, Sascha Lienesch [CDU] und Thorsten Klute [SPD])

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