Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter geschätzter Herr Kollege Witzel, Sie stellen sich hier hin und fordern gleichzeitig Steuermindereinnahmen und keine neuen Kredite, und das Ganze soll dann durch massive Einsparungen gegenfinanziert werden. Insbesondere soll bei Förderprogrammen gekürzt werden. So habe ich Ihre Rede verstanden und zusammengefasst.
Ich frage mich nur: Haben Sie schon einmal mit Ihren Fraktionskollegen darüber geredet?
(Ralf Witzel [FDP]: Das wurde von der Fraktion einstimmig beschlossen!)
– Ah, einstimmig beschlossen. Das wird ja immer besser. Denn die zusätzliche Liste mit Ausgabenwünschen der FDP-Fraktion wird immer länger.
Das Förderprogramm „Grunderwerbsteuer“ mussten wir leider einstellen. Wer hat das am stärksten kritisiert? Die FDP-Fraktion. Wer fordert mehr Mittel für Förderprogramme in der Landwirtschaft? Die FDP-Fraktion. Wer fordert ein Förderprogramm für die Kernfusion? Die FDP-Fraktion. Keine drei Tage nach der Debatte in der vergangenen Woche im Sonderplenum, in der Ihr Fraktionsvorsitzender Henning Höne die Kürzung bei Förderprogrammen gefordert hat, kritisiert Kollege Hafke, dass für ein Förderprogramm für ungewollt kinderlose Paare für 2024 keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden. Und auch ansonsten gilt bei der FDP eher der Spruch von der Wursttheke: „Darf‘s vielleicht ein bisschen mehr sein?“ – Mehrausgaben für den Straßenbau, mehr für Kultur und Musikschulen, mehr für Kitas, mehr für Justiz, mehr für Landespersonal, mehr für die Polizei, mehr für den Schulbereich, mehr für Krankenhausplanung und mehr für die Kommunen. Hier im Plenum haben wir erst gestern anlässlich Ihres Antrags über die Luft- und Raumfahrtstrategie gesprochen. Und auch hier wenig überraschend, denn was fordern Sie? Ein neues Landesförderprogramm bzw. neue Landesfördermaßnahmen.
Sobald es konkret wird, verpufft die FDP-Forderung nach Einsparungen im Nichts, und im Konkreten sind Sie bei Ausgabenorgien ganz vorne mit dabei. Ich kann es mir nicht anders erklären, aber so etwas nennt man wohl kognitive Dissonanz.
(Beifall von den GRÜNEN – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Oder Dialektik!)
Genau deshalb ist Ihr Antrag völlig unglaubwürdig. Sie können nicht auf der einen Seite Haushaltskürzungen fordern und im gleichen Atemzug Mehrausgaben. Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen. Es bleibt ein Rätsel.
Die Haushaltspolitik dieses Landes und dieser Koalition hingegen ist glasklar. Die Lösung der angespannten Haushaltslage liegt zum einen in der Sparsamkeit in allen Ressorts, aber nicht nur das. Selbstverständlich ist auch ein Teil der Lösung die Nutzung der Konjunkturkomponente.
Wenn ich in Richtung Bund schaue, ist es einfach eine Selbstverständlichkeit. Unter einem FDP-Finanzminister – ich habe das eben schon erwähnt – war die bisherige Planung allein für das Jahr 2024 39 Milliarden Euro neue Schulden, nach den aktuellen Presseverlautbarungen – übrigens auch am Parlament vorbei; so viel zum Thema „Missachtung des Parlaments“ – werden es wahrscheinlich 50 Milliarden Euro sein. Aber das Ganze ist auch kein Gegensatz zur Schuldenbremse, sondern es ist genau ein Teil dieser Schuldenbremse.
Ich will Ihnen auch noch eines sagen: 2019 wurde diese Regelung zur Schuldenbremse und zur Konjunkturkomponente in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen. Es waren doch CDU und FDP, die genau diese Regelung so vereinbart haben, und jetzt kritisieren Sie die Landesregierung und die neue Koalition dafür, dass man sie auch anwendet. Das zeigt ein weiteres Mal, wie widersprüchlich Ihre Argumentation ist.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Aber klar ist doch: Niemand nutzt aus Spaß und Bequemlichkeit die Konjunkturkomponente. Niemand nimmt gerne neue Schulden auf. Das ist ja kein Selbstzweck. Es ist eine Notlösung in schwierigen Zeiten, und es ist eine Abwägung, was größeren Schaden anrichtet, nämlich das zu tun, was Bund und viele andere Länder schon seit Jahren machen, die Aufnahme von neuen Krediten im Rahmen der geltenden Schuldenbremse, oder das, was Sie tun, im Allgemeinen fordern und im Abstrakten genau das Gegenteil wollen, das Kaputtsparen dieses Landes.
Wir sind in der Abwägung völlig unideologisch und pragmatisch unterwegs. Genau das können die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land erwarten, und genau das tun wir auch. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Christina Schulze Föcking [CDU])