Benjamin Rauer: „Es widerspricht der grundsätzlichen Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche“

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag zu Kirchenvermögen und Kirchenverfassung - erste Lesung

Portrait Benjamin Rauer

Der Gesetzentwurf

Benjamin Rauer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Vor fast genau 100 Jahren, am 24. Juli 1924, hat der preußische Staat ein bis heute geltendes Gesetz zur Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens und kurz davor am 8. April 1924 auch das Gesetz zur Kirchenverfassung der Evangelischen Landeskirchen beschlossen.

Bei beiden Gesetzen handelte es sich um die Regelung zur Vermögensverwaltung kirchlicher Körperschaften. Das bedeutet, dass aus rechtlicher Sicht das Land Nordrhein-Westfalen Einfluss auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nimmt.

Es widerspricht heute jedoch der grundsätzlichen Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche, wenn die Vermögensverwaltung kirchlicher Körperschaften ganz oder teilweise durch staatliches Recht geregelt ist.

Die Regelungen sind in ihrem Wesen kein staatliches Recht. Selbst als Körperschaft des öffentlichen Rechts gehören sie nicht zum staatlichen Einflussbereich. Es ergibt sich aus dem Gutachten von Professor Dr. Markus Ogorek, dass ein Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens als staatliches Gesetz verfassungswidrig und nichtig ist, wie auch die in der Kirchenverfassung der Evangelischen Landeskirche enthaltenen staatlichen Aufsichtsbefugnisse und Genehmigungsvorbehalte. Sie stehen beide im Widerspruch zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht.

Die fünf Bistümer der Katholischen Kirche Nordrhein-Westfalen haben daher Entwürfe neuer kirchlicher Vermögensverwaltungsgesetze erarbeitet, die in ihren Amtsblättern veröffentlicht wurden und am 1. Juli in Kraft treten sollen. Diese Gesetze folgen dem Beispiel anderer Diözesen aus dem ehemaligen preußischen Rechtskreis. Diese neuen Kirchenvermögensverwaltungsgesetze der Bistümer wurden uns vorgelegt. Es wurde festgestellt, dass eine geordnete Vertretung der Körperschaften gewährleistet ist und die Vertretungsorgane in überwiegender Zahl durch unmittelbare und geheime Wahl der Kirchenmitglieder berufen werden.

Für die Evangelischen Landeskirchen ergeben sich die Verpflichtung der Vorlage von Bestimmungen über die vermögensrechtliche Vertretung kirchlicher Körperschaften aus entsprechenden Verträgen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, die Autonomie und Selbstbestimmung der Kirchen in Angelegenheiten ihrer Vermögensverwaltung zu respektieren und sicherzustellen, dass staatliches Recht nicht in ihre Belange eingreift. Genauso wichtig ist nämlich auch, dass die Katholische Kirche die Mitbestimmungsregel für ihre Mitglieder achtet und schützt. Gerade weil die beiden christlichen Kirchen aktuell keine einfachen Zeiten durchlaufen, ist es wichtig, diese Krise mit Kirchenleitungen und den Mitgliedern aus den Pfarreien zusammen zu bewältigen. Die Laiengremien sind ein wichtiger Bestandteil der Mitbestimmungsmöglichkeiten innerhalb der Kirchen und müssen als diese gestärkt werden.

Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen, ich bin mir sicher: Wir sehen gemeinsam die Notwendigkeit für diesen Gesetzentwurf, um damit einen weiteren Schritt in Richtung einer zeitgemäßen und verfassungsgemäßen Lösung zu gehen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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