Simon Rock: „Ohne das Handwerk und ohne Ausbildungsberufe würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren“

Zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns in diesem Hohen Haus sicherlich einig, dass die berufliche Bildung ein wesentlicher Eckpfeiler unseres Ausbildungssystems ist und sie zweifellos hohe Anerkennung verdient. Das ging aus den bisherigen Redebeiträgen eindeutig hervor.

Der zunehmende Mangel an Fachkräften ist unstreitig eine große Herausforderung.

Er bietet insbesondere jungen Menschen eine gute Gelegenheit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Jede helfende Hand wird momentan dringend gebraucht.

Gerade eine Ausbildung bietet vielfältige Tätigkeiten, sichere Perspektiven, gute Verdienstmöglichkeiten und ermöglicht damit ein selbstbestimmtes Leben. Nicht nur, aber gerade auch während der Pandemie zeigte sich, dass viele Ausbildungsberufe das Rückgrat unserer Gesellschaft sind.

Ohne das Handwerk ist auch keine Energiewende darstellbar. Für diese braucht es den Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, die Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik genauso wie den Dachdecker, der die Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert – um nur drei Beispiele zu nennen.

Fachkräfte für Abwassertechnik stellen sicher, dass das genutzte Wasser gereinigt wird, damit es in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann. Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice sorgen dafür, dass im privaten und öffentlichen Bereich des Kanalnetz funktioniert. Fachkräfte für Kreislauf- und Abfallwirtschaft sind dafür verantwortlich, dass Abfälle korrekt entsorgt und weiterverwendet werden.

So könnte ich die Liste noch deutlich weiterführen, als meine Redezeit es zulässt. Deutlich wird: Ohne das Handwerk und ohne Ausbildungsberufe würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Dabei bietet die berufliche Ausbildung neben vielfältigen Tätigkeiten auch gute Karriere- und Verdienstmöglichkeiten. Das Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“ war wohl nie zutreffender als jetzt. Es gilt, all das ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen, aber auch konkrete Schritte zu unternehmen.

Wir haben im Koalitionsvertrag sowie in der kürzlich vorgestellten Fachkräfteoffensive viele Mechanismen festgehalten, damit sich die Rahmenbedingungen und die Attraktivität von dualen Ausbildungen erkennbar verbessern. In einem entsprechenden Plenarantrag haben wir die Landesregierung beauftragt, eine gesamtheitliche Arbeits- und Fachkräfteoffensive vorzulegen.

Die Landesregierung hat erst kürzlich eine entsprechende Offensive mit folgenden Aspekten zur Stärkung der beruflichen Ausbildung vorgestellt:

Im Sommer 2023 startet das neue landesweite Ausbildungsprogramm „Ausbildungswege NRW“. Mit diesem Programm sollen unversorgte ausbildungsinteressierte Menschen für die duale Ausbildung gewonnen werden und Unterstützung bei der Vermittlung erhalten. Durch ein flächendeckendes berufsorientiertes Coaching wird mit den jungen Menschen gemeinsam eine verbindliche Ausbildungsperspektive entwickelt. Zugleich erhalten Unternehmen Unterstützung bei der Besetzung ihrer unbesetzten Ausbildungsstellen und der Versorgung mit Fach- und Arbeitskräftenachwuchs.

Für die berufliche Orientierung an den allgemeinbildenden Schulen sowie für die Bildungsgänge an Berufskollegs müssen genügend Praktikumsplätze und eine angemessene Begleitung der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin wollen wir das Matching von Ausbildungsinteressierten und Betrieben verbessern, indem wir bestehende Angebote – gerade im Übergang von der Schule in den Beruf – weiterentwickeln und neue einrichten.

Um dem Fachlehrermangel entgegenzuwirken, wird die Ausweitung des dualen Masters für das Berufskolleg auf weitere technische Fachrichtungen vorgenommen. So ermöglichen wir weiteren qualifizierten Fachkräften eine Lehrtätigkeit an Berufsschulen. Zur besseren Verzahnung der beruflichen und akademischen Bildung werden wir das Projekt „ZUKUNFTS-CAMPUS“ und die studienintegrierte Ausbildung vorantreiben.

Bei all dem ist es uns Grünen insbesondere ein Anliegen, mehr Akademikerkinder für einen Ausbildungsjob zu begeistern und im Gegenzug Kinder mit Eltern ohne Hochschulabschluss für ein Hochschulstudium zu motivieren. So schaffen wir eine echte Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Ausbildung.

Zusammenfassend bleibt also zu sagen: Die alleinige Verankerung einer Absichtserklärung in der Verfassung wird noch keine wirkliche Veränderung und Verbesserung im Hinblick auf die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Ausbildung mit sich bringen. Gleichwohl unterstützen wir das Ansinnen, die berufliche Bildung zu stärken. Für einen gesamtgesellschaftlichen Wandel bedarf es dabei nicht nur in der Verfassung verankerter Appelle, sondern auch konkreter Ansätze, Ideen, Verbesserungen und Maßnahmen.

Wir werden all dies im Ausschuss im Zusammenhang beraten und stimmen der Überweisung selbstverständlich gerne zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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