Martin Metz: „Es geht Ihnen nicht um den Erkenntnisgewinn, sondern um das parteipolitische Blame Game“

Zum Antrag der Fraktionen von SPD und FDP auf einen Parl. Untersuchungsausschuss

Portrait Martin Metz

Der Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag

Martin Metz (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Bezug auf die Rahmedetalbrücke und den heutigen Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gibt es verschiedene Blickwinkel. Uns von der Koalition ist das Hier und Jetzt am Allerwichtigsten, dass etwas für die Menschen vor Ort getan werden muss, die unter der Sperrung der Rahmedetalbrücke leiden. Das haben wir bereits mehrfach vorgetragen, und die Landesregierung handelt im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit einem hohen und stetigen Einsatz.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das Thema „Lkw-Durchfahrtsverbote“ wurde gerade vom Landesverkehrsministerium in einer Mittlerrolle zwischen den Kommunen und dem Bund vorangebracht. Hier wird es nach der Sprengung endlich eine Anordnung geben. Klar ist aber auch – das wurde diskutiert –, dass der Bund noch einiges mehr tun muss, um den übergeordneten Lkw-Verkehr aus der Region zu halten.

Die Sprengung kommt bald – endlich –, nachdem sie für Dezember angekündigt war. Es scheint jedoch, dass die Sprengung im Mai keinen Einfluss auf den Gesamtzeitplan haben wird. Man kann daher weiter davon ausgehen, dass der Brückenneubau funktioniert.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Wir alle müssen darauf achten und drängen, dass dieser Zeitplan eingehalten wird. Das Land unterstützt die Region mit den ersten Maßnahmen, um die Auswirkungen vor Ort abzumildern.

Das ist der Blick darauf, was jetzt und für die Zukunft zählt. Die Rückmeldungen, die Kommentierungen aus der Region sind eindeutig. Ein Artikel in der WAZ macht noch keine öffentliche Meinung. Uns erreicht,

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

dass die Leute sagen: Kümmert euch um die Probleme, die wir vor Ort haben. Wofür brauchen wir einen Untersuchungsausschuss? Nur, um irgendwelche politischen Spielchen zu spielen? Das ganz sicher nicht. – Die Leute haben auf dieses Parteiengezänk auch keine Lust.

Dieser PUA wird ein Blick zurück sein. Ein Blick zurück kann durchaus sinnvoll sein, wenn das ehrlich geschähe. Dann würde man sehen, dass der Verkehr auf den Straßen massiv gewachsen ist. Das Straßennetz wurde ausgebaut. Die Staus wurden übrigens auch immer mehr. Aber vor allem hat der Lkw-Verkehr mit seiner enormen Belastung für die Brückenbauwerke zugenommen.

Über viele Jahrzehnte hat man den Straßenneubau vor dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur, vor allem der Brücken, priorisiert. Das geschah bis in die 2010er-Jahre hinein, völlig unabhängig von der parteipolitischen Couleur. Diese vernachlässigten Brücken und die gestiegenen Anforderungen haben zum einen zu der Situation geführt, in der wir uns befinden. Das hätte man schon lange sehen können. Zum anderen hat das dazu geführt, dass über die ganze Republik hinweg quasi eine Mangelverwaltung bestand.

Man ging nicht als Erstes dorthin, wo die Not war, sondern man musste gucken, wo die Not am größten ist, und dann schauen, welche Brücken am dringlichsten sind. Dabei ist man natürlich auf die Einschätzung von Fachleuten angewiesen.

Das größte Problem haben wir bei den Bundesautobahnen, und das nicht erst seit gestern. Auch da gilt der Appell, dass wir alle dafür sorgen müssen, diese Fehler der Vergangenheit nicht mehr zu machen, sondern ganz klar zu sagen, dass der Erhalt Vorrang vor dem Neubau hat.

Die erste Priorität ist, dass die vorhandenen Straßen und Brücken weiter funktionstüchtig bleiben und so wiederhergestellt werden. Da haben wir eigentlich kein Erkenntnisproblem, sondern wir haben ein Umsetzungsproblem auf verschiedenen Ebenen.

Wir brauchen deutlich mehr Weitsicht im Umgang mit unserer Straßeninfrastruktur. Dieser PUA ist aber nicht weitsichtig, sondern das Vorhaben ist kurzsichtig. Hier wird ein parteipolitisch vernebelter Blick aufgesetzt.

Denn der Antrag ist voller schwieriger Formulierungen und Mutmaßungen; Kollege Dr. Geerlings ist schon darauf eingegangen.

Sie werfen da Fragen auf – und darauf muss ich jetzt wirklich eingehen, Herr Vogt –, an denen man ein Stück weit verzweifelt. Natürlich macht es keinen Sinn, eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses zu beantragen, bei der der Ministerpräsident, der Verkehrsminister, die Staatkanzlei usw. anwesend sind und bei der ganz viele Fragen gestellt werden, die dann auch beantwortet werden, wenn Sie nicht zuhören. Das kann keinen Sinn machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Sie werfen Dinge wie Akten und Mails durcheinander. Da wird dann gesponnen, es würden irgendwelche Falschbehauptungen aufgestellt.

Sie haben hier im Plenum Fragen formuliert, und der Verkehrsminister sagte: Die kann ich nur mit den Projektakten beantworten, und die sind bei der Autobahn GmbH. – Das ist auch so. Im Rahmen einer IFG-Anfrage möchte jemand wissen: Gibt es bei euch noch irgendwelche Unterlagen zu dem Thema?

(Zuruf von Angela Freimuth [FDP])

Das Ministerium antwortet: Okay, wir suchen jetzt mal alle möglichen Sachen zusammen, alle möglichen E-Mails suchen wir jetzt mal zusammen.

(Jochen Ott [SPD]: Entschuldigung, das war hier! Das haben wir hier gefragt!)

Das macht man ganz transparent, und dann heißt es: Ja, aber da gab es ja etwas.

(Jochen Ott [SPD]: Dann hat er gelogen! – Zuruf von Kirsten Stich [SPD] – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie vergleichen einfach Äpfel mit Birnen. Da Sie das auch nach der dritten Erklärung immer noch nicht verstehen wollen,

(Jochen Ott [SPD]: Das haben wir hier gefragt!)

gibt es für Sie offenbar nur einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich kann wenigstens hoffen, dass Sie dort dann auch mal zuhören.

Von diesen ganzen Punkten abgesehen: Die Festlegung des Beginns des Untersuchungszeitraums auf 2017 ist angesichts der Thematik eine frappierende politische Offenbarung.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Es geht Ihnen nicht um den Erkenntnisgewinn, sondern um das parteipolitische Blame Game.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Sie tun ja gerade so, als hätten über der Rahmedetalbrücke und den anderen Brücken – die Sie selber auch anführen – vor 2017 rosa Wölkchen geschwebt, und alles sei in Ordnung gewesen. Dann sei eine neue Landesregierung gekommen, und auf einmal hätten die Probleme angefangen. Das ist doch nicht die Realität, um es klar zu sagen.

Von 2017 bis 2022 gab es keine Landesregierung mit grüner Beteiligung. Aber wenn man an der Sache orientiert ist, muss man doch zumindest einen fachlichen Blick darauf haben und das fachlich bewerten und nicht alles im Nachhinein so drehen, wie es einem parteipolitisch gerade passt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das wird im Übrigen auch nicht der Arbeit des rot-grünen Ministers Mike Groschek gerecht. Zwischen 2013 und 2015 wurde im Verkehrsausschuss über umfangreiche Listen mit Nachrechnungen, mit Sanierungen, mit Priorisierungen beraten. Da wurde auch diskutiert und gestritten, nur in anderen Rollen. Jetzt tut man so, als hätte das erst 2017 angefangen. Ganz ehrlich: Für ein vollständiges Bild müsste man sehr weit zurückgehen, zumindest bis in die 2010er-Jahre, als diese Ereignisse auf uns zugekommen sind; das wäre ungefähr 2011.

Sie führen hier einige Brücken an, Duisburg-Neuenkamp beispielsweise. Da gab es erste Sanierungen zwischen 2004 und 2006, 2014 und 2015 wurde auch saniert, und vier Jahre später wurde sie abgelastet. Warum wurde da nicht so saniert, dass man sie nicht ablasten musste? Das ist eine spannende Frage.

Die Rheinbrücke Leverkusen – das führen Sie selber aus – wurde 2012 abgelastet. Das scheint Sie auch nicht zu interessieren. Sie wollen die Sache mit der Rheinbrücke Leverkusen, die 2012 abgelastet wurde und letztlich neu gebaut wird, im PUA untersuchen, aber bitte erst ab 2017. Wo soll denn da der Erkenntnisgewinn sein?

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Zur Rahmedetalbrücke muss ich hier nicht ausführen, die Historie kann man in den Plenarprotokollen nachlesen; Dr. Geerlings ist eben darauf eingegangen. Minister Groschek hat schon 2013 im Ausschuss erklärt, dass die A45 in einem katastrophalen Zustand sei. Sie aber sagen, dass man das erst ab 2017 untersuchen müsse. Ganz ehrlich: Das kann ich nicht verstehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Hier und jetzt wird versucht, den Eindruck zu erwecken, dass es nur ein Minister oder nur eine Landesregierung gewesen seien, die für Brückenschäden, die über Jahrzehnte entstanden sind, verantwortlich wären. Dazu kann ich nur sagen: Das ist grotesk und lächerlich!

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich vermisse Applaus; eigentlich hätte ich sagen müssen, dass das Letzte ein Zitat von Herrn Ott war, 2015 im Plenum.

(Beifall und Lachen von den GRÜNEN und der CDU)

Sie könnten sich wenigstens selbst applaudieren, Herr Ott.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Sie haben die Dinge auch einmal anders gesehen. Glauben Sie, die Leute sehen das nicht?

(Zuruf von Kirsten Stich [SPD])

Glauben Sie, die Leute finden so ein politisches Tamtam nicht abstoßend?

(Jochen Ott [SPD]: Wenn Sie von mir lernen, kann uns das allen nur nützen, Herr Metz!)

Wir haben bereits einen intensiven Blick auf die Thematik der Brücken geworfen. Wir müssen uns aber vor allem darüber unterhalten, wie man die Fehler der Vergangenheit vermeiden kann und wie wir uns besser aufstellen können.

Aus unserer Sicht ist der Parlamentarische Untersuchungsausschuss dafür nicht das geeignete Format. Gleichwohl ist es das Recht …

(Jochen Ott [SPD]: Er wird aber kommen!)

– Er wird kommen, genau. – Das beantwortet auch die Frage des Redners Rasche …

(Zuruf von Gordan Dudas [SPD])

– Ja, sehr gut. Vielen Dank. – Das beantwortet dann auch die Frage, die Herr Rasche gestellt hat: Warum beantragen wir das?

(Gordan Dudas [SPD]: Er macht keinen Sinn, und Sie wollen ihn verlängern!)

Wenn er kommt und überhaupt einen Nutzen haben soll, sollte man die gesamte Historie dieser Brücke und der Entscheidungen, bzw. wie sie getroffen wurden, untersuchen.

(Zuruf von der SPD: Beim Bau der Autobahn!)

Dann hätte man zumindest ein Fünkchen Hoffnung, dass aus diesem PUA noch etwas Vernünftiges werden könnte. Aber ich weiß gar nicht, ob das in Ihrem Interesse ist.

(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Noch können Sie dem Änderungsantrag zustimmen. Es wäre sicherlich lohnend für alle. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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