Simo Rock: „Es sind primär die multiplen Krisen dieser Zeit, die zur Überlastung führen“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion zur Arbeitsbelastung von Landesbediensteten

Portrait Simon Rock

Simon Rock (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Innenminister in seiner organisatorischen Zuständigkeit für die Bezirksregierungen feststellt, dass vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Überlastung droht, dann ist es richtig, dass er dies seinen Amtskolleginnen und -kollegen mittteilt. Es ist sogar seine Pflicht, dies zu tun. Wenn dies öffentlich geschieht, dann ist es ebenso richtig, dass wir uns auch als Parlament in unserer Verantwortung für die Beschäftigten dieses Landes mit dieser Frage beschäftigen.

Lassen Sie mich aber auch gleich zu Beginn festhalten: Was den Beschäftigten vor Ort hilft, ist, wenn wir gemeinsam zu Lösungen kommen. Was nicht hilft, ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Einen Teil der Lage in den Bezirksregierungen hat die SPD-Fraktion in ihrer Beantragung der Aktuellen Stunde richtig beschrieben. Die Bezirksregierungen sind als Mittelbehörde von immenser Bedeutung für die Verwaltung und Gestaltung unseres Zusammenlebens in NRW. Ja, selbstverständlich ist es ein ernst zu nehmendes Problem, wenn viele Mitarbeiter an dieser zentralen Stelle überlastet sind. Einer der Gründe ist eine hohe Anzahl unbesetzter Stellen, ein weiterer sind zusätzliche Aufgaben für die Bezirksregierungen. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was passiert, wenn mehr Aufgaben auf weniger Beschäftigte stoßen.

Einen Teil der Problemanalyse hat die SPD allerdings in ihrer Beantragung der Aktuellen Stunde vergessen, nämlich die Beschreibung der aktuellen Notlage, die aus einer Vielzahl von Krisen entstanden ist. Auch wenn die Coronapandemie im Alltag kaum noch zu spüren ist: In den Bezirksregierungen haben die Auswirkungen der Pandemie und die Abwicklung der vielfältigen Hilfsprogramme in den zurückliegenden drei Jahren erhebliche Belastungen nach sich gezogen.

Die gute Nachricht ist hier aber tatsächlich: Diese Aufgaben werden spürbar nachlassen. Ganz erheblich wurden die Bezirksregierungen zeitgleich von den Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 getroffen. Die Bewältigung der immensen Flutfolgen war und ist eine Mammutaufgabe für die Beschäftigten in den Bezirksregierungen. Doch auch hier gilt: Glücklicherweise werden diese konkreten Aufgaben weniger werden.

Eine weitere Krise hält leider an. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zwingt viele Ukrainerinnen und Ukrainer zur Flucht. Die Solidarität in NRW ist ungebrochen groß, doch die Aufgaben für die Verwaltung im Zusammenhang mit der Unterbringung von Verfolgten und Geflüchteten sind es genauso.

Es sind primär die multiplen Krisen dieser Zeit, die zur Überlastung führen. Aber es ist richtig: Es gibt eine erhebliche Belastung für die Beschäftigten, und da müssen wir auch nicht drumherum reden.

Die Frage ist: Was können wir als Parlament daran ändern? Einen ersten Schritt sind wir mit der Einrichtung von fast 300 – genau genommen waren 289 – zusätzlichen Stellen mit dem Nachtragshaushalt 2022 bereits gegangen. Wir haben die Rückmeldungen aus den Bezirksregierungen erhalten, dass diese Stellen mittlerweile weitestgehend besetzt sind und eine spürbare Entlastung gebracht haben. Das ist gut so.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die administrativen Folgen der Coronapandemie und der Hochwasserkatastrophe werden nachlassen. Auch das ist gut so.

Im Koalitionsvertrag haben CDU und Grüne weitere Entlastungen verabredet, und auch diese werden wir zügig umsetzen.

Wir werden die Förderprogramme des Landes vereinfachen und verringern, indem bisherige Förderprogramme zusammengefasst werden. Dies dient dem Bürokratieabbau einerseits im Sinne der Kommunen, Unternehmen und Menschen in Nordrhein-Westfalen, andererseits aber auch im Sinne der Bezirksregierungen und der Landesverwaltung.

Fest vereinbart ist unter anderem eine neue digitale Antragsplattform. Auf dieser sollen Förderprogramme dargestellt und Antragsverfahren und Mittelverwendungsnachweise abgewickelt werden. Dies wird eine spürbare Entlastung für alle Beteiligten mit sich bringen. Im besonderen Maße gilt dies für die Beschäftigten in den Bezirksregierungen.

Auch in den Bezirksregierungen selbst wollen wir als Koalition die Effizienz steigern, indem wir eine noch stärkere Spezialisierung einzelner Bezirksregierungen insbesondere bei Backoffice-Dienstleistungen vorsehen.

Derzeit erfolgt eine Abgrenzung vieler Aufgaben in den Bezirksregierungen nur örtlich. Inhaltlich wird sie vielfach an fünf Stellen parallel erledigt. Hier wollen und hier werden wir ansetzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

So schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass Aufgaben gebündelt werden. Die Mitarbeitenden können sich dadurch stärker spezialisieren und Synergien nutzen.

Eine zentrale Frage gilt nicht nur, aber eben auch für die Bezirksregierungen: Wie schaffen wir es, als öffentlicher Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und die Anzahl unbesetzter Stellen zu verringern?

Ich bin sehr froh, dass wir uns als Koalition auch darauf verständigen konnten, die Attraktivität im Sinne der Beschäftigten spürbar steigern zu wollen, und darauf, dass wir dies in den kommenden Jahren ganz konkret im Dialog mit den Beschäftigten angehen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich festhalten: Der Innenminister hat in seinem Brief an die weiteren Ministerinnen und Minister der Landesregierung ein wichtiges Problem beschrieben. Es ist eins, an dem diese Koalition bereits arbeitet und weiter arbeiten wird.

Als grüne Fraktion werden wir im Blick behalten, dass die unterschiedlichen Stellschrauben konsequent angegangen werden. Dies ist mir persönlich ein wichtiges Anliegen, denn die Beschäftigten des Landes und der Bezirksregierungen verdienen all unsere Unterstützung.

Ich möchte meine Rede daher mit dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksregierungen abschließen. Vielen Dank für Ihren Einsatz. Ohne Sie würde unter anderem die Krisenbewältigung in NRW nicht halbwegs so gut funktionieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)