Mehrdad Mostofizadeh: „Auch die Kommunen sind in dem Zusammenhang gefordert“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNEN im Landtag zur Hausarztversorgung

Mehrdad Mostofizadeh

Der Antrag

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme zur Kenntnis, dass für SPD und FDP das Thema „Hausärzteversorgung“ offensichtlich nicht dringlich und nicht aktuell ist. Vielen Dank, für diesen Hinweis.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ferner nehme ich zur Kenntnis, auf welche Art und Weise Sie Politik machen, Frau Kollegin Gebauer. Sie glauben, die Koalitionsfraktionen meldeten immer dann eine Aktuelle Stunde an, wenn es um eine Bauchpinselei der Regierung gehe.

(Serdar Yüksel [SPD]: Das haben Sie ja heute gesagt!)

Nein, Frau Kollegin, es geht darum, dass wir hier ein wichtiges aktuelles Thema sachlich, fundiert und zukunftsweisend diskutieren. Dafür ist die Aktuelle Stunde da, und deswegen haben wir sie beantragt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Weder sachlich noch fundiert!)

Herr Kollege Yüksel, trotz Ihres Zwischenrufs habe ich am heutigen Tag null Vorschläge von der SPD-Fraktion zu dem Thema gehört.

(Beifall von den GRÜNEN – Jochen Ott [SPD]: Die hat er doch gerade gemacht! – Sven Wolf [SPD]: Ohren zugehalten oder was?)

Das Einzige, was Sie in beiden Rede vorgetragen haben, war: ein bisschen mehr, ein bisschen höher, und der Berg kreißte und gebar eine Zwergmaus.

(Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!)

Allerdings – das will ich zugestehen, auch gegenüber dem Herrn Minister – haben wir unterschiedliche Zugänge zu dem Thema.

Kollege Yüksel, ich fand schon einigermaßen arrogant, wie Sie den Redebeitrag der Kollegin Thoms komplett weggewischt haben, auf kein einziges Argument eingegangen sind,

(Zuruf von der SPD: Da war kein Argument!)

um dann die Argumentationsstruktur beim Thema „Gemeindeschwester“ quasi zu kopieren. Was ist das denn für eine Art und Weise, miteinander umzugehen?

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ja, es gibt durchaus Unterschiede in der neuen Legislaturperiode. Wir sind nämlich der Meinung, dass wir sektorübergreifend nicht nur die hausärztliche Versorgung bei der Primärversorgung in den Blick nehmen wollen. Hätten Sie zugehört – ich kann Ihnen nur empfehlen, mal das Protokoll zur Hand zu nehmen und die Argumente zu lesen, die von den Koalitionsfraktionen gekommen sind –, dann hätten Sie wahrgenommen, dass es darum geht, auch über Stadtplanung, Wohnraumversorgung, Prävention zu reden. Genau dies stand auch im Fokus der Beiträge; unter anderem beim Beitrag der Kollegin Thoms, aber auch beim Beitrag des Kollegen Schmitz, der zuerst geredet hat.

Deswegen kann ich nur sagen: Nein, niemand hat behauptet, dass mit dem Programm schon alles erreicht sei. – Sonst hätten wir die Aktuelle Stunde nämlich in der Tat nicht beantragen dürfen. Wir werden es auch am Ende der Legislaturperiode nicht geschafft haben – und keine Koalition in Deutschland wird es dann geschafft haben –, beim gleichen Versorgungsgrad zu sein, wie es vielleicht vor 20 Jahren der Fall war, weil nämlich die Fachkräftesituation ist, wie sie ist.

Es ist aber richtig, darüber zu diskutieren, ob die Instrumente, die wir im Moment einsetzen, die richtigen sind, in die richtige Richtung gehen, zu einer Minderung des Problems führen, ob wir im ländlichen Raum richtig unterwegs sind, um dort eine Versorgungsstruktur aufzubauen, die nicht nur die Hausärzte im Blick hat, sondern sektorübergreifend den gesamten Gesundheitsbereich und dass die Community Health Nurses unterwegs sind.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir müssen das hier im Landtag diskutieren und gucken, ob wir da ein Stück weiterkommen.

Einen Aspekt möchte ich an dieser Stelle aufgreifen, weil der Klimaschutz gestern in der Debatte hier zentral positioniert wurde. Ich nehme zur Kenntnis, dass die SPD immer noch die Vorstellung hat: Klimaschutz ist End-of-Pipe-Klimaschutz – wenn alles kaputt ist, dann reparieren wir es im Krankenhaus.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, Klimaschutz bedeutet, dass Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht erst ins Krankenhaus kommen müssen oder sich in einem Krankenhaus wiederfinden, in dem 40°C auf der Kinderstation herrschen, die man dann gar nicht nutzten kann. Wir müssen dafür sorgen, dass die Krankenhäuser weder zur Klimaerwärmung beitragen, noch so aufgeheizt sind, dass man diese Krankenhäuser nicht nutzen kann.

Deswegen sind Investitionen in Klimaschutz, Klimavorsorge und Gesundheitsvorsorge nötig, und deswegen ist es richtig, auch in diesen Bereich viel Geld zu investieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Frau Kollegin Gebauer, was ich schon erstaunlich fand, ist, dass Sie hier am Pult heute allen Ernstes dafür geworben haben, nichts weiter zu tun und die Maßnahmen erst mal wirken zu lassen, und gleichzeitig dem Minister vorgeworfen haben, er tue nicht genug.

(Zuruf von Angela Freimuth [FDP])

Diese Form der Dialektik kenne ich eigentlich nur von besonderen Theoretikern in der Politikwissenschaft, die hier im Landtag eigentlich nichts zu suchen haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Zacharias Schalley [AfD])

Wir müssen mehr tun, wir müssen aufsetzen, und wir müssen in der Gesundheitspolitik ein Stück vorangehen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Frau Kollegin, ich möchte an dieser Stelle auch noch mal sehr dafür werben – Herr Minister Laumann, wir haben das in den Koalitionsvertrag genauso reingeschrieben –, bei der ärztlichen oder medizinischen Versorgung vor Ort sehr klar die Menschen, aber auch die Möglichkeiten des Quartiers in den Blick zu nehmen. Deswegen ist nicht nur das Land gefordert, sondern auch die Kommunen sind in dem Zusammenhang gefordert.

Wir erwarten und hoffen, dass man sich mit dem 5-Milliarden-Programm zur Stärkung der Gesundheitsämter auch um das Quartier und die Versorgung vor Ort kümmert und dass man auch über netzwerkübergreifende Systeme redet. Deswegen sind im Koalitionsvertrag Elemente wie etwa der Aufbau der Gesundheitsregionen, die Stärkung des Quartiersmanagements und der Ausbau bei den Community Health Nurses enthalten.

Wir müssen auch mal darüber diskutieren, was Sie unter GemeindeschwesterPlus im Detail verstehen. Dazu können Sie gerne noch mal einen Antrag stellen.

(Thorsten Klute [SPD]: Schauen Sie mal nach Rheinland-Pfalz!)

Auch Strukturen der medizinischen Versorgung durch das Pflegepersonal sind intensiv auszubauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen: Es gibt in dem Zusammenhang etliche gute Ansätze.

Wir müssen diese Systematik allerdings sektorübergreifend ausbauen. Es war sehr klug, heute diese Aktuelle Stunde anzusetzen,

(Zurufe von der SPD)

um diese Unterschiede deutlich zu machen und zu zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg, aber längst nicht am Ziel sind. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Thorsten Klute [SPD]: Mann, war das klug! – Weitere Zurufe von der SPD)

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