Kommunalinfo: Paradigmenwechsel durch das Bürgergeld – wie es nach der Ablehnung im Bundesrat weitergeht

Portrait Jule Wenzel (c) M Laghanke
Portrait Benjamin Rauer

Durch die fehlende Zustimmung gestern im Bundesrat muss der Gesetzentwurf zum Bürgergeld in den Vermittlungsausschuss. Jetzt sind alle Verhandlerinnen und Verhandler dringend aufgerufen, sachorientiert und zügig die letzten Hürden zu überwinden, sodass das Bürgergeld pünktlich zum Jahresbeginn an den Start gehen kann. Denn das Bürgergeld ist ein echter Paradigmenwechsel. Die Ampel-Koalition hat damit eine der größten sozialpolitischen Errungenschaften der vergangenen Jahre auf den Weg gebracht. Das Bürgergeld kommt zur richtigen Zeit, um diejenigen Menschen zu unterstützen, die am härtesten mit den aktuellen Krisen konfrontiert sind. Wir als Fraktion werden das Bürgergeld weiterhin unterstützen.

 Dringend benötigte Erhöhungen der Regelsätze und Freibeträge

Nicht nur Arbeitslose, sondern auch Rentnerinnen und Rentner oder Geringverdienende profitieren von der Regelsatzerhöhung um 53 Euro auf insgesamt 502 Euro. Damit korrigiert das Gesetz die insbesondere in Folge der Inflation viel zu niedrigen Regelsätze auf ein angemessenes Niveau. Hier muss aber auch gegenüber der SPD und FDP im Bund klar sein: Es müssen weitere Anpassungen folgen, die allen Menschen ein würdevolles Leben erlauben. Auch die Erhöhung der Freibeträge für Einkommen zum Beispiel aus Schüler- oder Studierendenjobs auf 520 Euro ist eine dringend notwendige Maßnahme.

Trotz Arbeitsverlust geschützt: Das Schonvermögen lindert soziale Härten

Jedem Menschen kann es passieren, dass sie oder er arbeitslos wird. Gerade in unserer Gesellschaft gehen mit der Arbeitslosigkeit nicht nur finanzielle, sondern auch Ängste um einen sozialen Abstieg einher. Das Bürgergeld trägt diesem Umstand Rechnung und erhöht in den ersten beiden Jahren (der sogenannten Karenzzeit) das Schonvermögen auf 60.000 Euro für eine alleinstehende Person und für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft um weitere 30.000 Euro. Damit sind Bürgergeldbeziehende nicht gleich zu Anfang gezwungen, sämtliche finanzielle Reserven aufzubrauchen.

Beratung auf Augenhöhe, Ende des Vermittlungsvorrangs und individuelle Chancen zur beruflichen Qualifizierung

Wir befinden uns in einer schwierigen Phase eines weit verbreiteten Arbeits- und Fachkräftemangels. Dabei ist die Annahme falsch, dass jede arbeitssuchende Person jede beliebige freie Stelle besetzen kann. Ein Schlüssel, um unseren Arbeits- und Fachkräftebedarf effektiv einzudämmen, liegt in der Qualifizierung der Leistungsbeziehenden. Es ist wichtig, alle Potenziale zu erkennen und auszubauen. Deshalb stellen wir die Ausrichtung der Arbeitsvermittlung auf neue Beine. Mit dem Bürgergeld führen wir ein verändertes Zusammenspiel zwischen Jobcenter und Arbeitssuchenden ein. In einem Kooperationsplan werden gemeinsame Ziele vereinbart, die von beiden Seiten akzeptiert und verfolgt werden. In der darauf folgenden sechsmonatigen Vertrauenszeit werden Sanktionen nur in äußersten Fällen, also bei gravierenden Terminversäumnissen verhängt. Das entlastet die Jobcenter und schafft zusätzliches Vertrauen auf beiden Seiten. Die Abkehr vom Vermittlungsvorrang, also die Pflicht, den nächstbesten Job anzunehmen, öffnet zudem Wege, dass eine Person zunächst eine Ausbildung oder eine Weiterbildung abschließen kann und somit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhält.

Warum das Bürgergeld so wichtig ist, hat unsere Sprecherin für Sozialpolitik, Jule Wenzel, auch in einer Rede im Landtag deutlich gemacht.

Das NRW-Abstimmungsverhalten im Bundesrat

In NRW gehen, gerade hinsichtlich der Punkte Schonvermögen und Vertrauenszeit, die Haltungen gegenüber dem Entwurf des Bürgergeld-Gesetzes bei den Koalitionspartnern CDU und Grüne auseinander. Wir haben im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbart, dass die CDU und wir GRÜNE bei Bundesratsentscheidungen ein geeintes Abstimmungsverhalten anstreben. Kann keine Einigung erreicht werden, gilt in NRW wie in allen Bundesländern, dass sich  die Landesregierung im Bundesrat enthält.

Nachdem der Bürgergeld-Gesetzentwurf nicht die notwendige Mehrheit im Bundesrat erreicht hat, hat die Ampel-Bundesregierung daher sofort den Vermittlungsausschuss zwischen Mitgliedern aus Bundestag und Bundesrat angerufen.

Uns Grünen auch im Landtag NRW ist die schnelle Verabschiedung des Bürgergeldes ein großes Anliegen. Wichtig ist jetzt, dass der Vermittlungsausschuss rasch arbeitet, damit die dringend benötigten Verbesserungen pünktlich zu Jahresbeginn umgesetzt werden können.

Bei Rückfragen wendet Euch gerne auch an unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Arbeit, Migration & Flüchtlingspolitik Freya Kuhn (freya.kuhn@landtag.nrw.de, 0211-884-2276), an unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Gesundheit und Soziales Cornelia Schröder (cornelia.schroeder@landtag.nrw.de, 0211-884-2878) oder uns.jl

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