Wibke Brems: „Ihre Rhetorik ist klimafreundlicher geworden, aber das Handeln diese Regierung nicht“

Zum Haushaltsplan 2022 - Energie

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich Reden, Pressemitteilungen und Verkündungen der Landesregierung oder heute auch von CDU und FDP ansieht, könnte man meinen, man sei in Nordrhein-Westfalen im Klimaschutzhimmel.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ja!)

Das Einzige, was sich in den vergangenen vier Jahren wirklich verändert hat, ist Ihre Rhetorik; das lasse ich Ihnen. Ihre Rhetorik ist klimafreundlicher geworden, aber das Handeln diese Regierung eben nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nehmen wir als Beispiel das NRW-Klimaschutzgesetz. Darin haben Sie nicht die Grundlagen dafür gelegt, dass die Ziele auch erreicht werden können. Sie haben keine konkreten Maßnahmen beschlossen und sich nicht einmal sektorspezifische Ziele gesetzt. Der Kohleausstieg wird von Berlin vorangetrieben, und die Windenergie bremsen Sie aus.

Sie spekulieren an unterschiedlichen Stellen darauf, dass wir beispielsweise die Ziele in Nordrhein-Westfalen ohne Ihr Zutun einfach erreichen. In den vergangenen Jahren hat das auch mal geklappt, aber das alles ist eben keine verantwortungsvolle Klimaschutzpolitik. So geht es nicht weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dabei gäbe es so viele Möglichkeiten, den Klimaschutz auf Landesebene zu unterstützen. Ich möchte Ihnen noch einmal unsere Studie ans Herz legen, in der wir haben untersuchen lassen, wie Nordrhein-Westfalen auf den 1,5-Grad-Pfad kommen kann; dort sind wirklich konkrete Maßnahmen hinterlegt.

Auch im Haushalt wäre es dringend nötig, nicht nur große Nebelkerzen zu zünden, sondern konkrete Veränderungen zu erreichen. Die Etaterhöhungen beim Klimaschutz, für die Sie sich heute so feiern lassen, kommen den genannten Bereichen so gut wie gar nicht zugute, denn sie fließen fast vollständig in den Strukturwandel im Rheinischen Revier.

Ich möchte noch einmal betonen, dass dieser Strukturwandel und die Mittel dort sehr wichtig und richtig sind – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kohleausstieg beschleunigt wird. Diese Klimaschutzmittel bringen aber nicht den Klimaschutz im ganzen Land voran.

In den Kommunen wird der Klimaschutz konkret. Diese Landesregierung will beim kommunalen Klimaschutz keinen einzigen Euro mehr bereitstellen. Wir fordern daher 250 Millionen Euro mehr für Investitionen.

Eine Studie von Agora Energiewende zu den öffentlichen Investitionsbedarfen für die Erreichung des Klimaziels kommt zu dem Ergebnis, dass deutschlandweit allein 170 Milliarden Euro an kommunalen Investitionen bis 2030 notwendig sind.

Rechnet man das nach dem Königsteiner Schlüssel auf NRW pro Jahr um, kommen wir auf 3,5 Milliarden Euro. Mit Blick auf unsere 250 Millionen Euro hätten wir gerade mal eine Landesförderquote von weniger als 10 %. Die Kommunen würden sich sicherlich noch mehr wünschen.

Damit das alles umgesetzt werden kann, brauchen die Kommunen Unterstützung bei den Klimaschutzkonzepten und beim Personal. Daher fordern wir die Landesregierung auf, die Förderung der Bundesregierung für Klimaschutzmanager*innen und Klimaschutzkonzepte zu verstetigen.

Nur so kann das Personal für kommunalen Klimaschutz, das diese Fördermittel abrufen soll, auch dauerhaft gehalten werden. Damit können wir endlich flächendeckend den Klimaschutz erreichen und nicht nur schöne Leuchttürme errichten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister Pinkwart, Sie sind Wirtschaftsminister, aber aus meiner Sicht haben Sie den Kontakt zur Industrie und zur Wirtschaft verloren.

(Lachen von der FDP)

Wenn ich mit der Industrie spreche, dann höre ich, man erwartet schnellere Verfahren, erneuerbare Energien – das, was Sie hier nicht tun – und klare Rahmenbedingungen von Bund und EU sowie eine Unterstützung durch die Landesregierung. Sie können nicht einerseits davon reden, NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion in Europa machen zu wollen, andererseits aber so gut wie keine Unterstützung für solche Investitionen anbieten.

Sie haben 15 Millionen Euro für Wasserstoff bereitgestellt, was ehrlich gesagt ein Witz ist, und 7 Millionen Euro mehr für Energieforschung. Das ist unglaubwürdig. Deswegen haben wir beantragt, weitere 250 Millionen Euro für Investitionen in klimaneutrale Industrie bereitzustellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mit dem Förderprogramm progres.nrw werden wichtige Aspekte gefördert. Wir sind ja einer Meinung, dass da viel passieren muss. Sie kündigen groß an, dass 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen, aber im Haushalt gibt es dafür ausschließlich 30 Million Euro.

Daher haben wir einen Antrag dazu gestellt, dass diese Mittel auf 200 Millionen Euro erhöht werden müssen. Damit ist auch die Aufforderung verbunden, dass Sie für Transparenz sorgen müssen, wenn das Geld an anderer Stelle irgendwo bereitgestellt wird bzw. Sie es von woanders organisieren. Dann wäre es auch wirklich transparent dargestellt.

Mit unseren Haushaltsanträgen würde den hohlen Ankündigungen dieser Landesregierung Substanz folgen. CDU und FDP aber haben unsere Anträge abgelehnt, und damit bleiben sie bei einem ganz typischen Regierungs-Oppositions-Spiel – dies ist natürlich verständlich –, aber Sie zeigen damit auch, dass es Ihnen mit dem Klimaschutz längst nicht so ernst ist, wie Sie immer behaupten.

(Beifall von den GRÜNEN – Lachen von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)