Grundrecht auf Zukunft ernst nehmen: Die Landesregierung muss jetzt ein verfassungsfestes Klimaschutzgesetz vorlegen!

Portrait Wibke Brems 5-23

I. Ausgangslage

Am 29.04. hat das Bundesverfassungsgericht den Klagen neun junger Menschen stattgegeben und höchstrichterlich festgestellt, dass die bisher im Bundes-Klimaschutzgesetz beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichend sind und damit die Freiheit junger Menschen unzulässig einschränken. „Der Gesetzgeber hätte Vorkehrungen zur Gewährleistung eines freiheitsschonenden Übergangs in die Klimaneutralität treffen müssen, an denen es bislang fehlt.“1 Viel deutlicher hätte das Bundesverfassungsgericht die Unzulänglichkeit der Klimapolitik der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD nicht formulieren können. Das Gericht hat der Bundesregierung eine Frist bis Ende 2022 gesetzt, um das Bundes-Klimaschutzgesetz nachzubessern. Die Landesregierung von NRW mit dem Kanzlerkandidaten der Union an der Spitze muss sich dafür einsetzen, dass diese Frist nicht ausgereizt wird, sondern die Bundesregierung schnellstmöglich ein Bundes-Klimaschutzgesetz vorlegt, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes entspricht.

Das Gericht hat insbesondere die fehlende Konkretisierung der Emissionsminderungen ab dem Jahr 2030 für unzulässig erklärt, gleichzeitig aber auch festgestellt: „Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030.“2 Es ist daher absehbar, dass es bei einer bloßen Konkretisierung der Minderungspfade für die Zeit nach 2030 nicht wird bleiben können, sondern auch die Ziele bis 2030 angehobenen werden müssen, um die Emissionsminderungslasten fairer auf die einzelnen Jahre zu verteilen. Eine Anhebung der Ziele für 2030 ist ohnehin durch die beschlossene Anhebung des EU-Klimaziels für das Jahr 2030 auf eine Minderung gegenüber 1990 von 40 auf 55 Prozent zwingend erforderlich.

Gleichzeitig muss auch die Landesregierung nacharbeiten und eine Anpassung des Klimaschutzgesetzes NRW vorlegen, die die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes auf die Landesebene nachvollzieht. Dies beinhaltet nicht nur ambitionierte Gesamtziele für die einzelnen Jahre, sondern detaillierte, jahresscharfe Emissionsminderungspfade für alle relevanten Sektoren, die für alle Beteiligten Transparenz schaffen.

Es ist absehbar, dass insbesondere die Energiewirtschaft ihre Beiträge zur Emissionsminderung in den kommenden Jahren wird deutlich erhöhen müssen. Ein Kohleausstieg erst 2038 dürfte mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes endgültig vom Tisch sein. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes entfaltet aber auch aus anderen Gründen besondere Relevanz für NRW. In Leitsatz 3 stellt das Gericht klar: „Die Vereinbarkeit mit Art. 20a GG ist Voraussetzung für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung staatlicher Eingriffe in Grundrechte.“3 Enteignungen für die Braunkohle darf es daher nicht mehr geben, genauso wenig wie weitere Umsiedlungen. Damit ist auch die Leitentscheidung der Landesregierung bereits überholt und muss schnellstmöglich überarbeitet werden.

II. Beschlussfassung

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich im Bundesrat konstruktiv dafür einzusetzen, dass diese kurzfristig einen Entwurf für das Bundes-Klimaschutzgesetz vorlegt, der den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht und dazu geeignet ist, dass Deutschland die völkerrechtlich bindenden Klimaschutzziele von Paris einhält,
  2. umgehend einen überarbeiteten Gesetzentwurf für das Klimaschutzgesetz NRW vorzulegen, der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes für NRW nachvollzieht und entsprechend ambitionierte und konkretisierte Klimaschutzziele und sektorspezifische Emissionsminderungspfade sowohl für die Zeit bis 2030 als auch für die Zeit ab 2030 bis zum Erreichen der Klimaneutralität festschreibt.
  3. eine neue Leitentscheidung für das Ende der Braunkohleförderung im Rheinischen Revier vorzulegen, die sich an den klimapolitischen Notwendigkeiten orientiert, einen Kohleausstieg bis spätestens 2030 formuliert und weitere Umsiedlungen für die Braunkohle ausschließt.

 

 

1https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-html;jsessionid=A206097D69FF3CE7EC83FE99B1C44872.2_cid386

2Ebd.

3https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1b  vr265618.html