Wibke Brems: „Der Abbau von Braunkohle hat erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt“

Antrag der Piraten für ein Gutachten zu den Folgekosten des Braunkohleabbaus

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man gerade zugehört hat, möchte man meinen: Es ist doch alles in Ordnung im Braunkohlerevier.
Aber ganz ehrlich: Der Abbau von Braunkohle hat erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Herr Hovenjürgen, wir sind von Ihnen gewohnt, dass Sie mehr den Finger in die Wunde legen. Das tun Sie hier nicht. Ich bin darüber sehr enttäuscht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Auswirkungen sind: Tausende von Menschen wurden umgesiedelt. Wertvolle landwirtschaftliche Flächen gehen verloren. Ebenso gehen wertvoller alter Waldbestand und Lebensraum unwiederbringlich verloren. Naturschutzgebiete drohen trockengelegt zu werden. Flüsse fließen in die umgekehrte Richtung. Der Grundwasserspiegel wird verändert. Damit entstehen Bodensenkungen, die Schäden an Häusern, Straßen und Infrastruktur verursachen.
Aber nicht nur während des Abbaus verändert der Braunkohleabbau die ganze Region. Die geplante Befüllung der riesigen Restseen wird bis Ende dieses Jahrhunderts andauern. Auch in Jahrzehnten kann es zu Bodenhebungen kommen. Ganze Bereiche können dauerhaft vernässt werden oder Sumpfgebiete trockenfallen.
Unklar ist, wie genau sich der Grundwasserspiegel nach Beendigung der Sümpfungsmaßnahmen wieder einstellen wird. Unklar ist auch noch, welche praktischen Herausforderungen durch die Seegestaltung entstehen können. Andererseits kann man nicht, wie Herr Thiel das eben sagte, Langzeit- und Ewigkeitsfolgen komplett ausschließen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es gibt Langzeit- und Ewigkeitsfolgen, die erhebliche Kosten nach sich ziehen, deren Höhe heute niemand beziffern kann. Daher ist es genau richtig gewesen, dass in einer Konstellation aus Heinrich-Böll-Stiftung und anderen im Sommer vergangenen Jahres eine Studie vorgestellt wurde, um die finanzielle Vorsorge im Braunkohlebereich in den Blick zu nehmen und die Optionen zur Sicherung der Braunkohlerückstellungen darzustellen.
Da wir sicherstellen müssen, dass hier das Verursacherprinzip gilt, ist es fatal, wenn in der Anhörung zu dem vorliegenden Antrag Vertreter der Braunkohleindustrie behaupten, es gebe keine Ewigkeitsfolgen, wie wir das gerade gehört haben. Man hätte alles im Griff, haben wir da gehört, und man hätte mit allem Erfahrung.
Aber die Anhörung hat eigentlich genau das Gegenteil gezeigt. Es gibt keinerlei Erfahrung mit künstlichen Seen dieser Größe und dieser Tiefe. Deshalb muss mit größter Sorgfalt vorgegangen werden, wenn die Böschungen und die Befüllungen geplant werden, damit sichergestellt ist, dass die Seen auch genutzt werden.
Die größte Unsicherheit besteht darüber, was passiert, wenn der Grundwasserspiegel wieder ansteigt. Daher gilt mein herzlicher Dank Minister Remmel, dass er diesen Aspekt von einem Expertenkreis genauer betrachten lässt. Denn bisher ging es nur darum, die Auswirkungen der Sümpfungsmaßnahmen im Blick zu haben, weniger aber das, was danach kommt. Darüber brauchen wir klare Erkenntnisse.
(Beifall von den GRÜNEN)
Auch möchte ich unterstreichen, dass in der Anhörung wesentliche Punkte und Fragen von uns sowie berechtigte Fragen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und des BUND nicht ausgeräumt wurden.
Zum Beispiel möchte ich Dirk Jansen, den BUND-Geschäftsführer aus dem Protokoll der Anhörung zitieren: Es gibt keine Transparenz in Sachen Kostenschätzung und Rückstellungsberechnungen.
Es gab Befürchtungen, die die Stadt Mönchengladbach geäußert hat, auf Altlasten sitzenzubleiben.
Es gibt enorme Befürchtungen zur Grundwasserqualität und vieles mehr.
All diese Bedenken wurden und konnten bei der Anhörung nicht ausgeräumt werden.
Klar ist, der Ausstieg aus der Braunkohle wird kommen. Die Erneuerbaren werden sicher, bezahlbar und umweltfreundlich unsere Energieversorgung übernehmen. Alle, die das sowie die Fragen und möglichen Folgen immer noch nicht wahrhaben wollen, tun der Region und den Kommunen in der Region keinen Gefallen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Den Piraten ist zu danken, dass sie mit diesem guten Antrag – bei uns wäre er noch besser geworden – den Finger in die Wunde gelegt haben.
(Zuruf von den PIRATEN: Was zu beweisen wäre!)
Die Arbeit ist aber mit diesem Antrag nicht beendet. Sie liegt noch vor uns.
Es geht in den nächsten Jahren darum, gemeinsam mit Kommunen wie Mönchengladbach die Trinkwasserversorgung zu sichern und den Tagebaurandkommunen ihren Standort auf Dauer zu sichern. Außerdem müssen wir verhindern, dass die Allgemeinheit auf diesen Kosten sitzenbleibt.
Wir nehmen diese Herausforderungen an und werden unermüdlich daran arbeiten, dass die Kommunen und die Menschen nicht mit den Folgen des Braunkohlebergbaus alleingelassen werden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)