Die Debatte um die Kosten der Erneuerbaren Energien ist unehrlich

Wibke Brems zur EEG-Umlage

Portrait Wibke Brems 5-23

Machen Wind und Sonne den Strom wirklich teurer?
Die Erneuerbaren Energien haben die Preise an der Strombörse sehr viel billiger gemacht. Grund dafür ist, dass an der Börse nicht die Kosten für den Bau der Kraftwerke oder der Windkraftanlagen angegeben werden, sondern nur die Kosten, die für die unmittelbare Produktion des Stroms anfallen. Also etwa für den Kauf oder die Gewinnung von Kohle. Im Gegensatz zu Kraftwerken, die Kohle oder Gas benötigen, haben Wind- und Photovoltaikanlage keine Brennstoffkosten. Deshalb produzieren sie, wenn sie einmal stehen, den Strom für sehr geringe Kosten. Dies hat dazu geführt, dass die Stromkosten an der Börse umso mehr gefallen sind, je mehr Erneuerbarer Strom verkauft wurde.
Davon profitiert vor allem die energieintensive Industrie, die sich regelmäßig über die Belastungen der EEG-Umlage beschwert. Auch unsere Wirtschaft gewinnt langfristig durch die Energiewende, da sich neue Wirtschaftszweige etablieren und die sinkenden Energiepreise sie wettbewerbsfähiger auf dem Weltmarkt machen. Die Klagen erscheinen vor diesem Hintergrund daher nicht immer ganz glaubwürdig.
Was sagt der Strompreis aus?
Die EEG-Umlage macht die Investitionen in eine klimafreundliche Energieproduktion auf unserer Stromrechnung transparent. Was wir dort nicht ablesen können, sind die Kosten, die konventionelle Energieträger verursachen. Diese werden durch die Allgemeinheit getragen. Dazu gehören etwa die massiven Umwelt- und Gesundheitskosten durch die Verstromung fossiler Brennstoffe und der Rückbau von Atomkraftwerken. Das Forum ökologisch-soziale Markwirtschaft hat berechnet, dass eine „Konventionelle Energien Umlage“, die die Kosten für Umwelt- und Klimaschäden von Atom, Steinkohle, Braunkohle und Gas berücksichtigt, zwischen 9,4 und 10,8 Cent je kWh liegen würde. Diese Kosten werden durch Steuern gedeckt. Unsere Stromrechnung ist also nur zum Teil ehrlich: Die Kosten für Erneuerbare Energien finden sich dort wieder, aber die viel höheren Kosten für die fossilen und atomaren Energien nicht.
Darüber hinaus lassen sich die Investitionskosten von konventionellen Kraftwerken schon lange nicht mehr über die Börse refinanzieren. So gut wie alle großen Energieversorgungsunternehmen mit modernen Kraftwerken haben große Probleme, die Kosten für die Kraftwerke wieder zu erwirtschaften – gerade weil an der Börse nur die reinen, laufenden Produktionskosten berücksichtigt werden. Besonders zur Mittagszeit – in der die Solaranlagen verstärkt Strom einspeisen – können konventionelle Kraftwerke deshalb kaum noch Gewinn machen. Dadurch haben aber  alte Kraftwerke, die bereits abgeschrieben sind, einen Vorteil gegenüber modernen neuen Anlagen, bei denen die Investitionen noch refinanziert werden müssen.
Transparente Preise und ein neues System
Wir brauchen deshalb endlich Preise, die wirklich die Kosten wiederspiegeln. Auch bei den konventionellen Energieträgern. Außerdem müssen wir endlich anfangen unser Energiesystem – auf Basis der Erneuerbaren Energien – neu zu denken. Denn wer die Energiewende wirklich will, bremst nicht die Erneuerbaren Energien aus, wie es die Große Koalition aktuell durch Ausschreibungen, Mengenbegrenzungen und Abschaffung des Grünstromprivilegs versucht. Notwendig ist vielmehr ein modernes Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Weiterentwicklung der Erneuerbaren und des Stromsystems berücksichtigt, aber auch den Eigenschaften der Erneuerbaren Energien Rechnung trägt.