Wibke Brems: „Wir sollen diese Versäumnisse, die es bei einigen Netzbetreibern und der bayerischen Politik gibt, ausbaden.“

Antrag von CDU und FDP zu Stromnetzentgelten

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An einer einzigen Stelle sind wir mit Ihnen einig.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Nur an einer?)
Einheitliche Stromnetzentgelte, wie sie von Bundeswirtschaftsminister Gabriel geplant sind, gingen zulasten von NRW und zulasten unserer Industrie. Sie müssen deshalb verhindert werden.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD] – Zurufe von der CDU)
Aber, liebe CDU und liebe FDP, statt die Landesregierung zu etwas aufzufordern, was sie längst tut, sollten Sie aufhören, den Netzausbau ausschließlich den erneuerbaren Energien zuzuschreiben.
Ich richte einen kurzen Blick zurück. 1960 wurde das erste Atomkraftwerk in Gundremmingen gebaut. In den Jahrzehnten danach, von 1970 bis Anfang der 1990er-Jahre, gab es Verzehnfachung des AKW-Bestands von 2 GW auf 20 GW. Im gleichen Zeitraum wuchs das Stromnetz um 34.000 km, also um zwei Drittel an.
In den damaligen Jahrzehnten war der Netzausbau nicht ein einziges Mal Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Er wurde nicht den Atomkraftwerken zugerechnet; er wurde einfach gemacht.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So ist es!)
Beim heutigen Ausbau, den wir gerade vor uns haben, geht es nicht wie damals um 34.000 km, sondern um 3.800 km.
Diese 3.800 km werden jetzt benutzt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien infrage zu stellen. Genau das haben wir eben von Herrn Brockes gehört. Sie vermengen hier Sachen. Sie benutzen das einfach und sagen dann beispielsweise: Die erneuerbaren Energien bringen keinerlei Nutzen.
Ehrlich gesagt: Allein in Nordrhein-Westfalen haben wir im letzten Jahr 8 Milliarden € Umsatz in diesem Bereich gehabt. Das ist nicht nichts, finde ich. Sie benutzen das. Das ist einfach nur schäbig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hovenjürgen?
Wibke Brems (GRÜNE): Ja. Natürlich, Herr Hovenjürgen.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist sehr nett von Ihnen. – Bitte, Herr Hovenjürgen.
Josef Hovenjürgen (CDU) Liebe Frau Brems, ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass ich mich in meinem Redebeitrag gar nicht oder kaum auf die erneuerbaren Energien bezogen habe, dass aber der Kollege van den Berg, Ihr Koalitionspartner, dies ausdrücklich getan hat?
(Zurufe und Gegenrufe)
Wibke Brems (GRÜNE): Sie können das auch gerne untereinander ausdiskutieren. Aber ich habe mich eben ganz bewusst darauf bezogen, weil die Dinge, die Herr Brockes hier eben genannt hat, wirklich aus früherer Zeit hängen geblieben waren. Auch Ihr Antrag suggeriert Sachen, die einfach so nicht umzusetzen sind.
(Dietmar Brockes [FDP]: Stimmen Sie doch über den Antrag ab!)
Zurück zum Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen: Statt die Landesregierung zu etwas aufzufordern, was sie längst tut, sollten Sie, liebe CDU, lieber einmal vor Ihrer eigenen Haustür kehren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ihr Kollege Seehofer hat sich wie ein trotziges Kleinkind vor dem Süßigkeitenregal an der Supermarktkasse auf den Boden geworfen und mit seiner für ihn typischen Scharfmacherei und mit Stammtischpopulismus gegen Monstertrassen gewettert und mit der Abkopplung von Bayern gedroht.
(Beifall von Matthi Bolte [GRÜNE])
Dann sind die Erziehungsberechtigten der GroKo in Berlin schwach geworden und haben diesem ewigen Gequengel nachgegeben.
Seehofers trotziger Aufstand hat drastische Folgen. Drei Jahre vorher hatten die grünen Länder bereits genau das beantragt, was zunächst abgelehnt wurde, und zwar, dass man ganz genau hinsehen sollte, wo man vielleicht Erdkabel verlegen kann und wo nicht. Diese drei Jahre Verzug bedeuten ganz drastische Folgen, nämlich höhere Netzentgelte. Man braucht teure Ausgleichsmaßnahmen gegen die Netzschwankungen, die es dann vor allen Dingen in Bayern geben wird und jetzt auch schon gibt. Das, was da kommt, ist quasi ein Seehofer-Säumnisaufschlag.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD])
Das werden die Menschen und die Industrie in Bayern spüren.
Jetzt quengelt Seehofer wieder, weil er nämlich merkt, dass das alles teuer wird. Auch da scheint die GroKo wieder nachzugeben. Alle anderen, also wir, sollen dann diese Versäumnisse, die es bei einigen Netzbetreibern und der bayerischen Politik gibt, ausbaden.
Ich finde, das geht so nicht. Das ist eine ungeheuerliche Frechheit. Sie sollten dann der von Ihnen angeführten Bundesregierung Einhalt gebieten, statt die Landesregierung in die Pflicht zu nehmen, obwohl sie gar nicht in der Pflicht ist. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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