Wibke Brems: „Biomasse kann die anderen erneuerbaren Energieträger gut ergänzen“

Antrag der CDU zu Biogas im Ländlichen Raum

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir haben schon gestern länger über die Energiewende, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gesprochen. Heute befassen wir uns mit dem Spezialthema „Biomasse“.
Ich finde es wichtig – das möchte ich hier noch einmal festhalten –, dass wir die erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausspielen. Sie haben alle bestimmte Vor- und bestimmte Nachteile.
Da muss ich schon den ersten Hinweis an die CDU richten. Für mich stellt Ihr Antrag viele positive Aspekte heraus. Sie haben das auch in Ihrer Rede hier gemacht. Es gibt aber auch Punkte, über die wir reden müssen. Auf diese Punkte werde ich gleich noch näher eingehen.
Eines haben alle erneuerbaren Energien aber gemeinsam: Sie sind besser und haben weniger Einfluss auf die Natur und auf uns Menschen als fossile und nukleare Energieträger.
Das größte Potenzial – das ist ganz klar – haben Wind und Sonne, auch in Nordrhein-Westfalen. Die Biomasse hat unterschiedliche Möglichkeiten. Die Verwertung von Abfällen, Kompost, Grünschnitt usw. hat hier bisher noch gar keine Rolle gespielt. Ich glaube, sie ist hier auch strittig. Aber da ist noch einiges zu tun. Ansonsten ist im Bereich der Landwirtschaft das Potenzial deutlich begrenzter als bei Sonne und Wind.
Liebe CDU, Sie haben ja ganz richtige Aspekte angesprochen. Natürlich geht es darum, eine Anschlussfinanzierung für die Biomasseanlagen zu finden, die im Jahr 2020 aus der Unter-stützung herauslaufen. Da kommen wir aber an einen Punkt, bei dem ich meinen Vorredner, Herrn Meesters, unterstützen möchte. Die Kritik an der Ausschreibung und daran, wie damit umgegangen wird, dass nämlich die Ausbauzahlen deutlich reduziert werden, greift viel zu kurz.
Für uns geht es bei der Anschlussfinanzierung und generell bei der Biomasse darum, dass unterschiedliche Kriterien erfüllt werden müssen.
Das erste Kriterium ist, dass die Strommenge, die aktuell schon durch Biomasse erzeugt wird, erhalten bleiben muss. Was hier passiert ist – dass eine Branche einige Jahre massiv unter-stützt wurde und dann von der Bundesregierung fallen gelassen wurde –, ist wirklich fatal. Das haben wir an unterschiedlichen Stellen beobachten können, beispielsweise bei der Fotovoltaik. Gerade droht das auch in der Windindustrie. Das kritisieren wir absolut. Man muss Kontinuität haben. Diese Kontinuität sehen wir nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD])
Das zweite Kriterium bei der Finanzierung von Biomasseanlagen ist für uns die Flexibilität. Dazu haben wir eben schon viel gehört. Da stimme ich Ihnen von der CDU absolut zu. Sie haben einige Punkte richtig angesprochen. Die Biomasse hat enorme Vorteile. Sie kann die anderen erneuerbaren Energieträger gut ergänzen. Genau deshalb sollte sie auch im Hinblick auf zukünftige Voraussetzungen durch das EEG massiv unterstützt werden. Das ist in den letzten Jahrzehnten nicht passiert.
Das dritte Kriterium ist eine echte Wärmekopplung. An unterschiedlichen Stellen ist leider zu beobachten, dass die Wärme zwar irgendwie genutzt wird, aber eigentlich nur zum Schein. Dabei haben gerade die Biogasanlagen den erheblichen Vorteil, dass sie eben nicht nur Strom erzeugen, sondern auch Wärme.
Zu unserem vierten Kriterium für die Anschlussfinanzierung für Biomasse hören wir hier leider überhaupt nichts. Dabei geht es darum, dass wir die Biomasse an ökologischen Kriterien aus-richten wollen; denn neben der Ausweitung der Massentierhaltung hat auch der Biogasboom zwischen 2009 und 2011 zu einem übermäßigen Maisanbau geführt. Wir müssen weg vom Mais. Wir brauchen eine Vielfalt auf den Äckern. Genau dieser Punkt fehlt uns in Ihrem Antrag.
Die entsprechenden Entwicklungen haben in den letzten Jahren regionale Überlastungen mit sich gebracht. Vor allem im nördlichen Nordrhein-Westfalen, im Münsterland, wo sowieso schon viel Massentierhaltung stattgefunden hat, kam die Biomasse noch obendrauf. Das hat die Probleme verstärkt.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD])
Ein weiterer Aspekt ist uns dabei noch wichtig. Immer wieder wird in Diskussionen die Frage gestellt, woher denn die Grundlagen für die Biomasse stammen. Die Landwirte erklären: Das kommt aus der Region; das baue ich selber an. – Wenn man weiter nachfragt: „Woher kommt denn jetzt das Futter beispielsweise für die Schweine, das vorher aus der Region kam?“, lautet die Antwort allerdings: Das müssen wir jetzt importieren, beispielsweise Soja aus an-deren Ländern oder Kontinenten. – Das geht so nicht. Das muss miteinander gedacht werden. Deswegen sind diese ökologischen Kriterien für uns absolut wichtig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe CDU, wenn ich mir diesen Antrag angucke, muss ich Folgendes feststellen: Ich kann ja verstehen, dass Piraten und FDP Anträge stellen, die in Richtung Bundesregierung gehen, aber Sie sitzen selber mit in der Bundesregierung.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Norwich Rüße [GRÜNE]: Das wissen die gar nicht mehr!)
Insofern könnten Sie doch einfach auch einmal machen, anstatt hier nur zu fordern.
Zu guter Letzt: Im Rahmen einer ausführlichen Beratung im Ausschuss hätten wir vielleicht an vielen Punkten zueinandergefunden. Da Sie aber hier und heute darüber abstimmen wollen und uns einige Aspekte fehlen, können wir den Antrag nur ablehnen.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Überweisung wäre schön!)
– Ja.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)