Wibke Brems: „Wir benötigen den Windenergieausbau dort, wo Industrie ist, wo die Zulieferer und wo die Arbeitsplätze angesiedelt sind“

Antrag der Piraten zur Bürgerenergie

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erzähle Ihnen gewiss nichts Neues, wenn ich sage: Die Energiewende ist eine Erfolgsgeschichte. Die Entwicklung der erneuerbaren Energien hat vor 15 Jahren keiner so vorhergesehen. Das gilt erst recht, wenn ich Ihnen sage, dass aktuell in Deutschland in diesem Bereich mehr als 370.000 Arbeitsplätze bestehen. In Nordrhein-Westfalen sind es mehr als 50.000 Arbeitsplätze. Allein in der Windbranche waren es 2014 in Nordrhein-Westfalen 14.600 Mitarbeiter mit einer Wertschöpfung von 1 Milliarde €.
In Nordrhein-Westfalen fußt diese Branche auf mittelständischen Zulieferern, die in der Windenergiebranche unterwegs und somit auch von den Entscheidungen der Bundesregierung zur Windenergie abhängig sind. Ich habe das Gefühl, dass der Bundesregierung die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien selbst gerade etwas unheimlich wird und sie deshalb nun zu anderen Mitteln greift. Die Bundesregierung will den Anteil der erneuerbaren Energien am Strom auf Gedeih und Verderb auf 45 % im Jahr 2025 begrenzen. Dabei haben wir im letzten Jahr im Strombereich schon ein Drittel aus erneuerbaren Energien bezogen.
Wenn man sich die Zahl bis 2025 und die Dynamik im Fotovoltaikbereich auch in den nächsten Jahren anschaut – obwohl in dem Bereich schon viel von den Vorgängerregierungen kaputt gemacht wurde –, wenn man sich die Ausbauziele der Bundesregierung für Offshore-Wind und das ansieht, was immer noch im Bereich der ebenfalls kleingemachten Biomasse geschieht, dann darf man feststellen, dass nur noch ein Rest beim Onshore-Wind verbleibt. Das heißt, die Windenergie ist zu einem Restposten verkommen.
Mit den jetzigen Planungen zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz soll die Windenergie aufs Abstellgleis gestellt werden; die Binnenländer wie Nordrhein-Westfalen werden dann mit allen negativen Konsequenzen einfach abgehängt. Angefangen damit, dass wir in Nordrhein-Westfalen unsere Ausbauziele für die erneuerbaren Energien im Allgemeinen und für Windenergie im Speziellen nicht mehr erreichen, hat das eben eine ganz klare Auswirkung auf die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Für die mittelständischen Firmen in der Branche, für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist es nämlich ein Schlag ins Gesicht, was gerade in Berlin passiert.
Liebe CDU, liebe FDP, wenn Sie einmal Gespräche mit den Zulieferern und den Branchen führen würden, so wie Sie es mit Großkonzernen und Hoteliers gewohnt sind, dann würden Sie hören, wie wichtig der Heimatmarkt Deutschland und wie wichtig der Heimatmarkt Nordrhein-Westfalen für Windenergiefirmen und Zulieferer ist.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Dann würden Sie und auch die Bundesregierung nicht so mit dieser Branche umgehen; denn hier geht es auch um Investitionssicherheit und um Arbeitsplätze. Diese Verantwortung sollte auch die Bundesregierung annehmen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Weitere negative Konsequenzen des Abhängens Nordrhein-Westfalens von anderen Binnenländern und von der Windenergie bestehen in einem massiven Netzausbau, mit dem wir es potenziell in den nächsten Jahrzehnten zu tun haben werden. Man muss sich nur einmal die aktuellen Planungen im Netzentwicklungsplan anschauen. Wenn man sich die Szenarien mit einem erhöhten Ausbau von Offshore-Windenergie bis 2035 ansieht, dann stellt man fest: Das bedeutet einen massiven Netzausbau von Nord nach Süd durch Deutschland, und damit auch durch Nordrhein-Westfalen. Das müssen wir verändern.
Das alles zeigt, dass wir den Windenergieausbau dort benötigen, wo Industrie ist, wo die Zulieferer sind, wo es den hohen Stromverbrauch gibt und wo die Arbeitsplätze angesiedelt sind. Da soll ein ganz klares Signal an die Bundesregierung gehen: Wir benötigen den Windenergieausbau in Nordrhein-Westfalen.
Das Rückgrat der Energiewende sind die Bürgerinnen und Bürger; das haben wir eben auch schon von den Vorrednern gehört. Die Bürgerinnen und Bürger haben mit ihren Projekten und ihrem Engagement die Energiewende groß gemacht. Während Energieriesen noch über die erneuerbaren Energien gelacht haben, haben die Bürgerinnen und Bürger zugepackt und etwas auf die Beine gestellt. Und jetzt passiert etwas, ganz nach Wilhelm Busch, der sagte:
„Kaum haste mal ein bisschen was, gibt es wen, den ärgert das!“
Die großen Energieversorger, die vorher die Energiewende verpennt haben, merken jetzt: Da ist doch was zu holen. Auf einmal wollen sie die Bürgerenergie ausbremsen, und die Bundesregierung macht ganz klar mit.
Da muss ich ganz klar in Richtung CDU sagen: Ihr Entschließungsantrag hilft an dieser Stelle auch nicht wirklich weiter. Gerade die Kollegen Hovenjürgen und Fehring sollten wissen, dass die Größenordnungen, von denen man bei der Windenergie redet, nicht mit dem kompatibel sind, was Sie hier beantragt haben.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Bürgerenergieprojekte leisten einen wichtigen Beitrag zum Gelingen und die Akzeptanz der Energiewende. Das ist ein wichtiges Signal. Dieses Signal im Entwurf des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes ist negativ und fatal für uns alle. Wenn das EEG 2016 so kommt, wie es der Entwurf erwarten lässt, gefährdet das die Energiewende von unten. Es gefährdet den wichtigen Zweig der NRW-Wirtschaft und den Erneuerbaren-Energien-Standort Nordrhein-Westfalen.
Das kann nicht in unser aller Sinn sein. Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass es nicht so kommt!
(Beifall von den GRÜNEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Wibke Brems (GRÜNE): Ich komme zum Schluss. – Daher haben wir einen Entschließungsantrag ins Verfahren eingebracht, der eben all diese Aspekte umfassend beleuchtet – umfassender, als das der Piratenantrag tut. Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam ein starkes Signal nach Berlin senden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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