Wibke Brems: „Es wird Zeit, dass wir gemeinsam die Aufgaben, die aus diesem historischen Moment erwachsen, in Angriff nehmen“

Aktuelle Stunde auf Antrag von SPD und GRÜNEN zum Klimagipfel in Paris und zum Klimaschutzplan NRW

Portrait Wibke Brems 5-23

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Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Historische Ereignisse haben es meist an sich, dass sie nur aus der Rückschau als solche erkannt werden. Das ist jedenfalls häufig so. Zu diesen Zeiten können wir aber, glaube ich, schon getrost sagen, dass wir historische Ereignisse erleben.
Eines dieser großen historischen Ereignisse ist das, was wir bei der Klimakrise und beim Klimaschutz erleben. Unser Klima verändert sich. Die Weltorganisation für Meteorologie hält es für sehr wahrscheinlich, dass 2015 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein wird. Vermeintliche Rekorde überschlagen sich. Das haben wir im vergangenen Sommer und im letzten Herbst erlebt, und heute Nacht werden wir wahrscheinlich die wärmste Nacht eines 17. Dezember seit Beginn der Wetteraufzeichnungen haben.
Als historisch mag man auch das bezeichnen, was am vergangenen Wochenende in Paris passiert ist. Erstmals einigten sich die 195 teilnehmenden Staaten auf die Begrenzung der durchschnittlichen Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius. Erstmals sind Industrieländer, Schwellenländer und Entwicklungsländer zusammengekommen und haben solche Ziele vereinbart. Erstmals haben sie gemeinsam festgestellt, dass die Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2050 neutral sein müssen.
Wenn gestandene Politikerinnen und Politiker sichtlich bewegt sind, wie ich das am Samstag beispielsweise in der „Tagesschau“ sehen konnte, und Freudentränen in ihren Augen sichtbar sind, kann man getrost sagen: Dann ist etwas ganz Besonderes passiert.
(Beifall von den GRÜNEN)
Gleichzeitig ist jedoch klar: So historisch dieses Ereignis auch sein mag, wird es in der Rückschau erst dann als wirklicher Wendepunkt wahrgenommen werden, wenn die Staaten jetzt ihre Anstrengungen erhöhen; denn leider reichen die aktuellen Maßnahmen nicht aus, um das Ziel von Paris aktuell zu erreichen.
Daher muss auch Deutschland seine Anstrengungen massiv erhöhen, und zwar in allen Bereichen, von Strom über Wärme – wie wird eigentlich in Zukunft unsere Mobilität aussehen? – bis hin zu der Frage: Wie finden wir jetzt wirklich die Lösung für die Kohle; wie gehen wir weiter mit der Kohleverstromung um? – Da kann es aus unserer Sicht nur einen Weg geben: Wir müssen jetzt darüber reden, wann wir die Kohleverstromung hier in Deutschland beenden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Historisch – zugegebenermaßen in kleinerem Maßstab – ist für unser Land, dass wir nach Deutschlands erstem Klimaschutzgesetz, das wir vor zwei Jahren verabschiedet haben, nun den ersten Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen bekommen.
Was ist daran so einzigartig? Wir haben ihn in einem noch nie da gewesenen Beteiligungsverfahren erarbeitet. Wir haben Verbände, Unternehmen, Kommunen und die Bürger beteiligt. Alle Bereiche sind in diesem Klimaschutzplan enthalten.
In Bezug auf erneuerbare Energien treffen wir Aussagen, wie es mit dem Speichern weitergeht. Wir sagen, wie es mit der Kraft-Wärme-Kopplung in Nordrhein-Westfalen weitergeht. Natürlich gehen wir auch auf die Rolle der Industrie beim Klimaschutz ein. Es geht darum, dass wir sie mitnehmen und auf einen gemeinsamen Weg gehen.
Weitere Aussagen beziehen sich auf folgende Themen: Wie gehen wir mit der Gebäudesanierung und der Mobilität um? Welche Rolle hat die Landwirtschaft in Zukunft beim Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen? Wie können wir zu Hause effizienter sein? Eine große Rolle spielt natürlich die Vorbildfunktion. Die klimaneutrale Landesverwaltung ist einer der wichtigen Aspekte.
(Beifall von den GRÜNEN)
Last, but not least beschäftigt sich der Klimaschutzplan auch damit, dass wir einen Klimawandel haben werden und uns daran anpassen müssen. Der Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen ist die Roadmap, die wir eigentlich in allen Staaten und in allen Ländern jetzt dringend benötigen, um das Ziel von Paris zu erreichen.
An dieser Stelle geht es ganz klar darum – ich habe es eben mit einem Satz erwähnt –, welche Rolle beispielsweise die Industrie und die Wirtschaft haben. Unser Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen setzt hier ganz klare Signale, wo Investitionen noch sinnvoll sind und wo Innovationen sinnvoll sind. Genau dieses Signal ist auch aus Paris gekommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
US-Außenminister Kerry sagte in seiner Rede auf der UN-Konferenz, das Abkommen von Paris könne das größte Investitionsprogramm in der Menschheitsgeschichte auslösen. In seiner Rede stellte er auch einfach einmal folgende Frage: Was wäre denn, wenn die Klimaskeptiker doch recht hätten und der Klimawandel gar nicht menschengemacht wäre, sodass alle unsere Investitionen in erneuerbare Energien und in Klimaschutz insgesamt quasi umsonst wären? – Er sagte, dass sie auch dann nicht umsonst wären. Denn was hätten wir davon? Wir hätten Millionen von neuen Jobs. Wir hätten unsere Wirtschaften stimuliert. Wir hätten Ländern, die das dringend brauchen, noch weitere Investitionen ermöglicht. Und wir hätten eine gesündere Bevölkerung und gesündere Kinder. – Das sagt US-Außenminister Kerry.
Lassen Sie mich sagen: Investitionen in Kohle, Öl und Fracking sind rückwärtsgewandt. Wir brauchen Investitionen in die neue Wirtschaft und in neue Innovationen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zu guter Letzt möchte ich Arnold Schwarzenegger zitieren.
(Rainer Deppe [CDU]: Hasta la Vista! – Zurufe von Josef Hovenjürgen [CDU] und Henning Höne [FDP] – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
– Ich wusste, dass Ihnen das gefällt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich hätte selber nicht gedacht, dass ich einmal einen republikanischen Politiker zitiere, und das auch noch in einer Klimadebatte. Das muss man schon sagen.
Er sagte auf der Konferenz in einer wirklich sehr beeindruckenden Rede: Ich persönlich möchte einen Plan. Ich möchte nicht der letzte Investor in eine Videothek sein, während Netflix längst das Geschäft übernommen hat. – Er möchte also nicht mehr in Videotheken investieren, wenn die Leute Filme längst online sehen und gar nicht mehr in die Videothek fahren.
Weiter sagt er: Das ist genau das, was mit fossilen Energieträgern passieren wird. Eine saubere Energiezukunft ist eine weise Investition. Jeder, der etwas anderes sagt, hat unrecht oder lügt. So oder so würde ich deren Ratschläge für Investitionen nicht annehmen. – So Arnold Schwarzenegger!
(Beifall von den GRÜNEN)
Zu guter Letzt: Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin auch ein bisschen gespannt, ob von CDU und FDP gleich etwas Neues kommt. Ich finde, dass Sie im Bereich Klimaschutz an vielen anderen Stellen eine Ja-Aber-Politik betreiben. Auch gestern haben wir es gehört. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Laschet hat sich in seiner unsäglichen Haushaltsrede darüber lustig gemacht und gesagt:
(Klaus Kaiser [CDU]: Hey! – Weitere Zurufe von der CDU)
Ich bin ja für Gleichberechtigung; aber bitte keine Genderforschung! – Ich gehe davon aus, dass Sie das heute fortsetzen und die unsägliche Litanei hier fortführen, indem Sie sagen: Wir sind ja für Klimaschutz; aber bitte nicht zu viel!
Sehr geehrte Damen und Herren, es wird Zeit, dass Sie Ihr Aber herunterschlucken, die Zeichen der Zeit erkennen und wir gemeinsam die Aufgaben, die aus diesem historischen Moment erwachsen, in Angriff nehmen. Es wird Zeit für den Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen!
(Beifall von den GRÜNEN)

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