Wibke Brems: „Sie sind eine Erklärung schuldig geblieben, was der Mehrwert für die Menschen vor Ort ist, wenn Deutschland Investitionen in Kohlekraftwerke unterstützt.“

Antrag der CDU zu KfW-Kredite für Kraftwerksbauer

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ihren Antrag, liebe CDU, finde ich bei so viel Heuchelei fast nicht zu ertragen.
Mit einem Verweis auf die bösen anderen Länder und – in ihrer Rede von gerade –die Auswirkungen auf den Klimaschutz wollen Sie erst einmal Ihre Seele reinwaschen. Aber im nächsten Schritt werben Sie dafür, mit der alten Entwicklungspolitik weiterzumachen, die die Fehlentwicklungen unserer Länder einfach in die Entwicklungsländer exportiert, anstatt die dort lebenden Menschen dabei zu unterstützen, in ihrem Land eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaft aufzubauen, ohne die gleichen Fehler zu wiederholen, die wir bereits gemacht haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Vorteile der erneuerbaren Energien, die Herr Kollege Fehring von der CDU im vorangegangenen Tagesordnungspunkt noch selbst gepriesen hat – die Demokratisierung der Energiewirtschaft, die geringeren Umweltauswirkungen und die geringeren Abhängigkeiten –, all das gilt doch nicht nur, wenn sie in Deutschland zum Einsatz kommen, sondern eben auf der ganzen Welt.
(Ilka von Boeselager [CDU]: Dann machen Sie das doch!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie verkennen folgende Aspekte vollkommen: Kohlekraftwerke in Entwicklungs- und Schwellenländern verbessern den Energiezugang dort nicht per se. Eine Studie von All Change International, die die Wirkung von Energieprojekten der Weltbank untersucht hat, kommt zu dem Schluss, dass keines der in den Jahren 2008 bis 2010 finanzierten Kohlekraftwerke den Energiezugang der Armen vor Ort verbessert hat, obwohl die Finanzierung genau das erreichen sollte.
Der zweite Aspekt: Der Abbau von Kohle geht in diesen Ländern häufig mit Menschenrechtsverletzungen und größten Umweltsünden einher: Menschen werden vertrieben, ganze Gegenden unbewohnbar, Flüsse umgeleitet, Wälder gerodet – und das alles in einem Ausmaß, das mit der Kohlegewinnung bei uns absolut unvergleichbar ist.
(Zuruf von den PIRATEN)
Durch die internationale Finanzierung von Kohlekraftprojekten beteiligt sich aber auch Deutschland indirekt an diesen Menschenrechtsverletzungen.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Der dritte Aspekt: Die Kohlekraftwerke vor Ort sind auch kein nennenswerter Faktor für die Arbeitsplätze – besonders nicht im Vergleich zu den erneuerbaren Energien. In Südafrika wurde beispielsweise zwischen 1980 und 2000 die in Kohlekraftwerken produzierte Strommenge verdoppelt, während im gleichen Zeitraum mehr als 60 % der Arbeitsplätze in diesem Sektor abgebaut wurden.
Gerne sage ich noch etwas zu den Arbeitsplätzen hier bei uns – auch das hatten wir gestern schon in der Debatte –: Die Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien in NRW und in ganz Deutschland – wo wir in den letzten Jahren Arbeitsplätze verloren haben – könnte man unterstützen, indem man KfW-Kredite in diese Richtung weiterhin unterstützt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind eine Erklärung schuldig geblieben, was der Mehrwert für die Menschen vor Ort ist, wenn Deutschland Investitionen in Kohlekraftwerke unterstützt. Denn im Gegensatz dazu gibt es die billigste Stromversorgung nun einmal durch Wind- und Solarenergie – auch im Vergleich zu Kohle und Atom. Biomasse, Wasserkraft und Geothermie können je nach Bedingungen vor Ort und je nach Nachhaltigkeitskriterien eine sehr, sehr gute Ergänzung sein.
Besonders in Entwicklungsländern bieten diese Technologien zudem die Möglichkeit, Strukturen vor Ort aufzubauen und auch in abgelegenen Regionen Strom zu produzieren. Hier sollte der Schwerpunkt der Förderung und der Zusammenarbeit der KfW-Bank liegen. So bietet sich nicht nur die Möglichkeit, neue Märkte mit deutschem Ingenieurswissen zu erschließen, sondern den Klimaschutz zu unterstützen und eine zukunftsfähige Stromversorgung auch in Entwicklungsländern zu ermöglichen.
Gestern und in der letzten Woche insgesamt diskutierten wir darüber, ob alte Kraftwerke abgeschaltet und damit 22 Millionen t CO2 in Deutschland eingespart werden sollten. Gleichzeitig wird im CDU-Antrag nun aber gefordert, dass die Bundesregierung den Export von Kraftwerkstechnik ins Ausland unterstützen soll. Damit zementieren wir im Ausland jedoch eine Stromversorgung, die wir in Deutschland langfristig auslaufen lassen wollen. Andere Länder und Institutionen sind da schon viel weiter.
Wir haben eben von einigen Ländern gehört, die aus dieser Förderung aussteigen. Ich möchte noch ein ganz anderes Beispiel nennen: Die Rockefeller Foundation, deren Reichtum es ohne Öl nicht gäbe, hat sich neben anderen Organisationen entschieden, ein sogenanntes Divest zu betreiben und ziehen in den nächsten fünf Jahren zusammen mit 800 globalen Investoren insgesamt mehr als 50 Milliarden US-$ aus Investitionen in fossile Energien ab. So sollte der Weg sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben eben schon einiges zum Hintergrund gehört, mit dem wir es aktuell auf Klimakonferenzen zu tun haben – aktuell in Lima und im nächsten Jahr in Paris –, dass wir die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius begrenzen müssen. Das kann nur gelingen, wenn wir den Verbrauch fossiler Energieträger weltweit deutlich reduzieren und diese durch erneuerbare Energien ersetzen.
Die CDU aber möchte die gegenteilige Entwicklung unterstützen und gibt vor, dass Kohlekraft für die Entwicklung vor Ort notwendig ist. Ich finde das heuchlerisch. Wir können nicht auf der einen Seite Geld für Klimaschutz und Klimaanpassung ausgeben und auf der anderen Seite den Bau von Kohlekraftwerken unterstützen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN)

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