Wibke Brems: „Überbordende Befreiungen sorgen dafür, dass andere Stromkunden höhere Lasten zu tragen haben.“

Antrag der FDP zu Ökostrom-Rabatten

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich – ich muss es leider sagen –, mit welchen inhaltlich leeren Anträgen wir es hier zu tun bekommen. In diesem Fall haben wir es mit Erkenntnissen der FDP zu tun, die meint, diese mit uns teilen zu müssen.
Die Erkenntnisse sind: Bei SPD und Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich um zwei eigenständige Parteien. Diese befinden sich in einer Koalition. Die Koalitionsfraktionen haben viele Gemeinsamkeiten, aber an ein paar Stellen auch unterschiedliche Vorstellungen zur Vorgehensweise. – Ich kann mir da die Ironie beim besten Willen nicht verkneifen: Das sind wahnsinnig neue Erkenntnisse.
Es wäre allerdings toll, wenn die FDP noch ein paar Erkenntnisse hinzugewinnen könnte. Bei dem von ihr angesprochenen Thema der EEG-Umlagen-Befreiung handelt es sich um kein landespolitisches Thema. Zuständig ist zunächst der Bundestag. Ich kann ja verstehen, dass die FDP eine Ersatzbühne für den Bundestag benötigt, dann aber bitte auch mit inhaltlichen Anträgen und nicht mit dem billigen Versuch, die rot-grüne Koalition zu spalten. Jetzt springen ja leider auch noch CDU und Piraten auf diesen Zug auf. Aber ich kann Ihnen allen versichern: Es wird Ihnen nicht gelingen. Denn wir haben viele Gemeinsamkeiten, und die Basis ist unser rot-grüner Koalitionsvertrag, den ich gerne zitiere:
„In verschiedenen EU-Ländern werden Strompreise indirekt subventioniert. Im internationalen Wettbewerb stehende energieintensive Unternehmen in Deutschland sind deshalb auf wettbewerbsfähige Strompreise angewiesen, damit sie ihre Produktion und damit CO2-Emmisionen nicht ins Ausland verlagern.
Ausnahmen und/oder Kompensationen müssen auf die Bereiche begrenzt werden, in denen sie für faire Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind.“
Da sehen Sie die Gemeinsamkeiten und die Linie. Die ganz wenigen Differenzen halten wir schon aus, da brauchen Sie keine Sorgen zu haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich möchte mich natürlich vor der inhaltlichen Debatte nicht drücken. Denn wir Grüne sind der Meinung, dass die Befreiungen von der EEG-Umlage wirklich in den letzten Jahren überhandgenommen haben. Den Fakten kann sich eigentlich niemand entziehen: Im Jahr 2006 waren es noch unter 500 Befreiungen, im Jahr 2011 unter 1.000, und mittlerweile liegt die Zahl die Anträge bei über 2.000. Das ist eine Vervierfachung innerhalb von sieben Jahren. Dass da etwas aus dem Ruder gelaufen ist, kann eigentlich jeder sehen. Von einem „Weiter so“, wie es in dem CDU-Antrag gefordert wird, kann also nicht die Rede sein.
(Thomas Kufen [CDU]: Quatsch!)
Die Konsequenzen für uns alle, für Stromkundinnen und Stromkunden, sind deutlich zu spüren: Die Befreiungen summieren sich im Jahr 2013 auf 5,6 Milliarden €. Allein 15 % des Anstiegs der EEG-Umlage von 2013 auf 2014 sind auf diese überbordenden Befreiungen zurückzuführen.
Gleichzeitig möchte ich natürlich auf keinen Fall abstreiten, dass es zu Belastungen der stromintensiven Industrie durch die EEG-Umlage kommt. Zahlen aus dem Jahre 2012 zeigen jedoch, dass den Belastungen in Höhe von 137 Millionen € preissenkende Effekte in Höhe von 440 Millionen € gegenüberstehen. Diese preissenkenden Effekte kommen durch gesunkene Börsenstrompreise zustande, die eine Folge der Einspeisung erneuerbarer Energien sind. Die erneuerbaren Energien senken also den Börsenpreis und die Kosten für viele Unternehmen.
Überbordende Befreiungen sorgen jedoch dafür, dass andere Stromkunden höhere Lasten zu tragen haben. Wenn es also ernsthaft gewollt ist, den Strompreisanstieg für die Endkunden zu begrenzen, müsste die EEG-Umlagenbefreiung auf wirklich im internationalen Wettbewerb stehende stromintensive Unternehmen zurückgeführt und die Weitergabe der erhöhten Börsengewinne an die Endkunden festgelegt werden. Den Strompreisanstieg einseitig den erneuerbaren Energien in die Schuhe zu schieben, ist einfach nicht ehrlich.
Lieber Herr Kufen, ich möchte gerne noch einen Satz zum EU-Beihilfeverfahren sagen. Dieses Verfahren wurde nicht eröffnet, weil in einem Bundesland Rot-Grün über Einzelheiten diskutiert, sondern weil dort Tatsachen entscheiden. Und das sind, wie ich eben festgestellt habe, die massiv ausgeweiteten Befreiungen der letzten Jahre.
(Zuruf von Thomas Kufen [CDU])
Zu guter Letzt meine wirklich gutgemeinte Empfehlung für alle Oppositionsparteien in diesem Fall:
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Bringen Sie inhaltlich konstruktive Anträge ein, statt uns hier unnötig mit Ihren bahnbrechenden Erkenntnissen, mit Nichtzuständigkeiten und Ihren vergeblichen Versuchen, die rot-grüne Koalition auseinanderzutreiben, zu beschäftigen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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