Wibke Brems: „RWE muss für die Betroffenen vor Ort Klarheit schaffen.“

Aktuelle Stunde zur Zukunft von Garzweiler II

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal frage ich mich, Herr Kufen, wer hier nicht synchron läuft. Für mich ist das eher die CDU. Erst durfte Ihr Wahlkreisabgeordneter die Betroffenheit vor Ort darstellen, dann haben Sie als energiepolitischer Sprecher aber klargemacht, dass alles so weitergehen soll wie bisher, notwendige Energiewende hin oder her. Das ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Werfen wir doch einen Blick zurück. Anfang der 90er-Jahre hat sich die Politik in Nordrhein-Westfalen mit der Genehmigung zum Tagebau Garzweiler II beschäftigt. Ich saß währenddessen noch im Matheunterricht und habe mich mit den Binomischen Formeln beschäftigt. Deshalb kann ich nicht aus eigener Erinnerung dazu sprechen wie Herr Ellerbrock.
Gucken wir uns die Situation einfach sachlich an. Herr Ellerbrock, Sie sind damals, vor mehr als 20 Jahren, zu einem Ergebnis gekommen. Das ist so lange her. Schauen wir uns doch mal an, wie sich die Welt seitdem verändert hat.
Erster Punkt: Klimaschutz. Klimaschutz stand damals nicht gleichwertig neben der Versorgungssicherheit, wie Herr Schmalenbach es eben schon angedeutet hat. In den 90er-Jahren wurde stark vermutet, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt, es gab aber keinerlei internationale Vereinbarung. Heute ist der menschengemachte Klimawandel zweifelsfrei nachgewiesen. Heute ist klar, dass die deutschen Klimaschutzziele nicht durch eine Effizienzsteigerung von Kraftwerken, sondern durch die Reduzierung der Verbrennung von Kohle und Öl und durch einen konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien bei der Strom- und Wärmeversorgung und beim Verkehr erreicht werden. Dass wir im Übergang flexibel regelbare Kraftwerke brauchen, ist klar. Aber nur mit einem konsequenten Umstieg auf die erneuerbaren Energien ist dem Klimawandel entgegenzutreten.
Kommen wir zu den harten Fakten, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Unternehmen RWE verändert haben.
Gucken wir uns doch mal an, wie die Anteile der erneuerbaren Energien Anfang der 90er-Jahre aussahen. Im Bund hatten die erneuerbaren Energien einen Anteil von 3,6 %, in Nordrhein-Westfalen sogar von nur 0,4 %. Im Jahr 2011 – das sind belastbarsten Zahlen, die wir haben – lagen wir im Bund bei 20,3 % und in NRW bei 7,7 %; in NRW haben wir noch viel vor uns. Daran sieht man, dass damals noch viel vor uns lag, was man seinerzeit nicht abschätzen konnte. Auch damalige Prognosen zu erneuerbaren Energien, beispielsweise grüne Prognosen, die gerne als Utopie verschrien waren, wurden deutlich übertroffen. All das hat sich in den letzten mehr als 20 Jahren verändert.
Gucken wir uns doch mal den Strommarkt an. Anfang der 90er-Jahre gab es keinen freien Markt, keine Strombörse. Es gab ein staatlich reglementiertes Oligopol und die vier großen Energieversorgungsunternehmen, die die Energieversorgung maßgeblich geprägt haben und in Händen hielten.
Bei den erneuerbaren Energien haben die vier großen Energieversorgungsunternehmen heute nur noch einen Eigentumsanteil von 6,5 %. Mehrheitlich sind die erneuerbaren Energien in den Händen der Verbraucherinnen und Verbraucher selbst.
Wenn wir all diese Beispiele nehmen, uns einmal kurz rückwärts wenden und schauen, wo wir angefangen haben und im Vergleich dazu heute stehen, dann wird deutlich, dass es heute eben neue, veränderte Bedingungen gibt.
Bei diesen neuen Bedingungen innerhalb eines veränderten Marktes muss sich RWE endlich neu aufstellen und für Klarheit für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen. RWE muss angesichts dieser klar veränderten Rahmenbedingungen vor allem aber – wie es meine Kollegin Gudrun Zentis vorhin schon eindrucksvoll beschrieben hat – für die Betroffenen vor Ort Klarheit schaffen und endlich den Anschluss an die Energiewende finden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

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