Wibke Brems: „So schafft Deutschland die nicht nur von uns Grünen, sondern auch von Klaus Töpfer geforderte wichtige ökologische industrielle Revolution auf keinen Fall. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für den Bundesumweltminister.“

Aktuelle Stunde auf Antrag von SPD und GRÜNEN zur Energieeffizienz

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Steigerung der Energieeffizienz ist ein wichtiger Pfeiler der Energiewende. Darin sind sich alle einig.
Michael Glos sagte beispielsweise vor Kurzem: Energie, die nicht verbraucht wird, ist die sinnvollste Energiepreissenkung. – Ursula Heinen-Esser, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, meint, dass Energieeffizienz nicht nur eine Chance, sondern sogar zwingend geboten sei. Sie ergänzte im Mai: Unnötiger Energieverbrauch bedeutet zusätzliche Kosten, ist damit ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, treibt die Energiepreise hoch und beeinträchtigt die Versorgungssicherheit.
Die Bundesregierung hat sich also große Ziele gesteckt. So soll der Stromverbrauch bis 2020 im Vergleich zu 2008 um 10 % und bis 2050 um 25 %gesenkt werden. In diesem Sinne startete Bundesumweltminister Altmaier im Herbst letzten Jahres eine Stromsparinitiative und ließ verlauten, dass der Bundesumweltminister im nächsten Jahr zusätzlich zwischen 50 und 100 Millionen € in die Hand nehmen werde, um das Thema Stromsparen weiter voranzubringen.
Jetzt könnte man sagen: wichtige und richtige Aussagen, sinnvolle Ziele und Ankündigungen mit finanziellen Mitteln hinterlegt. – Könnte man sagen. Denn leider steckt dahinter nichts außer Plattitüden, hohlen Ankündigungen und Wünschen. Na ja, fast nichts. Eine Homepage ist alles, was aus Altmaiers Ankündigungen geworden ist: eine Homepage für 600.000 € – 600.000 € von angekündigten 50 bis 100 Millionen €! Das ist eine traurige Bilanz der Stromsparinitiative des Umweltministers: Ein einziges Projekt ist aufgelegt; 1 % der angekündigten Mittel ist eingesetzt.
Als wäre diese Bilanz noch nicht traurig genug, kommt die Reaktion des Ministeriums hinzu, weitere vage Förderprojekte in Aussicht zu stellen, die sich – Zitat – „möglicherweise durchaus noch in diesem Jahr ergeben könnten“.
Aber ganz ehrlich: Eigentlich finde ich das Ganze kaum verwunderlich; denn wenn ich mir die Energiewende und die Diskussionen über das EEG und den Klimaschutzfonds anschaue, verfestigt sich das Bild: Altmaier ist ein Ankündigungsminister, der ganz groß darin ist Luftschlösser zu bauen. Aber früher oder später lässt entweder Kabinettkollege Rösler oder Altmaier selbst die Luft ab, und übrig bleibt ein Häufchen Elend.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Meine Damen und Herren, so schafft Deutschland die nicht nur von uns Grünen, sondern auch von Klaus Töpfer geforderte wichtige ökologische industrielle Revolution auf keinen Fall. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für den Bundesumweltminister; besonders dramatisch ist es für finanzschwache Haushalte, die besondere Unterstützung bei den Anstrengungen zum Energiesparen benötigen. Sie müssen von besseren Energieberatungsangeboten und der Markteinführung besonders energieeffizienter Geräte profitieren. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden und nicht für eine Homepage.
Wir in NRW gehen voran. Ich bin sehr froh, dass wir das Projekt „Beratungs- und Informationsangebot für einkommensschwache Haushalte“ massiv ausgeweitet haben und nicht einfach nur Politik mit großen Worten machen.
Darüber hinaus brauchen die Energiewende und folglich auch die Energieeffizienz konkrete Initiativen, besonders in folgenden Bereichen: Die Bundesregierung muss endlich auf der Basis der EU-Energieeffizienzrichtlinie die Energieversorger dazu verpflichten, durch Effizienzmaßnahmen bei ihren Kundinnen und Kunden Energie und Kosten einzusparen. Wir brauchen endlich den Toprunner-Ansatz, der schon in über 50 Ländern eingeführt wurde. Dabei ist klar, dass das beste Gerät am Markt die Effizienzstandards für die nächsten Jahre festlegt, wodurch eine wirkliche Weiterentwicklung möglich ist. Seit Jahren wird darüber geredet, aber nichts passiert.
(Zuruf von der FDP)
– Ja, was ist denn bei dem Thema passiert? Gar nichts. – In anderen Ländern wird schon lange mit strengeren Standards, auch für die Wirtschaft, gearbeitet. Ich nehme als Beispiel die USA, die ansonsten nicht so bekannt für strenge Regularien sind. Aber genau die USA haben beispielsweise eine Norm für Elektromotoren in der Wirtschaft. Würden wir diese Norm in Deutschland einführen, könnten bis zu 50 % der Stromkosten eingespart werden. So könnten Belastungen von Unternehmen durch ihre Energiekosten gesenkt werden, ohne die Verbraucherinnen und Verbraucher zu belasten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der FDP)
Zu der Stromsparinitiative von Bundesumweltminister Altmaier gehört auch ein runder Tisch. Der wurde erst vor wenigen Tagen, auch aus dem Teilnehmerkreis heraus, in der Presse als „Werbeveranstaltung für den Umweltminister“ beschrieben. Ich muss sagen, ich finde das eine etwas schlechte Werbeveranstaltung; das ist nicht gerade positiv für ihn.
Als trauriges Fazit bleibt mir, zu sagen: Entweder versteht Herr Altmaier sein Handwerk nicht, oder es handelt sich wieder einmal um eine bewusste Verhinderungspolitik. Denn, ehrlich gesagt, seine Stromsparinitiative ist nicht das Papier wert, auf dem sie steht. Die Energiewende braucht keine Luftschlossbauer wie Herrn Altmaier, sondern eine Bundesregierung, die ihr Handwerk versteht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es zeugt von Einfallslosigkeit und Unwissenheit, Herr Deppe, wenn Ihnen beim Thema „Energie- und Stromeffizienz“ nichts anderes einfällt, als auf das Glühlampenverbot zu sprechen zu kommen. Da verkennen Sie total, wo die Probleme liegen.
(Christian Lindner [FDP]: Das macht doch auch Steinbrück!)
Die Probleme liegen an einer anderen Stelle.
Herr Deppe, Sie haben uns gebeten, auch etwas zu machen. Herr Remmel ist schon auf einige Aspekte eingegangen. Ich möchte Ihnen noch einmal einige Zahlen nennen:
Neben der Ausweitung der aufsuchenden Energieberatung wurde zum Beispiel ein neuer Effizienzkredit bei der NRW.BANK aufgelegt, die allein in einem Jahr 193 Darlehen in einem Umfang von insgesamt 73 Millionen € genehmigt hat.
Sie haben gewünscht, nicht nur über die Stromsparinitiative, Stromsparen und Stromeffizienz, sondern auch über die Gebäudesanierung zu reden. Von daher schauen wir uns einmal einen Teilaspekt an, und zwar das, was in NRW schon geleistet wurde.
Da gibt es die Förderung investiver Maßnahmen bei Miet- und Genossenschaftswohnungen sowie selbstgenutztem Wohneigentum für Haushalte mit geringem Einkommen. Im Jahre 2011 wurden dafür insgesamt 133 Millionen € eingesetzt. In Passivhäuser im Bereich des sozialen Wohnungsbaus wurden in NRW 42,5 Millionen € investiert.
Dagegen sieht die Ankündigung von Bundesumweltminister Altmaier ziemlich mager aus.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei dem, was Herr Höne eben gesagt hat, ist mir das Lachen im Hals steckengeblieben. Er hat gesagt, Schwarz-Gelb habe die Energiewende beschlossen. – Das glauben Sie doch selber nicht!
Hier sollte man sich einmal ansehen, seit wann die erneuerbaren Energien im Kommen sind: Im Jahre 2000 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz von Rot-Grün beschlossen. In den folgenden Jahren wurde durch weitere Veränderungen der Ausbau der erneuerbaren Energien nach vorne gebracht.
Schauen wir uns einmal Ihre Leistungen an. 2010 wurde von Schwarz-Gelb die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschlossen. Ein halbes Jahr später gab es eine 180-Grad-Wende. Ich finde es sehr mutig, was Sie unter einer Energiewende verstehen, nämlich etwas ganz anderes als wir. Sie verstehen anscheinend darunter nur den Atomausstieg, sprich: den Ausstieg ohne weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Genau das hat die Bundesregierung beschlossen, nämlich lediglich die Atomkraftwerke früher abzuschalten und nicht die erneuerbaren Energien weiter auszubauen, wie es sich für eine umfassende Energiewende gehört. Das, was gerade passiert, dass die Atomkraftwerke durch Kohlekraftwerke ersetzt werden, ist genau nicht das, was wir unter einer Energiewende verstehen.
(Beifall von den GRÜNEN und Monika Pieper [PIRATEN])
Nun komme ich zu Herrn Kufen und zum Thema „Kulturpessimismus der Energiewende“. – Das finde ich ein ganz starkes Stück. Mitglieder der Koalition in Berlin fordern ein Moratorium bei Fotovoltaik und Wind.
(Christian Lindner [FDP]: Richtig!)
Das ist Kulturpessimismus!
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Schwarz-Gelb arbeitet doch mit daran, dass eine Branche vor die Wand gefahren wird. Darüber hinaus versuchen Sie kläglich, die Debatte um die Energiewende auf die Preise zu verengen.
(Christian Lindner [FDP]: Sie sind persönlich befangen! – Ralf Witzel [FDP]: Das ist Klientelpolitik! – Gegenrufe von der SPD und den GRÜNEN)
– Haben Sie es bald? – Herr Altmaier versucht genau das. Das ist ein kläglicher Versuch. Er beziffert die Kosten der Energiewende mit 1 Billion €. Es ist Kulturpessimismus und ein Armutszeugnis, dass dem Bundesumweltminister beim Thema „Energiewende“ nicht die Wertschöpfungspotenziale und Arbeitsplätze einfallen, sondern lediglich die Kosten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Lieber Herr Kufen, Sie haben sich damit selbst disqualifiziert und ins Lächerliche gezogen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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