Wibke Brems: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird zur Preisstabilität beitragen“

HH 2012 Energie

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Kohle hat Nordrhein-Westfalen zu dem gemacht, was es heute ist. Was ist die Konsequenz daraus? Weiterhin auf das, und zwar ausschließlich auf das setzen, was einen groß und stark gemacht hat, es beibehalten, um weiterhin stark zu bleiben?
In der Wirtschaft gibt es genügend Beispiele, dass genau das nicht immer das Richtige ist. Ich finde, ein besonders eindrucksvolles ist die Firma Kodak. Über Jahrzehnte war sie Technologieführer. Dann hat diese Firma die Entwicklung zur Digitalfotografie komplett verschlafen, die Chance nicht genutzt, sich selbst neu zu erfinden, und ist jetzt insolvent.
Mir zeigt dieses Beispiel zwei Dinge: Man muss mutig sein, sein eigenes Erfolgsmodell auch einmal infrage zu stellen, und es ist wichtig, die Zeichen der Zeit zu erkennen.
Nordrhein-Westfalen muss jetzt die Energiewende anpacken, nicht warten, bis uns andere dabei überholen. Wir müssen die positiven Aspekte der erneuerbaren Energien sehen und auch nutzen.
Die erneuerbaren Energien sind die einzigen Energieträger auf unserer Stromrechnung, bei denen alle Kosten dargestellt werden. Es gibt dort keine versteckten Subventionen von Atommüllendlagerung, Steinkohle und vielem mehr, die wir alle mit unseren Steuern zahlen und die die fossilen und nuklearen Energieträger nur günstig erscheinen lassen, obwohl sie es nicht sind.
Es ist klar: Die Preise für die erneuerbaren Energien werden in den nächsten Jahren weiter sinken. Es ist auch klar: Die Preise für Ihre fossilen Energieträger werden weiter steigen. So sorgt die Energiewende in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen für Preisstabilität in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.
Nordrhein-Westfalen hat in der Branche „erneuerbare Energien“ mittlerweile mehr als 26.000 Arbeitsplätze und schon einen Umsatz von 8 Milliarden €. Erwartet wird für dieses Jahr ein Umsatz von 8,7 Milliarden €. Es ist ein unglaublicher Wirtschaftsfaktor, den man hier auf keinen Fall unter den Tisch fallen lassen sollte.
Noch ein Punkt zum Thema „Kommunale Wertschöpfung“. Ein Beispiel: Eine Zwei-Megawatt-Windkraftanlage bringt, wenn der Betreiber in der Kommune ansässig ist – und genau dazu verhilft die Landesregierung auch den Kommunen –, in 20 Jahren 1,2 Millionen € Wertschöpfung für die Kommune, und zwar ein einzelnes Windrad.
Nimmt man all diese positiven Aspekte zusammen, haben wir immer noch nicht über den für den Klimaschutz wichtigsten Aspekt gesprochen, die CO2-Neutralität. Ohne eine konsequente Energiewende bei Strom, Wärme, Verkehr in Nordrhein-Westfalen kann diese aktuelle Bundesregierung ihre Klimaschutzziele absolut vergessen.
Lieber Herr Kufen, ich sehe diese ganzen positiven Aspekte nicht rosarot oder gar ideologisch, sondern als Ingenieurin technisch-pragmatisch. Und ebenso sehe ich die mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen wie beispielsweise die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, der wir mit intelligenten Netzen, Speicherungen und dem Netzausbau begegnen müssen, absolut pragmatisch und technisch und absolut lösbar.
Klar ist – darüber sind wir uns, denke ich, alle einig –, dass wir für den Übergang flexible Kraftwerke brauchen. Und da stellt diese Landesregierung auf jeden Fall die richtigen Weichen.
Hier ganz in der Nähe, in Düsseldorf, wird eines der modernsten Gaskraftwerke entstehen. Auch an weiteren Stellen unterstützen wir diese Entwicklung.
Zu den Herausforderungen gehört natürlich auch, dass der Industriestandort und vor allen Dingen die energieintensive Industrie in Nordrhein-Westfalen natürlich mitgenommen werden müssen. Das schaffen wir aber nicht, lieber Herr Brockes, mit wilden Netzentgeltbefreiungen oder Befreiungen von der EEG-Umlage ohne Sinn und Verstand. Man muss sich vielmehr ganz genau ansehen, welche Firmen wo in welchem Wettbewerb stehen. Welche Firmen sind wirklich energieintensiv? Da muss man ganz genau hinschauen und darf nicht einfach wild die Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ein wichtiger Aspekt – ich habe ihn eben schon genannt –: Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird zur Preisstabilität beitragen und so auch zur langfristigen Preisstabilität für die Industrie in Nordrhein-Westfalen.
Sehr geehrte Damen und Herren, erkennen wir die Zeichen der Zeit! Erfinden wir Nordrhein-Westfalen neu und gestalten so den Strukturwandel aktiv mit und nutzen die Chance, Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft zu einem Erfolgsmodell in Sachen Energie zu machen! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)