Berivan Aymaz: „NRW muss mit gutem Beispiel jetzt vorangehen und zeigen, dass sich eine engagierte Integrationsarbeit vor Ort auszahlt“

Antrag der SPD-Fraktion zur Unterstützung von Kommunen

Portrait Berivan Aymaz 2021

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Herr Lenzen, ich bin schon verdutzt, dass Sie ausgerechnet bei der Frage der Unterstützung der Kommunen stolz darauf hinweisen, dass während der Coronapandemie die Zuweisungen an die Kommunen gestoppt worden sind.
Denn Sie müssten doch wissen – wir haben da mehrmals nachgefragt –, dass genau dieser Zuweisungsstopp teilweise rechtlich höchst problematisch war und Menschen sich sogar aus den Unterkünften rausgeklagt haben und rausklagen konnten. Das ist wirklich kein Grund, sich hier selber für eine Tat zu feiern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn man tatsächlich den Kommunen zur Seite stehen will, dann – darauf haben wir immer wieder hingewiesen – ist es ganz dringend notwendig, die FlüAG-Pauschale endlich anzupassen. Dafür haben wir die Landesregierung bereits seit Februar 2019 immer wieder mit unseren Anträgen, Anfragen und nicht zuletzt auch mit unserem Haushaltsänderungsantrag aufgefordert, die Kommunen bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten endlich so auskömmlich zu finanzieren, wie es notwendig ist.
Das heißt, die Anhebung der FlüAG-Pauschale und die Übernahme der Kosten für Geduldete auch über drei Monate hinaus sind schon längst überfällig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bereits vor inzwischen knapp zwei Jahren ist gutachterlich festgestellt worden, dass die Kostenerstattung des Landes an die Kommunen für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten völlig unzureichend ist. Fast wöchentlich und aktuell jetzt auch im Mai – darauf haben die Kollegen von der SPD zu Recht noch einmal hingewiesen – schlagen die Kommunen Alarm. Sie fühlen sich bei ihrer Aufgabe der Unterbringung und Integration von neu Zugewanderten vom Land im Stich gelassen. Diese Kommunen verweisen eben nicht auf diese Gespräche, auf die von Landesseite immer wieder hingewiesen wird.
In meiner Heimatstadt Köln werden nur knapp 30 % der Gesamtkosten durch das Land abgedeckt. Für Solingen, eine Stadt mit 160.000 Einwohnerinnen bedeutet dies Kosten in Höhe von 6 Millionen Euro und für Essen sogar Kosten in Höhe von 27 Millionen Euro, die die Städte gänzlich aus ihren eigenen Haushalten aufbringen müssen. Das ist nicht haltbar, Herr Minister Stamp, und das wissen Sie sehr genau.
(Beifall von den GRÜNEN)
In einem schriftlichen Bericht vom Juli 2018 wiesen Sie darauf hin, dass speziell im Hinblick auf Geduldete eine finanzielle Entlastung der Kommunen dringend notwendig sei. Zu Recht stellten Sie damals auch fest, dass in bestimmte Herkunftsländer generell nicht rückgeführt werden kann, zum Beispiel wegen der Lage im Heimatland oder wegen fehlender Kooperationsbereitschaft der Heimatländer, und somit ein großer Teil der geduldeten Menschen langfristig bzw. dauerhaft hierbleiben und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen würde. Deshalb finde ich jetzt gerade die Hinweise der Kollegen Lenzen und Blondin, die Abschiebungen noch einmal besprechen zu müssen, vor dem Hintergrund, dass Sie das damals richtig eingeschätzt haben, völlig unhaltbar.
Wenn wir uns nun die Zahlen der Quartalsberichte im Asylsystem anschauen, dann sehen wir, dass die Anzahl der Menschen, die aus berechtigten Gründen, wie Sie das damals dargestellt haben, nicht zurückzuführen sind, stetig wächst. Aktuell sind es über 60.000 Menschen. Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass die Kommunen bei der Bewältigung der finanziellen Herausforderungen unterstützt werden, gerade auch mit Blick auf die zusätzlichen Kosten, die mit der Coronakrise auf unsere Kommunen zukommen.
Ich finde, NRW muss mit gutem Beispiel jetzt vorangehen und zeigen, dass sich eine engagierte Integrationsarbeit vor Ort auszahlt, denn nur so schaffen wir die Grundlage eines friedlichen gemeinsamen Miteinanders, anstatt den Wettbewerb um mangelnde Ressourcen zu verschärfen und denen, die Hass und Hetze verbreiten, in die Hände zu spielen.
Sie haben uns, Herr Minister Stamp, und den Kommunen vor genau zwei Jahren – das war im Juli 2018 – versprochen, die Höhe der FlüAG-Pauschale zu überarbeiten und den tatsächlichen Bedarfen anzupassen. Lösen Sie jetzt doch endlich Ihr Versprechen ein! Wir wollen es nicht länger hinnehmen, dass Sie uns mit dem Hinweis, Sie seien in Gesprächen mit den Kommunen, weiter hinhalten.
Ich frage mich tatsächlich, was es hier eigentlich noch zu besprechen gibt. Das Gutachten ist da, die Fakten liegen auf dem Tisch, und das Land hat übrigens aktuell seit dem Jahr 2016 die niedrigsten Ausgaben für Geflüchtete. 2016 beliefen sich diese noch auf 3,6 Milliarden Euro – dies als Hinweis, da Sie ja immer sagen, unter Rot-Grün sei ja nichts gemacht worden und Sie ja alles besser machen und die Kommunen viel mehr unterstützen würden. 2016 beliefen sich die Ausgaben auf 3,6 Milliarden Euro.
2019 waren es nur noch 944 Millionen Euro. Also, handeln Sie endlich! Und zur Erinnerung: Sehr viel Regierungszeit bleibt Ihnen nicht mehr übrig. – Vielen Dank.

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