Wibke Brems: „Glaubwürdig ist das alles nicht“

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Klimaschutz

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! (Unruhe – Glocke)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Gefühl, heute Morgen wird eine Art Überbietungswettbewerb veranstaltet, bei dem der eine grüner sein möchte als der andere. Ich muss Ihnen aber sagen: Glaubwürdig ist das alles nicht.
(Beifall von den GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Herr Laschet kommt gleich noch! – Armin Laschet, Ministerpräsident: Die SPD war nie für Kohle! – Gegenruf von Michael Hübner [SPD]: Reden Sie sich schon mal warm! – Unruhe – Glocke)
Ich habe noch nicht einmal mit meiner Rede begonnen, und Sie reden schon dazwischen. Das können wir doch gleich noch machen.
Die Einigung beim Klimapaket im Vermittlungsausschuss – das muss ich vorweg sagen – ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. An vielen Stellen dieser Vermittlungsarbeit zeigt sich eine grüne Handschrift. Der höhere CO2-Preis wirkt sich positiv auf die Lenkungswirkung aus, und da wirklich mehr Einnahmen ausgeschüttet werden, sind auch die Auswirkungen sozialer. Zudem sinkt die EEG-Umlage. Das bedeutet, die alte Welt finanziert das erste Mal die neue Welt der erneuerbaren Energien.
Das ist ein erster richtiger und wichtiger Schritt. Dabei sinken gleichzeitig die Strompreise.
Jetzt kommt das Aber: Das alles reicht leider nicht. Denn aus einem schlechten Gesetz macht man in einem Vermittlungsausschuss noch lange kein gutes, und aus einem Klimapäckchen kann man in einem Vermittlungsausschuss eben kein Paket machen, das den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht wird.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben eben vernommen, wie sehr sich die SPD für den Klimaschutz einsetzt. Sie machen sich hier wirklich einen schlanken Fuß. Wir haben nämlich aus den Verhandlungen gehört, dass es einerseits extreme Widerstände aus der Union, aber eben auch extreme Widerstände aus der SPD gab, die Veränderungen durchzubringen, den CO2-Preis zu erhöhen, was dringend notwendig ist, um überhaupt eine Wirkung zu erreichen. Genau hiergegen hat die SPD im Bund erheblich gearbeitet. Sich jetzt hier anders darzustellen, ist wirklich nicht redlich.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Jochen Ott [SPD]: Belege! – Weitere Zurufe von der SPD)
Die grünen Länder werden morgen im Bundesrat trotz rechtlicher Bedenken zustimmen. Beispielsweise gibt es bezüglich der Einführung des CO2-Preises, also des Brennstoffemissionshandelsgesetzes, immer noch erhebliche rechtliche Bedenken, ob das alles so bleiben wird. Die Widerstände, die aus Union und SPD kamen, sind genau darauf ausgerichtet gewesen, dabei zu bleiben. Wir warnen extrem davor, aber machen es so, wenn es so gewünscht ist.
Das Gleiche gilt für die Pendlerpauschale. Wir hätten uns eine sozial gerechtere Variante gewünscht, aber auch da sind die anderen Verhandlungspartner hart geblieben.
In der vergangenen Woche – Herr Dr. Optendrenk hat dies bereits gesagt – sind die Klimaverhandlungen in Madrid zu Ende gegangen, man möchte sagen: gescheitert. Hieran erkennt man: Das ist das letzte Abwehrgefecht der fossilen Welt. Gerade die Länder Brasilien, USA, Saudi-Arabien und Australien haben massiv gegen ein Ergebnis gearbeitet.
Ich betone immer, dass es gut ist, dass Deutschland auf Klimakonferenzen antreibt. Es ist gut, dass die EU-Kommission mit dem Green Deal ein Zeichen setzen will. Aber man hat irgendwie das Gefühl: Es ist ein anderes Land, das auf solchen Klimakonferenzen verhandelt. Man hat das Gefühl, die Delegationen verlieren in dem Moment an Einfluss, in dem sie zurückreisen. Wir haben zwar gehört, dass es Zeit ist, zu handeln.
Dieses Handeln sieht in Deutschland aber anders aus. Denn in dem Klimapaket fehlen viele Maßnahmen oder sind noch längst nicht umgesetzt. Ein Beispiel ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Dieser soll erst irgendwann im nächsten Jahr kommen. Auch da gibt es viele Sachen, die uns eher Sorge bereiten.
Auch das vom Minister in dieser Woche vorgestellte Entfesselungspaket zeigt alles andere, nur nicht, dass gehandelt wird. Es enthält wieder einen Ankündigungspunkt nach dem anderen. Einige Punkte wurden schon vor zwei Jahren angekündigt, doch ist bis heute nichts passiert. Das ist einfach nur peinlich. Sie haben hier eine Verantwortung, endlich zu handeln und nicht nur anzukündigen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Das Kohleausstiegsgesetz war ebenfalls ursprünglich im Klimaschutzpaket enthalten. Das ist nun wirklich eine Farce. Seit Wochen hören wir immer: Aber nächste Woche wird es im Bundeskabinett beschlossen werden. – Jetzt ist nicht mehr nächste Woche, jetzt ist nächstes Jahr. Das ist wirklich fatal, das ist fatal für die Menschen im Rheinischen Revier, denn wir brauchen endlich Klarheit, wie es da weitergeht. Das muss auch im Land angegangen werden.
Ich möchte nun auf das von meinen Vorrednern Ausgeführte eingehen.
Zunächst kurz zu Herrn Brockes: Sie haben kritisiert, dass auch wir in den letzten Jahren im Gebäudebereich etwas verhindert hätten. Ich möchte Ihnen entgegenhalten, was Sie machen: Sie wollten die Energieeinsparverordnung abschaffen. Das wäre für den ganzen Bereich sehr kontraproduktiv gewesen.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Darüber hinaus sollten Sie sich ansehen, wer zuletzt die steuerlichen Abschreibungen verhindert hat. Das war zum Schluss ausschließlich Bayern.
Herr Optendrenk, Sie haben sich hier ein bisschen weihnachtlich dargestellt, die Bewahrung der Schöpfung herangezogen. Dazu muss ich Ihnen ganz klar sagen: So können Sie sich hier nicht darstellen.
Wo ist denn die Bewahrung der Schöpfung gewesen, als es darum ging, den Stopp von Pestiziden und den Erhalt der Artenvielfalt zu erreichen? Wo ist bei Ihnen die Bewahrung der Schöpfung gewesen, als es im Landesentwicklungsplan darum ging, den Flächenfraß oder den Kiesabbau einzudämmen?
(Beifall von den GRÜNEN)
Wo ist die Bewahrung der Schöpfung, wenn es um die Bewahrung der Heimat der Menschen im Rheinischen Revier geht, die von der Abbaggerung bedroht sind? Für diese Sachen sollten Sie sich einsetzen!
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)
Ich möchte das bereits zitierte Motto der Klimakonferenz in Madrid „Es ist Zeit zu handeln“ gerne aufgreifen. Dies gilt auch hier in Nordrhein-Westfalen. Es ist Ihre Zeit, hier zu handeln: beim Ausbau der erneuerbaren Energien, den Sie nicht vorantreiben. Es ist Zeit, zu handeln, damit Sie endlich Klarheit beim Kohleausstieg hier in Nordrhein-Westfalen schaffen, Klarheit für die Menschen im Rheinischen Revier. Gerade jetzt vor Weihnachten sollten Sie sagen, wie es in ihrer Heimat weitergehen soll. Es ist Ihre Zeit, zu handeln und nicht mehr nur anzukündigen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von
Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man hat ja irgendwie das Gefühl, hier ist nicht nur einer grüner als der andere, sondern versucht auch noch, sozialer als der andere zu sein. Das ist die nächste Kuriosität, die wir heute beobachten können.
Dass diejenigen, die in Berlin zusammen regieren und dieses Klimapäckchen auf den Weg gebracht haben, sich hier so bekämpfen, ist schon kurios zu beobachten.
Ich möchte festhalten, dass beide – sowohl Union als auch SPD – an einem echten, wirklichen sozialen Ausgleich beim CO2-Preis nicht interessiert waren.
(Monika Düker [GRÜNE]: So ist das!)
Wir haben ein Energiegeld vorgeschlagen, das jedem Bürger und jeder Bürgerin zugutegekommen wäre – unabhängig davon, ob man eine Steuererklärung macht oder nicht. Das hätte genau diesen Ausgleich gebracht, der dringend nötig ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich sage Ihnen gerne noch etwas zu den Punkten, die jetzt beschlossen werden und zu denen ich auch gesagt habe, dass Grüne in den Ländern dem zustimmen, weil eine andere Einigung nicht möglich war.
(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])
Zum Thema „Pendlerpauschale“: Die begünstigt – das möchte ich wiederholen – gerade die Besserverdiener und nur diejenigen, die eine Steuererklärung machen können.
Die Erhöhung der Pendlerpauschale ist keine soziale Kompensation für Mehrkosten.
(Beifall von den GRÜNEN – Henning Rehbaum [CDU]: Sie haben es nicht verstanden!)
Ich komme gerne noch einmal auf die EEG-Umlage zu sprechen: Es ist wirklich ein erster wichtiger Schritt, dass wir das erreicht haben. Ohne uns, ohne grüne Beteiligung in den Ländern, wäre das überhaupt nicht möglich gewesen. Wo war denn da die SPD? Die hätte das ja an anderer Stelle vorschlagen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben erreicht, dass die EEG-Umlage reduziert wird, und das bedeutet eben, dass alle davon profitieren, egal ob man eine Steuererklärung macht oder nicht.
Es profitieren auch diejenigen davon, die immer gerne von vielen hier angeführt werden, die es schwer haben.
Beispielsweise zählt dazu auch der Mittelstand, der nicht von der EEG-Umlage befreit wird. Dieser wird jetzt durch die Veränderung deutlich entlastet. Das ist ein wichtiges Zeichen für die Energiewende und dafür, dass in diesem Bereich etwas vorangeht, indem die fossilen für die erneuerbaren Energien zahlen müssen.
Nichts, wirklich nichts wäre verbessert worden, wenn in den Ländern nicht Grüne dabei gewesen wären. Wo waren Sie als SPD denn? Wo haben Sie denn vorher vorgeschlagen, den CO2-Preis zu erhöhen? Wo haben Sie sozialen Ausgleich erreicht?
(Beifall von den GRÜNEN)
Der nächste Schritt beim Thema „erneuerbare Energien“ ist hier in Nordrhein-Westfalen zu machen. Dann können Sie sich nicht mehr dahinter verstecken, dass es woanders schwierig ist. Sie müssen dann vorangehen, und Sie müssen dann etwas machen und können nicht einfach immer nur Maßnahmen ankündigen. Das ist Ihre Aufgabe. Werden Sie dieser gerecht.
(Beifall von den GRÜNEN)

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